Spuren im Nichts
Sie dazu überreden, mit mir zu Mittag zu essen?«
Es wurde bereits dunkel, als Kim vor Tora Kanes Haus landete. Tora stand neben dem Landeplatz und nippte an einem Drink, während die Maschine aufsetzte und Kim herauskletterte. »Guten Abend, Brandywine«, sagte sie.
Kim nickte und blickte zum Taxi zurück. »Soll ich ihm sagen, dass es warten kann?«
»Kann nicht schaden.«
Es war ein angenehmer Abend Ende April, kurz nach Sonnenuntergang. Die Luft war angefüllt mit dem Duft der umgebenden Wälder. Ein paar Eichhörnchen unterbrachen ihre Jagd um den Stamm einer alten Eiche herum und beobachteten die beiden Frauen.
Sie stiegen zur Veranda hinauf, und Tora bot Kim einen Platz an. Sie wählte einen Stuhl aus Rohrgeflecht; Tora setzte sich in den Schaukelstuhl. Auf einem Beistelltisch standen eine Karaffe und ein weiteres Glas. »Blue Riggers«, sagte Kims Gastgeberin. »Mögen Sie vielleicht ein Glas?«
»Danke sehr«, sagte Kim, fest entschlossen, das übellaunige Verhalten ihrer Gastgeberin nicht zu erwidern.
Tora füllte das zweite Glas und reichte es Kim.
»Wie haben Sie herausgefunden, wo sich die Logbücher befunden haben?«
»Die Logs?« Kim zuckte die Schultern. »Es schien mir ein Platz zu sein, der so richtig zu Ihrem Vater gepasst hätte.«
»Was denn, die Logbücher in einem Museum zu verstecken? Wo alle Welt sie sehen kann? O ja, das hat ihm gefallen.«
Der Blue Rigger schmeckte tatsächlich ausgezeichnet.
Kims Blick begegnete dem ihren. »Sie wussten es die ganze Zeit, nicht wahr? Sie wussten ganz genau, was an Bord der Hunter geschehen war.«
»Ja«, gestand Tora. »Ich wusste Bescheid.«
»Haben Sie die Logs gesehen?«
»Nein.« Tora stellte ihren Drink ab. Starrte in die wachsende Dunkelheit. »Nein. Ich verspürte keinen Drang, mir die blutigen Einzelheiten anzusehen. Aber ich wusste, was geschehen war. Es verfolgte und quälte ihn.«
»Was ist mit dem Mount Hope? Was ist mit dem Rest der Geschichte?«
Tora öffnete eine Schublade des Beistelltisches und nahm eine Disk heraus. »Er wusste, dass irgendwann irgendjemand tun würde, was Sie getan haben. Dass irgendwann zumindest ein Teil der Wahrheit herauskommen würde. Wären es nicht Sie gewesen, dann eben jemand anderes.« Im Fenster brannte eine Lampe. »Meine Anweisungen lauten, dass ich den Behörden diese Verlautbarung übergeben soll, falls die Logbücher gefunden würden. Sie sind zwar nicht die Behörde, doch es erscheint mir nur logisch, dass Sie die Person sind, die diese Verlautbarung erhält.«
Kim nahm die Disk entgegen. »Möchten Sie sie sehen?«
»Das habe ich bereits.«
Kim schob die Disk in eine Jackentasche. »Sie sollten wissen, dass ich noch keine Entscheidung getroffen habe, ob ich an die Öffentlichkeit gehe.«
Tora Kane zuckte die Schultern. »Tun Sie meinetwegen, was Sie nicht lassen können, und seien Sie verdammt dafür.«
Kim erhob sich und wandte sich zum Gehen.
Tora blieb auf ihrem Schaukelstuhl sitzen. »Sie sollten allerdings wissen«, sagte sie, »dass Sie lediglich eine Kopie erhalten haben. Kein Teil der Hunter- Story soll veröffentlicht werden, wenn nicht alles offen gelegt wird. Falls Sie es nicht tun, werde ich dafür sorgen.«
Als Kim wieder zu Hause war, schob sie die Disk in den Abspieler.
Das erste Bild zeigte die Valiant. Eine Uhr in der rechten unteren Ecke zeigte das Datum und die Zeit: 3. April 573, 18:48 Uhr. Die Explosion am Mount Hope, erinnerte sich Kim, hatte an genau jenem Tag kurz nach sieben Uhr abends stattgefunden.
Die Valiant stand auf einem Tisch. Sie war in grelles Licht getaucht. Über dem Mikroschiff sah Kim einen Teil eines Apparats, den sie als Durchleuchtungseinheit erkannte. Mehr war nicht zu sehen, doch der Tisch sah aus wie der, den sie in Kile Tripleys Kellerräumen gesehen hatte.
Eine Hand kam ins Bild und justierte den Sensor. Und sie hörte Kile Tripleys Stimme: »Ist es besser so, Yoshi?« Der Arm steckte in einem weißen Kittel. Er verschwand wieder aus dem Bild, und Kim sah nichts mehr außer dem Schiff und dem Tisch.
»Gut so, ja. Das wird reichen.«
Kiles Stimme: »Markis, wir können anfangen.«
»Komme direkt.«
Die Uhr lief weiter.
»Fertig?«, fragte Tripley.
Yoshis Stimme: »Alles bereit.« Dann erschrocken, in höherem Tonfall: »Hey, Kile! Was ist das?«
Kim sah nichts.
»Ich weiß es nicht.« Der Arm kam zurück, ging auf der Backbordseite hinter das Schiff und versperrte die Sicht der Kamera. »Hey, sie haben eine Luke
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