Spuren im Nichts
denen sie kooperieren oder wetteifern konnte. Und Geschichten über Kriege austauschen. Dass so, wie die Dinge lagen, die Spezies nur auf dem Hintern saß und auf Gott wartete.
Ein großer Teil der pessimistischen Stimmung schien von der Erde selbst auszugehen. Dort schrieb man fast das Ende des dritten Jahrtausends, irdischer Zeitrechnung, und wie die Geschichte zeigte, gab es in Zeiten wie diesen immer wieder laute Rufe, dass das Ende der Menschheit gekommen sei.
Wie die Wahrheit auch immer aussah, die in Kürze bevorstehende feierliche Eröffnung des Star Queen Hotels war in Kims Augen kaum ein angemessener Moment für Unkenrufe.
Obwohl das Aufkommen künstlicher Schwerkraft die Notwendigkeit radförmiger Raumstationen eliminiert hatte, waren die traditionellen Konstruktionen überall weiterhin in Gebrauch, außer in der neuesten Anlage, die in der Umlaufbahn von Tigris errichtet wurde. Irgendwann zu einer früheren Zeit hatte es danach ausgesehen, als wäre auch echte Antigravitation möglich, doch der große Durchbruch war nie erfolgt, und heute galt Antigravitation als schlichtweg unmöglich. Zu schade: Es war genau die Sorte von Technologie, mit der das Institut die illustren Gäste der Eröffnungsfeier für sich und seine Ziele hätte vereinnahmen können.
Kim blickte hinunter auf Wolkenbänke und den gekrümmten Horizont der Welt, als die Gondel langsamer wurde. Die Menschen wurden wieder munter, wanderten umher, sammelten ihr Gepäck ein, erledigten Käufe in letzter Minute, zogen ihren Kindern Jacken an. Unter Eltern hielt sich hartnäckig der Glaube, dass Sky Harbour ein zugiger Ort war.
Die Maschinen wimmerten ein letztes Mal, die Gondel kam zum Stillstand, und die Schleusenluken glitten auf. Passagiere strömten hinaus in die Lobby des Starview Hotels. Die meisten schoben ihre Karten in die Schlitze der Registrierungsmaschinen. Kim holte das Gepäck ab, das sie vorausgeschickt hatte, und ging zu ihrem Zimmer, wo sie duschte und hinterher an ihrer Rede zur feierlichen Eröffnung arbeitete. Durch das Fenster blickte sie auf den Schwanz von Sky Harbour, das gewaltige Gegengewicht des Orbitalaufzugs, das sich in Richtung Larks schlängelte, des innersten Mondes von Greenway.
Als Erstes stand die Preisverleihung an Benton Tripley auf ihrem Programm.
Ihr blieb gerade noch genügend Zeit für ein kleines Nickerchen. Dann zog sie sich an und überprüfte ihr Aussehen im Spiegel. Zufrieden mit dem Ergebnis ihrer Bemühungen nahm sie den Aufzug hinunter zum Deck C, wo die meisten Geschäftsräume und Büros zu finden waren.
Es war eine luxuriöse Sektion, abseits von den touristischen Gebieten und den Maschinendecks. Hier waren die Wände mit dunklen Paneelen verkleidet, und dicke Teppiche lagen auf dem Boden. In den Ecken standen große Kübelpflanzen. An den Wänden hingen Landschaftsbilder. Leise Musik drang aus unsichtbaren Lautsprechern. Die Beleuchtung war gedämpft und verlieh den digitalen Türschildern einen Aspekt von stiller Würde.
Die Interstellar Inc. residierte hinter einer Doppeltür aus Milchglas. Eine junge dunkelhäutige Frau blickte von ihrem Schreibtisch auf, als Kim das Büro betrat. »Guten Tag, Dr. Brandywine«, sagte sie. »Man erwartet Sie bereits. Bitte folgen Sie mir.«
Sie führte Kim in einen kleinen Konferenzraum. Eine Kameramannschaft war dabei, alles für die Aufnahmen vorzubereiten. Averill Hopkin traf unmittelbar hinter Kim ein. Er sah aus, als sei er mit den Nerven am Ende. Nach einer kurzen Unterhaltung mit ihm wurde Kim bewusst, dass er nicht gern im Rampenlicht stand. Er war fahrig und gereizt und alles andere als begierig, an einer öffentlichen Veranstaltung teilzunehmen. Doch er hatte sich seiner Aufgabe nicht entziehen können, und jetzt stand er hier und blickte gehetzt zwischen Kim, dem Rednerpult und seiner Uhr hin und her. »Ich hasse diese grässlichen Auftritte«, gestand er.
»Das ist der Preis des Ruhms«, erwiderte sie, ohne sich ihre heimliche Belustigung anmerken zu lassen. Einen Augenblick lang überlegte sie, ob sie ihn belehren sollte, dass Public Relations mehr als neunzig Prozent von allem waren, doch dann entschied sie sich klugerweise dagegen.
»Es ist einfach so, dass ich wichtigere Dinge zu tun habe, Kim«, sagte er. Sie legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm. Die Muskeln waren hart und verkrampft. »Ich bin nicht gut in diesen Dingen«, beharrte er.
»Entspannen Sie sich, Avy.« Sie lächelte ihn ermutigend an, und sie wusste
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