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Spuren im Nichts

Spuren im Nichts

Titel: Spuren im Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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dass eines davon sie nehmen würde. Es gab schließlich nicht viel, was sie an gegenwärtigen Projekten und Erfolgen vorzuweisen hatte.
    Ich stehe im Begriff, Kontakt mit einer intelligenten Spezies herzustellen.
    Sicher.
    Ohne Zweifel hätte sie irgendwo einen Posten als Geldauftreiber bekommen, doch sie hatte keine Lust, den Rest ihres Lebens damit zu verbringen, um Geld zu betteln. Da konnte sie sich genauso gut aus dem Berufsleben zurückziehen und sich ihren Freizeitvergnügen zuwenden, wie der größte Teil der Bevölkerung auch. Ihre monatliche staatliche Rente empfangen und auf der Veranda sitzen.
    Sie begann, lange Spaziergänge am Strand zu unternehmen. Der Strand war im Winter ganz besonders einladend, und seine Leere passte zu ihrer Stimmung. Kaum jemals traf sie auf einen anderen Menschen. Jeden Tag umrundete sie die Insel, warm eingepackt in Isolierkleidung, in schnellem Marschtempo, und hielt nur gelegentlich inne, um ein paar Muscheln zu betrachten.
    Eine Meeresküste ist ein ganz besonderer Ort, dachte sie. Wie die Ausläufer eines Gebirgszugs, wo wir am Rand unserer täglichen Existenz stehen und hinausblicken auf etwas, das ganz anders ist.
    Hin und wieder blieb Kim bis zum Einbruch der Dämmerung draußen, sah den Gezeiten zu und ließ die Nacht in ihre Seele einziehen. Der Strand wurde zu einem heiligen Ort für sie, einem jener Plätze, wo die Unendlichkeit fast berührbar ist.
    Und hier am Strand trafen sich gleich zwei Unendlichkeiten, auf der einen Seite das Meer, auf der anderen die Weite des Alls. Wenn es dunkel war, schienen sich beide miteinander zu vereinigen. Sie musste nur die richtige Stelle finden, wo das einzige echte Geräusch das Murmeln der Wellen war, und sie konnte über den Strand marschieren und spüren, wie ihr Herzschlag im Einklang mit dem Universum pulsierte.
    Eine Küste ist per Definition ein Ort, wo sich das Erhabene mit dem Alltäglichen trifft. Wir lauschen den Wellen und hören uns selbst.
    Jeden Tag, wenn sie nach Hause kam, wartete einen Nachricht von Solly auf sie. Alles in Ordnung? Wie geht es dir? Ich habe mit den Leuten in Albestaadt gesprochen. Sie haben eine Stelle für dich, wenn du es möchtest. Du musst dich natürlich noch vorstellen, aber du hast den Fuß in der Tür. Ich habe ihnen von dir erzählt, und sie sind begeistert.
    Sie bedankte sich höflich und sagte ab: Das ist sehr lieb von dir, aber ich glaube nicht.
    Das Moritami Orbital Research Center überraschte sie mit einer Einladung zum Vorstellungsgespräch; es ging um eine Anstellung als Junior-Forscherin. Das Gespräch fand in den Verwaltungsbüros in Marathon statt, und sie schlug sich gut. Wie auch anders: Derartige Gespräche waren eine ihrer Spezialitäten. Als man sie darüber in Kenntnis setzte, dass sie im Orbit leben müsste, wusste sie, dass sie die Stelle hatte. Sie verabschiedeten sich mit den Worten, dass man sie anrufen würde, und sie kehrte mit gemischten Gefühlen in die grelle Sonne des Tages zurück.
    Das Positive an der ganzen Sache war, dass sie sich endlich wieder mit Astrophysik befassen würde.
    Wieder.
    Als hätte sie auf ihrem Spezialgebiet jemals wirklich funktioniert.
    Als sie nach Hause kam, wartete Solly auf sie.
    »Wie ist es gelaufen?«, fragte er.
    Sie war nicht überrascht, dass er Bescheid wusste. Die Weltgemeinschaft der Physiker und Astronomen war ein eng zusammenhängender Haufen. Informationen machten mit Lichtgeschwindigkeit die Runde. »Ganz gut«, antwortete sie. »Ich glaube, sie nehmen mich.«
    Er trug Freizeitkleidung und seine Kapitänsmütze mit dem Ankersymbol. Die Kappe saß schief auf seinem Kopf, eine Marotte, die er nur in ihrer Gegenwart an den Tag legte, weil er wusste, dass er auf diese Weise lächerlich aussah und sie erheiterte. »Also hast du endlich doch noch, was du wolltest.«
    »Ja.«
    »Keine Gelder mehr erbetteln.«
    »Keine.«
    »Vielleicht erweist sich diese Geschichte letzten Endes ja doch noch als ein Segen.«
    Irgendetwas an seinen Worten, oder vielleicht an seinem Tonfall oder auch nur seiner Haltung regte sie auf. Denn urplötzlich war sie wütend, und ihre Augen wurden feucht. Sie wünschte sich nichts mehr auf der Welt, als den Spuren der Hunter zu folgen. Herauszufinden, was dort draußen war. Herauszufinden, was Emily zugestoßen war.
    »Schon gut, Kleines«, sagte er, zog sie an sich und streichelte ihr Haar.
    »Du machst deine Wange nass«, sagte sie.
    Er hielt sie fest, bis sie aufhörte zu schluchzen. Dann trat er

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