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Sputnik Sweetheart

Sputnik Sweetheart

Titel: Sputnik Sweetheart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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darf nicht zu einem Teil des Problems werden. Denn wenn ich Teil des Problems bin, kann ich nicht Teil der Lösung werden. Für alle ist es am besten, wenn wir uns nicht mehr sehen.«
    »Für alle?«
    »Zumindest für deinen Sohn.«
    »Und für dich?«
    »Natürlich. Für mich auch.«
    »Und ich? Für mich auch?«
    Ich hätte das gern bejaht, aber das war nicht so einfach. Sie nahm ihre dunkelgrüne Ray-Ban-Sonnenbrille ab und setzte sie wieder auf.
    »Es fällt mir nicht leicht, es auszusprechen, aber es wird schwer für mich sein, dich nicht mehr zu sehen.«
    »Für mich wird es natürlich auch schwer. Es wäre wunderbar, wenn wir einfach so weitermachen könnten. Aber es wäre nicht richtig.«
    Sie holte tief Luft und seufzte.
    »Was ist denn überhaupt richtig? Kannst du mir das verraten? Ich weiß nicht, was richtig ist. Was falsch ist, weiß ich. Aber was ist richtig ? «
    Darauf konnte ich ihr auch keine Antwort geben.
    Sie sah aus, als würde sie gleich anfangen zu weinen. Oder zu schreien. Stattdessen riss sie sich zusammen und umklammerte nur mit beiden Händen das Lenkrad. Ihre Handrücken röteten sich ganz leicht.
    »Als ich jung war, habe ich mit vielen Menschen geredet, und sie haben mir viel erzählt. Es gab amüsante, schöne oder seltsame Gespräche. Aber auf einmal spricht niemand mehr mit mir. Niemand. Nicht mein Mann, nicht meine Freundinnen, nicht mein Sohn – niemand. Als ob es auf der Welt nichts mehr zu reden gäbe. Manchmal habe ich das Gefühl, durchsichtig zu sein und darum für andere unsichtbar.«
    Sie hob die Hände vom Lenkrad.
    »Aber du verstehst sicher nicht, was ich sagen will.«
    Ich suchte nach Worten, aber mir fiel nichts ein.
    »Ich danke dir jedenfalls für alles, was du heute getan hast«, sagte sie gefasst. Ihre Stimme klang fast so ruhig wie sonst. »Allein hätte ich das nicht durchgestanden. Es war furchtbar anstrengend für mich. Du warst mir eine große Hilfe, und dafür danke ich dir. Eines Tages wirst du ein wunderbarer Lehrer sein. Du bist es ja schon fast.«
    Ob das ironisch gemeint war? Vielleicht, nein, ganz bestimmt.
    »Aber noch nicht ganz«, sagte ich. Sie lächelte kaum merklich. Damit war unser Gespräch beendet.
    Ich öffnete die Beifahrertür und stieg aus. Das sommerliche Licht des Sonntagnachmittags war viel milder geworden. Auf einmal fiel mir das Atmen schwer, und ich bekam weiche Knie. Der Motor des Toyota sprang an, und sie verschwand aus meinem Leben. Wahrscheinlich für immer. Sie ließ das Fenster herunter und winkte mir kurz zu. Auch ich hob die Hand.
     
    Zu Hause zog ich mein verschwitztes Hemd aus und warf es in die Waschmaschine. Als ich geduscht und mir die Haare gewaschen hatte, ging ich in die Küche, bereitete das schon halb fertige Essen zu Ende zu und aß. Anschließend warf ich mich aufs Sofa und las weiter in meinem Buch, schaffte aber nicht mehr als fünf Seiten. Ich gab auf, klappte das Buch zu und dachte eine Weile an Sumire. Der Schlüssel zum Supermarktlager, der jetzt in dem schmutzigen Graben lag, fiel mir ein. Und die Hände meiner Freundin, wie sie das Lenkrad des Toyota umklammerten. Ein langer Tag ging zu Ende, geblieben waren nur ungeordnete Gedanken. Obwohl ich ausgiebig geduscht hatte, roch ich noch immer nach Rauch. Meine Hand fühlte sich an, als hätte ich mit ihr gewaltsam etwas Lebendiges zerquetscht.
    Hatte ich das Richtige getan?
    Das Richtige sicher nicht, höchstens das Notwendige. Das ist ein großer Unterschied. Ich musste daran denken, dass sie gefragt hatte, ob es so wirklich »für alle« das Beste sei.
    Um die Wahrheit zu sagen, hatte ich gar nicht an alle gedacht. Nur an Sumire. Weder an andere Menschen noch an mich, nur an Sumire, die nirgendwo war.

16
    Seit unserem Abschied am Hafen der Insel hatte ich nichts von Miu gehört. Was mich wunderte, denn sie hatte ja versprochen, sich mit mir in Verbindung zu setzen, auch wenn es keine Neuigkeiten zu Sumire gab. Andererseits konnte ich mir nicht vorstellen, dass sie mich vergessen hatte. Es passte nicht zu ihr, etwas anzukündigen und es dann nicht zu tun. Irgendetwas musste sie daran hindern, sich bei mir zu melden. Ich erwog, sie von mir aus anzurufen, aber ich wusste nicht einmal ihren Nachnamen. Auch nicht den Namen oder die Adresse ihrer Firma. Sumire hatte mir keine konkreten Anhaltspunkte hinterlassen.
    Eine Zeit lang hörte man auf Sumires Anrufbeantworter noch die gleiche Ansage, aber irgendwann war das Telefon abgeschaltet. Ich überlegte, ob ich

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