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Spurschaden

Spurschaden

Titel: Spurschaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Halo
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Schiebetür, die bereits offenstand. Ein alter Mann humpelte direkt auf sie zu. Trotz seiner Zigarette im Mundwinkel entwich diesem ein lautstarkes »Grüß Gott«, was sofort zweifach erwidert wurde. Marie dachte Sekunden später an die gelben Zähne ihrer Mutter – der Pater an ein Laster, das weder Gott noch Teufel ihm hatten austreiben können.
    An der Rezeption angekommen, begrüßte Pater Johann die hinter einer Glasscheibe sitzende Dame mit einem Kopfnicken und verschwand zügig in einem der nächstliegenden Flure. Um ihm folgen zu können, musste Marie ganz bewusst schneller gehen; etwas, was eigentlich überhaupt nicht in ihrer Natur lag.
    Minuten später gelangten sie zu einer besonders dicken Glasfront, über der mehrere Warnschilder mit verschiedenen Symbolen angeordnet waren. Marie erkannte darin mindestens ein Zeichen für gefährliche Strahlung und einige unmissverständliche Darstellungen, dass dieser Bereich nur mit Zugangsberechtigung zu betreten war. »Da hat sich der liebe Pater wohl verlaufen«, dachte Marie, und der Gedanke daran, dass sie ihm nun gleich wieder in eine andere Richtung hinterhereilen müsste, ließ ihre Schadenfreude nicht lange anhalten. Genervt lehnte sie sich an die Seitenwand.
    Piep … Piep … Piep …
    Ein in kurzen Abständen erklingender Piep-Ton schreckte Marie auf. Erstaunt verfolgte sie die sich mittig teilende Glasfront, deren weit nach außen hin aufschlagenden Türelemente. Wie der Pater wich auch Marie nun ein deutliches Stück zurück. Und während sie das tat, nahm sie die Magnetkarte in dessen Hand wahr und wie diese im nächsten Augenblick in einer seiner Taschen verschwand.
    »Kommen Sie!«, hörte sie den Pater rufen.
    »Ja, ich komme!« Das leise hinzugefügte »Nur kein Stress!« konnte der Pater allerdings nicht hören, da er bereits hinter der nächsten Flurbiegung verschwunden war. Es folgte das Piepen der sich wieder schließenden Flügeltüren hinter ihr und das Quietschen der feuchten Stiefelsohlen unter ihr – Marie eilte dem Pater hastig nach. Nur noch wenige Schritte entfernt, streckte dieser plötzlich seinen Arm aus, deutete nach rechts:
    »Hier lang, Schwester. Sie müssen hier lang!« Dann grinste er und sprach fast zärtlich: »Keine Sorge, das wird schon. Sie werden bereits erwartet! Wir sehen uns. Ich komme ja nach Ihnen dran.«
    »Oh … O.K.« Marie schaute in die vom Pater angedeutete Richtung, danach wieder auf ihn. »Dann bis später … und Danke!«
    Es folgte ein »Bitteschön!« und schon lag wieder eine größere Distanz zwischen ihnen.
    Während Marie auf die auch aus größerer Entfernung deutlich sichtbare Leuchttafel mit dem Anmeldung-Schriftzug zuging, dachte sie nicht an die bald folgenden Untersuchungen, an das Hightech-Gerät, das ihren Kopf vollständig durchleuchten würde, Schicht für Schicht. Nein, sie dachte auch nicht an eine mögliche Gesundheitsgefährdung durch Strahlung. Sie dachte in diesem Moment nur an Pater Johann, an dessen heutiges Auftreten. Warum war er so gelassen, so ungewohnt fröhlich gestimmt? Selbst sein Ohnmachtsanfall schien ihn keineswegs beunruhigt zu haben. Doch vor allem: Warum fühlte er sich ganz offensichtlich hier, in der Welt der Kranken, in der Welt des Teufels – wie er gesagt hatte – so wohl? Und hatte er sich eigentlich vorhin bei ihr für die Erste-Hilfe-Maßnahmen bedankt? An seine Frage, ob dem Auto auch nichts passiert sei, konnte sie sich gut erinnern, nicht aber an ein Dankeschön.
    Marie klopfte drei Mal fest an die halb geöffnete Tür, wartete einige Sekunden, betrat dann das Vorzimmer vom Warteraum.

19
    »Entschuldigung …«
    »Ist Ihnen übel?«
    »Äh … nein. Das Kontrastmittel scheine ich gut zu vertragen. Nur eine Frage: Mit dem Ausfüllen bin ich soweit fertig. Bei dem Krankenkassen-Feld bin ich mir allerdings nicht ganz sicher. Als Novizin bin ich wohl im Orden automatisch mitversichert …«
    »Lassen Sie das Feld einfach frei. Das ist alles geklärt. Sonst hätten Sie erst gar keinen Termin bekommen. Wir nehmen hier nur Privatpatienten!« Die Sprechstundenhilfe beugte sich zu Marie vor und fügte flüsternd hinzu – obwohl niemand sonst im Raum war: »Die gesetzlich Versicherten sitzen im überfüllten Krankenhaustrakt auf der anderen Seite. Die haben ältere Maschinen. Wir sind ja eine Privatklinik innerhalb des Krankenhauses … Sie verstehen?«
    Marie nickte. Ja, sie verstand ganz genau und erwiderte:
    »Da fällt mir ein, ich habe mich noch gar nicht

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