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Sputnik Sweetheart

Sputnik Sweetheart

Titel: Sputnik Sweetheart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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wollte nichts davon hören – er sei schließlich kein Makler. Schließlich einigten wir uns darauf, dass ich ihm eine Kiste Rotwein in sein Haus in London schicken würde, um mich erkenntlich zu zeigen.
    Unser Leben hier war ein Traum. Seit einer Ewigkeit hatte ich einmal wieder richtige Ferien ohne Termine. Die Möglichkeiten, mit der Außenwelt zu kommunizieren, sind begrenzt, Fax oder Internet gibt es nicht. Dass ich nicht wieder in Tokyo sein würde wie geplant, bereitete zwar einigen Leuten dort Ungelegenheiten, aber als ich erst einmal hier war, spielte das keine so große Rolle mehr.
    Wir standen morgens früh auf, packten Handtücher, Badeanzüge und Sonnencreme ein und wanderten über den Hügel zum Strand. Die Küste ist dort atemberaubend schön, der Sand reinweiß und das Meer ruhig. Weil dieser Strand ein bisschen abgelegen ist, finden nur wenige Leute dorthin, bis Mittag kommt fast niemand. Alle, Männer und Frauen, gehen nackt ins Wasser. Auch Sumire und ich gewöhnten uns daran. Es ist ein herrliches Gefühl, morgens im reinblauen Meer zu schwimmen, nackt wie bei unserer Geburt. Als wäre man in einer anderen Welt.
    Wenn wir uns müde geschwommen hatten, legten wir uns in den Sand und sonnten uns. Am Anfang machte unsere Nacktheit uns ein bisschen befangen, aber nach einer Weile fanden wir nichts mehr dabei. Die Kraft des Ortes übertrug sich auf uns. Wir rieben uns gegenseitig den Rücken mit Sonnencreme ein, lagen in der Sonne, lasen oder plauderten. Wie sehr ich diese Freiheit genossen habe!
    Wenn wir genug hatten, gingen wir über den Hügel zurück nach Hause, duschten und stiegen nach einem einfachen Essen die Treppe hinunter in das Café am Hafen, tranken Tee und lasen englische Zeitungen. Schließlich machten wir unsere Einkäufe und setzten uns zu Hause auf die Veranda, um zu lesen, oder hörten im Wohnzimmer Musik. Manchmal schrieb Sumire in ihrem Zimmer etwas auf ihrem PowerBook. Abends gingen wir wieder hinunter zum Hafen, um die Fähre einlaufen zu sehen. Bei einem kühlen Getränk schauten wir zu, wie die Leute von Bord gingen.
    Ich hatte das Gefühl, unsichtbar und unbehelligt am Rande der Welt zu sitzen. Es gab niemanden außer Sumire und mir. Ich musste an nichts anderes denken. Ich wollte mich nie mehr von der Stelle rühren, nirgendwohin gehen, bis in alle Ewigkeit. Natürlich wusste ich, dass das nicht möglich war. Unser Leben auf der Insel war eine flüchtige Illusion, und irgendwann würde die Realität uns wieder einholen. Eines Tages würden wir in unsere Alltagswelt zurückkehren müssen, doch bis dahin wollte ich zumindest nicht an überflüssige Dinge denken und für jeden Tag dankbar sein. Also genoss ich dieses Leben in vollen Zügen. Bis vor vier Tagen.«
    Am Morgen vier Tage zuvor waren die beiden wie gewohnt zum Baden an den Strand gewandert, dann nach Hause zurückgekehrt und später hinunter zum Hafen gegangen. Der Kellner im Café kannte sie inzwischen gut (Mius großzügige Trinkgelder trugen sicher dazu bei), begrüßte sie herzlich und machte ihnen Komplimente. Sumire ging zum Kiosk und kaufte die englischsprachige Zeitung, die in Athen erscheint und die einzige Informationsquelle der beiden über alles war, was in der Welt vor sich ging. Die Zeitung zu lesen war Sumires Aufgabe. Sie schaute den Wechselkurs nach und fasste interessante Artikel in Übersetzung zusammen.
    Der Artikel, den Sumire an jenem Tag vorlas, berichtete von einer siebzigjährigen Frau, die von ihren Katzen gefressen worden war. Der Vorfall hatte sich in einem kleinen Vorort von Athen abgespielt. Die Verstorbene hatte ihren Gatten, einen Geschäftsmann, elf Jahre zuvor verloren und seither mit ihren Katzen zurückgezogen in einer Zweizimmerwohnung gelebt. Eines Tages bekam die Frau einen Herzinfarkt, brach auf ihrem Sofa zusammen und starb. Wie viel Zeit zwischen dem Infarkt und dem Tod verging, war noch nicht bekannt. Doch bestimmt hatte ihre Seele nicht sofort und unvermittelt den Körper verlassen, der siebzig Jahre lang ihre Heimstatt gewesen war. Da die Frau nicht regelmäßig von Verwandten oder Bekannten besucht wurde, entdeckte man ihren Leichnam erst eine Woche später. Die Türen und Fenster waren geschlossen, sodass die Katzen nach dem Tod ihrer Besitzerin eingesperrt waren. In der Wohnung gab es für sie kein Futter. Im Kühlschrank wäre noch etwas gewesen, aber die Katzen konnten natürlich die Tür nicht öffnen. Ausgehungert machten sie sich schließlich über das Fleisch

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