Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spurlos in der Nacht

Spurlos in der Nacht

Titel: Spurlos in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unni Lindell
Vom Netzwerk:
sich zu einem breiten Lächeln. «Ach nein», sie lachte heiser. «Der alte Knacker schafft gar nichts mehr.»
    «Wissen Sie, wem die Amora gehört, haben Sie den Besitzer hier schon mal unten gesehen?»
    Die Frau musterte ihn misstrauisch. «Nein», sagte sie kurz und hob die Bierdose an den Mund.
    Nils Bergman wohnte in der Torggata in Drøbak. Dort betrat Cato Isaksen einen Hinterhof, zwischen einem Second-Hand-Laden für Kinderkleidung und einer Buchhandlung. Im Hinterhof stand ein großer blattloser Baum, auf dem ein paar Vögel saßen. Sie machten einen Höllenlärm, man hätte meinen können, dass sie vor der Polizei warnen wollten.
    Er musste eine Stahltreppe außen am Holzhaus hochsteigen, die einen trockenen, hohlen Metallklang abgab. Er erreichte eine alte, abgenutzte Holztür, auf der ein halb abgerissenes Plakat klebte. Neben der Tür waren mit schwarzem Filzstift unleserliche Kringel angebracht.
    Es gab keine Klingel, weshalb Cato Isaksen zweimal klopfte. Niemand machte auf. Er wartete fünf Minuten, dann gab er auf, ging zurück zum Auto und fuhr zum Einkaufszentrum hoch, in dem Tage Wolter arbeitete. Er wollte dem Stiefvater ein paar Fragen stellen und den Schlachter in seiner Arbeitsumgebung sehen. Er bog auf den Parkplatz ab und hielt an.

18
    Tage Wolter zerteilte gerade für eine Kundin eine riesige Lammkeule. Das Knirschen des Sägeblattes, das den Knochen zersplittern ließ, war im ganzen Laden zu hören. Cato Isaksen lief es dabei eiskalt den Rücken hinunter. Neben der Schneidemaschine stand ein Stapel Aluminiumformen für warme Gerichte und Salate zum Mitnehmen.
    Der Ermittler beobachtete, wie Kathrine Bjerkes Stiefvater das Fleisch behandelte. Mit gewohntem Griff, fast liebevoll. Nachdem er die Keule zerteilt hatte, nahm er eine große Fleischaxt und schlug einige Splitter ab. Alle seine Bewegungen waren präzise und mit großer Kraft ausgeführt. Als Wolter das Fleisch eingepackt und der zufriedenen Kundin überreicht hatte, trat Cato Isaksen an den Tresen heran.
    Tage Wolter schien sich über seinen Anblick nicht gerade zu freuen. Er wischte das Blut von der Schneidemaschine, streifte die dünnen Plastikhandschuhe ab und wischte sich die Hände an der Schürze ab. Die knallgelben Fliesen an der Wand bildeten einen scharfen Kontrast zu dem hochgewachsenen, gutaussehenden Mann. Wer bedient werden wollte, musste zuerst eine Nummer ziehen. Zwei Frauen und ein sehr junger Mann bedienten die Kunden und verpackten Koteletts, Salate und Aufschnitt.
    Cato Isaksen sagte, er habe nur ein paar Fragen, und Tage Wolter bat ihn um einen Moment Geduld. Eine Minute darauf stand er im Laden vor der Theke. Er fragte, ob der Kommissar sich irgendwo hinsetzen wollte, aber Cato Isaksen schaute kurz auf die Uhr und stellte fest, dass die Zeit dazu nicht reichte.     
    «Es sind wirklich nur kleine Fragen, und es tut mir Leid, wenn Sie meine Frage beleidigend finden, aber nehmen Sie manchmal Frauen mit auf Ihr Boot?»
    «Frauen?» Tage Wolter schaute ihn verständnislos an, dann verzog sich sein Gesicht zu einer wütenden Grimasse. «Was ist das denn für eine Frage. Ich möchte Helena ja schonen, aber von mir aus können Sie es erfahren. Ich bin nicht derjenige, der Frauen mit aufs Boot nimmt. Das macht Kenneth. Ich habe sie da unten schon zweimal erwischt. Ihn und Kathrine. Wie gesagt, das Mädchen ist erst vierzehn Jahre alt. Was sagen Sie dazu?»
    Cato Isaksen musste zugeben, dass das schlimm war. «Aber meinen Sie, es hat Kathrine geholfen, dass Sie ihrer Mutter nichts gesagt haben?»
    «Ich weiß nicht.» Wolter schüttelte den Kopf. «Ich hab es einfach nicht fertig gebracht, ihr davon zu erzählen.»
    «Angeblich war Kathrine an dem Tag, an dem sie verschwunden ist, ein wenig sauer auf Sie.»
    «Sie wollte Geld für eine neue Hose», sagte Wolter seufzend. «Aber das habe ich ihr nicht gegeben. Sie kaufte doch Kleider wie eine Verrückte.»
    Cato Isaksen nickte.
    Nach dem Gespräch mit dem Stiefvater fuhr Cato Isaksen mit der Rolltreppe in den ersten Stock. Dort lag ein Laden neben dem anderen. Nach der kleinen Reinigung, in der Helena Bjerke angestellt war, musste er erst suchen. Er wusste, dass sie noch immer krankgeschrieben war.
    Die Reinigung lag ganz hinten im Gang. Zwei Frauen bügelten und sortierten Kleidungsstücke. Der Gestank der Chemikalien stieg ihm in die Nase. Für einen Moment blieb sein Blick an einer weißen Damastdecke hängen, die über einem Gestell lag. Er überlegte sich, dass

Weitere Kostenlose Bücher