ST - Die Welten von DS9 1: Cardassia - Die Lotusblume
Zeugen nahm Garak die letzte Stufe und schlug laut gegen das Holz. Zwei oder drei Minuten verstrichen.
Ich schätze, ich werde erwartet …
Eine besonders dicke schwarze Wolke kroch über den dunklen Himmel und störte die Mondstrahlen. Die Welt wartete. Und im Innern der Behausung erwachte ein künstliches Licht. Dann öffnete Korven die Tür – und erblasste, als er die Gestalt erblickte, die sich lächelnd gegen ihren Rahmen lehnte und ihm so den Fluchtweg versperrte. Korvens Gesicht war das eines Mannes, der einst alles gestanden hatte, was er wusste, und bereit war, es wieder zu tun.
»Korven!«, grüßte Garak mit nahezu väterlich warmem Ton. »Lange nicht gesehen.«
Korven erwiderte nichts. Er rührte sich auch nicht. Stattdessen starrte er Garak an, als sähe er einen Geist. Er starrte, als wäre Garak von den Toten auferstanden und sei gekommen, ihn heimzusuchen.
»Keine Sorge, ich finde mich schon zurecht.« Garak trat an ihm vorbei ins Innere und warf dann einen Blick zurück zu Korven, der immer noch auf der Türschwelle stand. »Sie werden sich mir doch anschließen, Korven, nicht wahr?«
Kapitel 18
Todmüde saß Keiko da, die Augen geschlossen und den Kopf ein wenig gesenkt. Je weiter dieser Höllentag vorangeschritten war und die langsamen Minuten zu endlos scheinenden Stunden wurden, desto mehr war es ihr vorgekommen, als gäbe es nur noch diesen Saal. Anfangs hatte sie sich noch umsehen und den anderen Ausharrenden durch ihren Blick Zuversicht schenken wollen, doch inzwischen nahm kaum noch jemand die Außenwelt wirklich wahr. So spät war der Abend mittlerweile, und so fest hatte sich das Summen der Lampen hinter ihren Schläfen eingenistet, dass Keiko sich fast fühlte wie in Trance. Sie hatte hier gesessen, die Kinder beobachtet und daran gedacht, wie sie die Leute ermutigt hatte, ihre verbliebenen Familien mit nach Andak zu bringen. Inzwischen waren viele der Kinder erschöpft vor Furcht und dem Zwang, stillsitzen zu müssen. Die ersten hatten sich bereits an ihre Sitznachbarn gelehnt und schliefen. Molly aber war noch wach gewesen, als Keiko sie zuletzt sah – hellwach. Sie hatte die Arme um den Leib geschlungen und zu Boden geblickt.
Mit geschlossenen Augen kam Keiko die Welt sogar noch kleiner vor. Als bestünde sie aus nichts außer zwei Stimmen – einer, die zum Zerreißen gespannt, und einer, die so sanft und warm schien wie ein Regen an einem Frühlingsnachmittag.
»Ich frage mich, ob du viel über Bajor gehört hast, Nyra«, sagte Yevir gerade.
Eine düstere Stille folgte. »Ich hab genug gehört«, erwiderte das Mädchen dann.
»Was denn?«, fragte, nein drängte er nahezu, obwohl sein Tonfall der gleiche blieb. »Was weißt du über uns?«
»Ich weiß zum Beispiel von Ihrem Aberglauben. Dem, den Sie herzubringen versuchen. Aber wir
wollen
ihn nicht, verstanden? Cardassia braucht ihn nicht. Es braucht Ihre Lügen nicht!«
Keiko hörte Nyra mit trauriger Verwunderung zu. Wie konnte dieses Kind nur solchen Hass empfinden? Das überstieg ihr Verständnis. Wie konnte jemand so Junges – und Nyra schien ihr noch ein Kind – schon derart verdorben worden sein? Was hatte sie nur an diesen Punkt getrieben, an dem ihr der Sinn nach Chaos und Zerstörung stand?
Keiko selbst hatte schon als Kind Ordnung gemocht. In ihrem Zimmer hatte jedes einzelne Spielzeug seinen festen Platz gehabt. Die Bücher, deren Zahl Jahr um Jahr gewachsen war und schnell die der Spielsachen überstiegen hatte, waren alphabetisch geordnet und in jedes einzelne war sorgfältig Keikos Name geschrieben. Ein Set kleiner Wasserfarbbilder – Landschaftsmotive, die ihre Großmutter ihr zum Geschenk gemalt hatte – hatte in gleichmäßigem Abstand rechts und links des großen Wandspiegels gehangen.
»Wie bedauerlich, dass das alles sein soll. Hat man dir nie erzählt, wie Bajor aussieht? Seine Flüsse, seine Wasserfälle? Dass es in unseren Städten Gärten zwischen den Häusern gibt und in den Gärten Seen?«
»Wenn Bajor so perfekt ist, warum gehen Sie nicht dorthin zurück?« Scharf, wütend, skeptisch. Nah am Zusammenbruch. »Warum sind Sie hier?«
Es hatte eine Phase in ihrer ansonsten so geordneten Jugend gegeben, in der sich Keiko an einer Sache gerieben hatte, einer, die ihren Hang zur Klarheit störte. Eine Zeit lang – länger, als sie heute zugab – hatte Keiko nicht gewusst, was sie werden wollte. Wann immer die Leute sie gefragt hatten – und es hatte viele gegeben, die sich für die
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