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Spurlos

Spurlos

Titel: Spurlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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Hände auf den Schenkeln.
    Shane faltete die Hände auf dem Tisch und musterte Horkay. Sportlich, muskulös, gebräunt, gepflegte Zähne, blondes Haar – trotz seiner fast Mitte Vierzig ein jugendlicher Typ, der seine Wirkung auf Frauen sicher nicht verfehlte. Die klaren, wachen Augen verrieten ihn als einen Menschen, der seine Umgebung beobachtete, der von sich selbst jedoch nur wenig preisgab. Sein Mund mit den weichen, etwas üppigen Lippen ließ den Schluss zu, dass er es verstand, zu genießen.
    „Mister Horkay“, fing Shane an, „kannten Sie Valerie Tate?“
    „Sie i st die Frau, die ermordet wurde, nicht wahr?“ Brett Horkay zuckte nicht mit der Wimper, als Shane die Fotos der ermordeten Valerie Tate vor ihn auf den Tisch legte.
    „Eine Stu dentin von Ihnen“, sagte Shane.
    Brett Horkay rührte sich nicht. „Es melden sich viele zu meinen Schreibkursen an. Ich kann mich nicht an jedes Gesicht erinnern.“ Horkay räusperte sich. „Wollen Sie mir nicht endlich sagen, warum ich hier bin?“
    Shane legte das Buch auf den Tisch, das er aus Valerie Tates Regal mitgenommen hatte. „Ihre Widmung steht da drin.“
    Horkay lachte auf.
    „ Das ist doch lächerlich, Detective!“ Er schüttelte den Kopf. „Sie haben doch gerade selbst die Schlange gesehen, als ich Autogramme gegeben habe. Bin ich deswegen verdächtig, wenn einem dieser Menschen etwas zustößt?“
    „Wo waren Sie am vergangenen Montagnachmittag, Mister Horkay?“
    „Ich bin in der Stadt gewesen“, kam es ohne Zögern. Seine Haltung, seine Stimme, seine schnellen, korrekten Antworten – all das drückte aus: Ich habe nichts zu verbergen, ich beantworte dir jede Frage. Ich habe keine Angst. Ich bin dir überlegen. Doch Shane war schon zu lange in dem Job, um sich darüber zu ärgern oder davon beeindrucken zu lassen, und so machte er einfach weiter.
    „Allein?“
    „Ja.“
    „ Gibt es? Haben Sie irgendwo etwas gekauft?“
    „Nein.“
    „Erinnern Sie sich, wo Sie Weihnachten 1999 waren?“ Als Patty Benson ermordet wurde, hätte er am liebsten hinzugefügt.
    Ein überheblich wirkendes kurzes Lächeln. „Ich habe Freunde in Byron Bay besucht.“
    „Sie haben ein erstaunliches Gedächtnis, Mister Horkay. Oder haben Sie mit dieser Frage gerechnet?“
    Horkay s Miene blieb ausdruckslos. Shane legte ihm die Powerplatte auf den Tisch. „Wissen Sie, was das ist?“
    Horkay warf nur einen kurzen Blick darauf. „Das ist eine so genannte Powerplatte. Ihr Abdruck wurde bei den Leichen gefunden. Das stand in den Zeitungen.“ Er sah Shane direkt an. „Verdächtigen Sie mich tatsächlich, Valerie Tate und diese andere Frau umgebracht zu haben?“
    „Ich überprüfe nur diejenigen, die zu den Opfern Kontakt hatten, Mister Horkay.“
    „Diese andere Frau kenne ich nicht.“
    „Oh, doch, Sie waren im Perlenladen.“
    Horkay schlug mit der Handfläche auf den Tisch.
    „Das ist doch absurd. Fast jeder Tourist in Darwin geht in den Laden!“
    „Also waren Sie dort?“
    Shane hatte geblufft und offenbar ins Schwarze getroffen. „Nun, Mister Horkay, Sie kannten also Valerie Tat und Jeannie Reid …“
    „ Ich will einen Anwalt.“ Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Shane legte sein Handy auf den Tisch. „Bitte.“
    Horkay starrte auf das Gerät.
    „Mister Horkay, warum tut jemand so etwas?“
    „Woher soll ich das wissen, Detective?“
    „ Sie sind Schriftsteller, Sie haben Fantasie. Sie studieren Charaktere. Warum, glauben Sie, tut jemand so etwas?“
    Horkay faltete die Hände auf dem Schoß und betrachtete sie. Schließlich sah er auf.
    „Weil er glaubt, es tun zu müssen .“
    „Er hört also zum Beispiel eine Stimme, die ihm befiehlt, zu töten?“
    „Vielleicht“, Horkay nickte nachdenklich. „Oder er sieht ein Zeichen, oder …“ Er brach ab.
    „Ja?“, fragte Shane und ließ ihn nicht aus den Augen.
    „Oder er weiß einfach, dass er es tun muss.“
    „Haben Sie auch schon Zeichen gesehen oder Stimmen gehört, Mister Horkay?“
    Horkays Augen wurden schmaler. „Jeder hat das. Bestimmt auch Sie. Aber ich höre keine Stimme, die mir befiehlt, dass ich jemanden töten muss.“ Er lächelte dünn. „Ich schreibe noch nicht einmal Krimis, Detective.“
    Shane musterte sein Gegenüber. Noch immer saß er aufrecht, die Hände auf dem Schoß gefaltet. Noch immer hatte er keine Anstalten gemacht, zu telefonieren. Shane nahm sich Horkays Buch und begann, langsam darin zu blättern.
    „Ihre Familie hat

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