Spuren im Nichts
ein wenig übertrieben, doch Kim hegte keinen Zweifel an ihrer Ernsthaftigkeit. Emily war nicht als Wissenschaftlerin ausgebildet worden, daher neigte sie dazu, Schlussfolgerungen auf Grund emotionaler Bedürfnisse zu ziehen statt eindeutiger Beweise. Die menschliche Spezies konnte nicht alleine sein, weil das Universum so gigantisch war. Weil die Menschen jemanden brauchten, mit dem sie sich vergleichen konnten.
Die Wirklichkeit jedoch war, dass die Entstehung von Leben auf der Erde eine ganze Reihe von Bedingungen erfordert hatte, die so ungewöhnlich und so zufällig waren, dass es sich durchaus um ein einzigartiges Ereignis handeln konnte. Es schien nicht unmöglich, dass die menschliche Rasse die einzige intelligente Spezies in all den Kubik-Milliarden Lichtjahren war. Im Dunkel der Nacht und allein im Bett vermutete Kim, dass genau dies tatsächlich der Fall war. Sie hätte es nicht nach außen hin zugegeben, nicht einmal gegenüber Solly. Dazu vertrat sie die Sache des Instituts schon zu viele Jahre. Jahre, in denen sie sich bemüht hatte, Begeisterung für das Leuchtfeuer zu erwecken, das einzige Projekt des Instituts, das im Stande schien, die Menschen zu faszinieren.
Yoshi Amara hatte mit Ausnahme ihrer Dissertation, in der es um atmosphärische Thermodynamik ging, keine schriftlichen Arbeiten hinterlassen. Sie war erst Anfang zwanzig gewesen, als sie dem Team Tripleys beigetreten war. Ihre Reise an Bord der Hunter war, so weit Kim feststellen konnte, das erste Mal, dass sie ihre Heimatwelt verlassen hatte.
Kim spielte ein paar Videos ab, auf denen Emily die Handelskammer von Algonda zu überzeugen versuchte, sich an einer öffentlichen Stiftung für ältere Bürger zu beteiligen, oder ein Führungsseminar für Manager bei All-Purpose Transport abhielt oder an der Mellinda University zur Abschlussklasse von ’71 sprach und all die Dinge sagte, die man für gewöhnlich Absolventen mit auf den Weg gab, oder wo sie als Teilnehmerin eines Symposiums mit dem Thema »Wohin führt unser Weg?« (es ging um Bevölkerungsrückgang und mangelnde Erforschung des umliegenden Weltraums) zu sehen war und leidenschaftlich für eine gemeinsame Anstrengung plädierte, die Menschen dazu zu bewegen, mehr Kinder zu bekommen.
Danach wandte sie sich der Datei über Tripley zu und beobachtete Kile bei der Gründungsversammlung der Foundation, wo er sich bemühte zu erklären, warum es lebenswichtig war, die Suche nach anderen Intelligenzen fortzusetzen. Nicht ein einziges Mal schienen ihm Zweifel zu kommen, dass sie vielleicht gar nicht existierten. Er hatte ein wenig Mühe, sich durchzusetzen, doch es war auch keine einfache Argumentation. Irgendjemand in der Zuhörerschaft rief dazwischen, dass jeder wüsste, wie sich Menschen verhalten, und falls es Außerirdische gäbe und sie genauso wären wie die Menschen, dann wäre es möglicherweise gar nicht so gut, sie zu entdecken. Lassen wir sie in Ruhe, rief er.
Gegen Mitternacht kam Kim zu dem Schluss, dass Emily und ihre Begleiter an Bord der Hunter – Tripley, Amara und Kane, der Pilot – genau das waren, was sie zu sein vorgaben. Durchaus möglich, dass alle bis auf Kane Phantasiegespinsten hinterher jagten, einschließlich Emily. Wäre ihre Suche nach Beweisen für eine außerirdische Zivilisation von Erfolg gekrönt gewesen und wären sie jenseits von St. Johns etwas Lebendigem begegnet, hätten sie ohne jeden Zweifel ihre Entdeckung laut vor der gesamten Welt verkündet.
Und das bedeutete, dass sich Sheyel Tolliver geirrt hatte. Es musste so sein.
Trotzdem bestand eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Schuh aus der Villa Kanes Yoshi Amara gehört hatte.
Und Gaerhard hatte eindeutig etwas zu verbergen. Vor drei Jahrzehnten hatte er an Bord der Hunter etwas getan, das nach den Aufzeichnungen eine reine Routinearbeit gewesen war. Und doch hatte er augenblicklich gewusst, worum es ging, als Kim davon angefangen hatte.
Andra hatte mehr als einhundert Berichte über die Explosion am Mount Hope und das sich daran anschließende Chaos zusammengetragen.
Kim betrachtete Aufnahmen der Gegend vor und unmittelbar nach der Explosion. Der Krater war deutlich zu erkennen, einen und einen Viertel Kilometer im Durchmesser, und er sah aus, als hätte jemand eine Atombombe abgeworfen. In weitem Umkreis waren Bäume verbrannt und umgeknickt wie Streichhölzer. Das gesamte Tal hatte schwere Schäden erlitten.
Es gab buchstäblich Hunderte von Bildern der Zerstörung. Eingestürzte
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