Spuren im Nichts
Empfangsanlage, deren Durchmesser ungefähr dem des Orbits von Greenways äußerstem Mond entsprach.
Solly lächelte sie an. »Möchtest du das Kommando geben?«
»O ja!«, strahlte Kim. »Hammersmith, aktiviere FALSS.«
Kontrollleuchten flackerten auf. »FALSS aktiviert.«
Ein Schwall dumpfer statischer Geräusche drang aus den Lautsprechern.
Zur Rechten Kims erhellte sich ein weiterer Schirm. Das System startete seine Testroutinen und meldete anschließend, dass es einsatzbereit war.
»Aktiviere die programmierte Suche«, sagte Solly.
»Suche aktiviert.« Das statische Rauschen verebbte.
»Was nun?«, fragte Kim.
Solly blickte hinauf zu dem großen Bildschirm, der immer noch den Alnitak zeigte, und erhöhte die Vergrößerung, bis der Stern zu einer Scheibe angewachsen war. »Wir warten«, sagte er.
Sie setzte einen Kopfhörer auf und lauschte ein paar Minuten. Der Raum war voller Radiowellen, eine Kakophonie von leisem Wimmern und Kreischen und Gemurmel, die ersterbenden Schreie von Sternen, die in schwarze Löcher stürzten, das Stakkato von Pulsaren, das Rauschen kollidierender Gaswolken. Das Suchprogramm würde jedes kohärente Signal entdecken und aufzeichnen. Wenn es der Hammersmith gelang, eine Sendung von der Hunter aufzufangen (oder von etwas anderem?), dann würde die KI sie unverzüglich alarmieren.
Solly befahl der Hammersmith, den Ton abzuschalten.
Kim dachte über die Möglichkeiten nach und ob sie nicht eines Tages imstande sein würden, zu weit entfernten Orten zu reisen, um historisch signifikante Radiosendungen aufzufangen. Natürlich mussten sie dazu näher an Zuhause sein. Bei einer Entfernung von fünfzehnhundert Lichtjahren bis nach Greenway und sogar sechzehnhundert bis zur Erde konnte es hier noch überhaupt keine Signale aus der menschlichen Geschichte geben. Was für eine faszinierende Vorstellung, über ein Teleskop zu verfügen, durch das man hinunter zur Erde sehen konnte, wo in diesem relativen Augenblick Heinrich IV auf dem britischen Thron saß und Johanna von Orleans noch ein Schulmädchen war.
Solly stand auf. »Mehr können wir im Augenblick nicht tun«, sagte er. »Möchtest du noch eine Weile in den Fitnessraum gehen?«
Kim war überrascht, dass Solly in einem Augenblick wie diesem einfach aufstehen und davongehen konnte, auch wenn die Periode hoher Wahrscheinlichkeit noch Stunden entfernt lag. »Nein«, sagte sie. »Ich denke, ich bleibe hier und warte.«
Sie saß noch immer auf ihrem Platz, als er zwei Stunden später zurückkehrte und ihr etwas zu essen brachte.
Während der Nacht lagen sie lange wach, unterhielten sich und warteten auf den Alarm. Jetzt, da sie an ihrem Ziel angekommen waren, an einem Ort mitten im Nichts, von wo aus ganze Wolken von Sternen zu sehen waren, hatte sie ihre Zuversicht verloren. Wie albern im Grunde genommen: Sie hatte ihre Rechnungen Hunderte Male überprüft; die Ausrüstung war für ihr Vorhaben angemessen; die Naturgesetze waren präzise, was die Fortpflanzungsgeschwindigkeit von Radiowellen im Vakuum anging. Doch die Hunter war so lange schon wieder weg, in menschlichen Begriffen jedenfalls. Und welche Beweise hatte sie schon wirklich außer Kanes Wandbild und einem Satz gefälschter Logs?
Solly, der sein gesamtes Leben mehr oder weniger zwischen den Sternen verbracht hatte und zu der Überzeugung gelangt war, dass der Kosmos den Menschen allein gehörte, versuchte sie zu beruhigen, doch der Klang seiner Stimme verriet ihn.
Den größten Teil des folgenden Tages verbrachten sie über den Instrumenten. Kim lauschte auf die kosmischen Geräusche und beobachtete die Uhr. Sie überging das Mittagessen und versuchte zu lesen, doch kein Buch vermochte sie abzulenken. Solly beschäftigte sich damit, Instrumente zu kalibrieren, die überhaupt keine Wartung benötigten.
Sie nahmen ein leichtes Abendessen zu sich und starteten dann ein weiteres VR-Spiel, doch sie nahmen nicht an der Handlung teil, sondern sahen lediglich passiv zu. Kim fand einfach keine Ablenkung.
Sie gingen nicht schlafen. Gegen Mitternacht lag Kim auf der Couch, den Unterarm über den Augen, und lauschte der Stille.
»Es kann noch ein paar Tage dauern«, sagte Solly beschwichtigend. »Vielleicht sogar noch eine Woche. Hier draußen können wir nicht mit hundertprozentiger Sicherheit bestimmen, ob wir an der richtigen Stelle herausgekommen sind.« Auf den Schirmen erstreckte sich ein unendliches Sternenmeer. Er wollte gerade noch etwas hinzufügen, als sich
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