Spuren im Nichts
dürfen«, sagte sie.
Sie spürte sein Herzklopfen. Oder vielleicht war es auch ihr eigenes. Sie wusste es nicht genau. Seine Wange fühlte sich heiß an, und sie presste sich an ihn, genoss die Leidenschaft des Augenblicks. Sie spürte, wie er erschauerte. Und doch schien er sich noch immer zu scheuen.
»Hab keine Angst, Solly«, sagte sie.
Gehemmt durch ein Verhaltensmuster, das mehr als ein Jahrzehnt angedauert hatte, zog er sich ein Stück weit von ihr zurück und blickte sie an. »Ich weiß nicht, ob es richtig ist«, sagte er.
»Es ist richtig.« Sie nahm seine Hand und legte sie auf ihre Brust.
Die Pritschen waren weder tragbar noch groß genug, um zwei Menschen Platz zu bieten, daher zogen sie sich nach den ersten Nächten, die sie ineinander verschlungen auf dem Fußboden geschlafen hatten, wieder in ihre jeweiligen Kabinen zurück, nachdem die Leidenschaft gestillt war. Die Hammersmith, sagte Solly irgendwann, war nicht für Liebespaare konstruiert worden.
Kim fand dieses Arrangement extrem unbefriedigend. Solly war der gleichen Meinung. Sie entfernten zwei Matratzen von den Liegen, suchten Kissen zusammen und zogen damit in eine dritte Kabine, die sie zu ihrem Schlafzimmer umwandelten. Es funktionierte ganz gut.
Wie nicht anders zu erwarten, schnellte die Moral an Bord des Schiffes in große Höhen. Solly enthüllte ihr stichelnd, dass sie seiner Meinung nach den größten Teil der ersten Woche in einer Art Angstzustand verbracht hatte, und als sie über ihre düstere Stimmung nachdachte, wurde ihr bewusst, dass er wahrscheinlich Recht hatte. Trotz seiner Gegenwart hatte sie sich allein gefühlt, weil sie diejenige gewesen war, die das Projekt vorangetrieben und darauf bestanden hatte, dass der Versuch das Risiko mehr als wert war. Sie war es, die sämtliche Konsequenzen tragen musste, sollten sie keine Beweise finden. Und dann hatte sie auch noch erfahren müssen, dass es Solly sogar lieber war, wenn sie nichts fanden.
Nun, wenigstens war er nun auf ihrer Seite. Sozusagen.
Kim empfand die nachfolgenden Tage bald als die glücklichsten ihres ganzen Lebens. Gegen Ende der vierten Woche fragte sie sich ernsthaft, wie sie nur so lange hatte warten können, bevor sie mit Solly eine Beziehung eingegangen war.
Gegen Mitternacht des zweiunddreißigsten Tages ihrer Reise, ab 30. Februar, sollte die zweite Nova ausgelöst werden. »Wenn wir Glück haben«, sagte sie, »ist das Projekt Leuchtfeuer überflüssig geworden, noch bevor sie Ozma auch noch explodieren lassen.« Ozma war nach den Plänen der letzte Stern in der Serie von künstlichen Novae.
Trotz des Hochgefühls, das aus ihrer wundervollen Beziehung zu Solly entsprang, wurde ihr die Tatsache, dass sie so völlig von der Außenwelt abgeschnitten waren, immer unerträglicher. »Es sind nicht nur die fehlenden Nachrichten«, schimpfte sie, »es ist, als wäre man in einem Kokon gefangen!«
»Du brauchst mehr Kerzenlicht und Musik«, sagte Solly. »Wahrscheinlich ist es der gleiche Effekt, der an Bord von Passagierraumern zu Halluzinationen bei den Gästen führt. Es gibt Kasinos und Shows und alle möglichen Arten von Unterhaltung, aber selbst dort werden die Menschen von diesem Gefühl grenzenloser Einsamkeit beeinträchtigt. Und hier sind wir sogar nur zu zweit.«
»Ich erinnere mich an einen Bericht«, sagte Kim, »über eine Frau, die auf einer unbewohnten Welt gestrandet war. Sie musste drei Monate auf Hilfe warten, und trotzdem war sie völlig normal, als man sie fand. Sie hatte alles, was sie brauchte, und sie wusste, dass sie das einzige Lebewesen auf dem Planeten war.«
Solly nickte.
»Fühlst du es?«, fragte sie.
»Sicher«, antwortete er. »Das Schiff ist wie ein altes Haus. Überall Schatten und Echos. Aber sieh mal, wenn es dir unerträglich wird, springen wir zurück in den Normalraum. Dann können wir uns wenigstens mit jemandem unterhalten. Du könntest Phil Agostino fragen, ob er sich in der Zwischenzeit beruhigt hat.«
»Wie lange würde das dauern? Mit jemandem im Institut zu reden, meine ich?«
»Mehrere Tage, hin und zurück.«
»Das ist es nicht wirklich wert, oder?«
»Ist es, wenn du es brauchst.«
»Nein«, entschied sie. »Wir bleiben im Hyperraum.«
Um Mitternacht tranken sie auf das Projekt Leuchtfeuer. Kim hatte Kristallgläser mit an Bord gemacht und Drinks gemixt. Solly gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass sich die Menschen in ferner Zukunft immer noch an Kim Brandywine erinnerten, wenn das Licht
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