Spuren im Nichts
Vielleicht Verbesserungen im Design magnetischer Flaschen. Fortschritte im Umgang mit Antimaterie. Und möglicherweise Systeme zur Abschirmung von Gravitation, die es elektronischen Geräten ermöglichten, in immer stärkeren Gravitationsfeldern zu funktionieren.
Cray Elliott, ein Spezialist für Public Relations und Juniormitglied des Teams, nickte und schrieb alles auf. Kim machte keinen Hehl aus ihrem Unbehagen. »Warum müssen wir immer versuchen, den Menschen die Wissenschaft nahe zu bringen, damit irgendwann irgendjemand eine bessere Zahnbürste bekommt?«, brummte sie. »Was ist nur aus der menschlichen Neugier geworden?«
»Sie müssen es von der praktischen Seite sehen«, sagte Cray. Er war intelligent, überschwänglich und gut gelaunt. Und Kim verspürte nicht die geringste Lust, sich mit guter Laune zu konfrontieren.
Trotzdem, es war alles da – wenn man nur genau genug hinsah: Langstreckenflüge zwischen den Sternen würden effizienter, Energiezellen, die Wärme und Licht für ganze Städte bereitstellten, würden weiter an Kapazität gewinnen, und die allgemeine Sicherheit der Systeme würde erhöht.
»Aber überall werden die Flüge zusammengestrichen«, warf Kim ein. »Wir verfügen längst über mehr Energie, als wir jemals verbrauchen können, und es hat niemals einen Unfall gegeben, jedenfalls keinen, soweit ich weiß, bei dem Energiezellen im Spiel waren. Noch nie.« Außer wahrscheinlich Mount Hope, doch das sagte sie an dieser Stelle lieber nicht.
»Das spielt doch alles keine Rolle«, entgegnete Matt. »Das sind doch bloß Details. Kein Mensch kümmert sich um Details.«
Vielleicht hatte er sogar Recht. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie die Wahrheit ein wenig gestreckt hätten. Erst zwei Jahre zuvor hatte das Institut ganz bewusst darauf verzichtet, aufkommenden Gerüchten entgegenzutreten, dass ein Durchbruch auf dem Gebiet der Antigravitation unmittelbar bevorstand, und das, obwohl zum damaligen Zeitpunkt keinerlei Forschung in dieser Richtung stattgefunden hatte und obwohl jeder Physiker, den Kim kannte, Antigravitation prinzipiell für unmöglich hielt.
Die Gerüchte hatten sich hartnäckig gehalten, weil die Menschen dachten, dass man, wenn man schon im Stande war, künstliche Gravitation zu induzieren, ihre Auswirkungen auch irgendwie aufheben konnte. Doch das waren zwei ganz verschiedene Dinge. Zur Erzeugung künstlicher Gravitation musste man weder die Zeit noch den Raum krümmen, sondern lediglich ein paar magnetische Felder errichten, die es ermöglichten, in Raumschiffen umher zu spazieren.
Kim hegte insgeheim den Verdacht, dass die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit die Gerüchte vielleicht sogar selbst in die Welt gesetzt hatte. Als sie mit Matt darüber gesprochen hatte, hatte er selbstverständlich scheinheilig alles abgestritten. Zu dumm nur, dass sie ihm immer ansah, wenn er log.
Während sie jetzt seinen Instruktionen lauschte, fragte sie sich, warum sie nicht einfach aufstand und ging. Sie verdiente gutes Geld, das Institut diente einer guten Sache, und sie zog eine Menge Befriedigung allein aus der Tatsache, dass sie so erfolgreich war. Doch solange sie beim Institut blieb, würde die Karriere, die sie sich wünschte, von der sie träumte und für die sie sich vorbereitet hatte, nicht stattfinden.
Sie erinnerte sich, wie verteidigend sie Sheyel erzählt hatte, womit sie ihr Geld verdiente: »Es ist nicht das Gebiet, das ich mir ausgewählt habe.«
Er hatte ihre Verlegenheit gespürt. »Man weiß vorher nie, wie sich die Dinge entwickeln.«
Doch so war es schon immer gewesen. Kim gehörte zu denen, die nie zu Klassentreffen gingen.
Zurück in ihrem Büro fand sie eine Nachricht von Shepard. »Wir haben eine Antwort auf deine Nachricht nach St. Johns«, lautete sie.
»Leg Sie mir bitte auf den Schirm, Shep.«
»Ja, Kim. Ich war so frei, sämtliche Zeitangaben auf unsere Ortszeit umzurechnen.«
Von: Leiter des Archivs, St. Johns
An: Dr. Kimberley Brandywine
Datum: Montag, 15. Jan. 600
Betreff: Flugplan Hunter
Auf Ihre Anfrage übersende ich folgende Informationen betreffend EIV 4471886
Flugplan Hunter, datiert vom 11. Feb. 574
Abreise St. Johns 12. Feb. 573 0358
Ankunft QCY 4149187 17. Apr. 573
Ziel: allgemeine Untersuchungen im Sternbild Goldener Kelch.
Geplanter Rückflug von ebendort sollte mitgeteilt werden, sobald bekannt. Wurde für den 1. Jun. 574 erwartet.
gez. J.B. Stanley, Leiter
Die gesamte Mission hätte also fünfzehn
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