Spurlos in der Nacht
meinte das wirklich. «Dann gute Nacht», sagte er und ging ins Wohnzimmer. Er trat an das große Wohnzimmerfenster. Der Regen schlug gegen die Fensterscheibe. Ein brauner, blattloser Fliederbusch bewegte sich im Wind.
Die Ermittlungen kamen nicht weiter. Etwas am Fall Moen steckte fest. Cato Isaksen wusste, dass es oft eine Belanglosigkeit war, die die Sache wieder in Gang setzen konnte. Warum hatte niemand etwas gehört oder gesehen? Warum war kein einziger Hinweis eingetroffen, der ihnen weiterhelfen konnte? Der Fahrer des BMW hatte sich noch nicht gemeldet. Was natürlich nichts bedeuten musste. Viele Menschen wollten in nichts hineingezogen werden. Aber Kathrine Bjerke, wie hatte sie einfach so verschwinden können?
Cato Isaksen hatte sich von Helena Bjerke und Maiken Stenberg Listen über Kathrines Bekanntenkreis erstellen lassen. Er hatte daran gedacht, dass Maiken Stenberg erzählt hatte, dass sie sich oft alle bei ihr trafen, in dem kleinen Gartenhaus. Zwei Tage vor Palmsonntag rief Cato Isaksen den Ermittlungsleiter in Folio an. Der Kollege hatte in der ersten Woche nach Kathrine Bjerkes Verschwinden die Fahndung organisiert, dann war die Kripo eingeschaltet worden. Cato Isaksen erkundigte sich danach, wie gründlich sie Kathrines Bekannte befragt und ob sie das Gartenhaus durchsucht hätten. Das hatten sie, aber besonders gründlich waren sie dabei nicht vorgegangen. «Wir glauben ja nicht, dass die Antwort dort liegt», sagte der Kollege.
«Dazu besteht sicher auch kein Grund», sagte Cato Isaksen entgegenkommend, doch er hatte bereits beschlossen, sich das Gartenhaus noch einmal anzusehen.
Er nahm Randi Johansen mit, die wissen wollte, wie lange das dauern würde. «Ich muss heute zum Kindergarten fahren», sagte sie. «Meine Mutter kommt zu Besuch. Sie bleibt bis nach Ostern, und da muss ich einkaufen.»
Die Osterferien begannen in diesem Jahr erst spät, am Samstag, dem 7. April nämlich. Bente wollte sich einige Tage freinehmen. Sie und Vetle wollten mit einer Freundin von Bente in deren Ferienhaus fahren. Die Freundin hatte einen Sohn und eine Tochter, die ungefähr in Vetles Alter waren. Cato Isaksen musste arbeiten, hatte aber versprochen, am Karfreitag nachzukommen. Dann konnten sie immerhin das Wochenende und noch ein paar Tage miteinander verbringen. Vetle hatte seine Bedenken, was die Reisepläne anging. Was, wenn der Kater zurückkommt, fragte er. Er hatte die Hoffnung noch immer nicht aufgegeben.
21
Schon als Maiken Stenberg sie zum ersten Mal in das chaotische Zimmer des Gartenhauses geführt hatte, hatte Cato Isaksen deutlich das Gefühl gehabt, dass sie hier etwas finden würden. Maiken trug an diesem Tag eine Jeans und ein enges, ärmelloses rosa Oberteil. Ihr Bauch war entblößt, wie es die derzeitige Mode für junge Mädchen vorschrieb. Cato Isaksen war plötzlich dankbar dafür, dass er drei Söhne hatte. Junge Mädchen, die sich so kleideten, hatten einfach etwas Provozierendes.
«Willst du dir nicht lieber eine Jacke holen?», fragte er.
Sie schüttelte fast beleidigt den Kopf.
Das alte Sofa in dem feuchten Raum war mit alten Decken behängt. Und der Tisch, der nur drei Beine hatte, konnte trotzdem stehen, denn ein Kasten war als Stütze darunter geschoben. Die Vorhänge, die ebenfalls bessere Zeiten gesehen hatten, waren geschlossen. Der penetrante Geruch des Hühnerstalls machte sich auch hier bemerkbar und hatte sich in allen Ecken festgesetzt.
Maiken Stenberg beobachtete genau, wie die Gäste sich umschauten. Diesmal war sie nicht mehr so entgegenkommend wie bei Cato Isaksens erstem Besuch. Sie machte einen mürrischen Eindruck und schien sich nicht wohl in ihrer Haut zu fühlen.
«Du kannst gern so lange ins Haus gehen», sagte er.
«Brauchen Sie für sowas eigentlich keinen Durchsuchungsbefehl?», fragte sie plötzlich.
Cato Isaksen lächelte. Sie hatte offenbar zuviel ferngesehen. «Hast du etwas dagegen, dass wir uns umsehen», fragte er.
«Natürlich nicht», erwiderte Maiken Stenberg rasch und riss sich sichtlich zusammen, aber etwas hatte sich geändert.
Randi zog eine alte Kommode von der Wand weg. Plötzlich fiel ein blutdurchtränktes Stoffstück herunter.
«Sieht aus wie ein T-Shirt», sagte sie interessiert und zog ein Paar Gummihandschuhe und eine Tüte aus der Tasche.
Maiken Stenberg fuhr herum und rannte aus dem Zimmer. Sie konnten ihre klatschenden Schritte auf der Laufplanke hören. Cato Isaksen lief ebenfalls hinaus. Sie verschwand
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