St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau
über die Sitten dieser Familie lustig machen und sich erst recht nicht auf Romans Seite schlagen. Doch Ehrlichkeit war ihr das oberste Gebot. »Die Sage vom Brautsucher und die Vorstellung, dass ein Mann und eine Frau füreinander bestimmt sind, mag sich zwar recht romantisch anhören, aber nein, glauben kann ich daran nicht, widerspricht so etwas doch jeder Vernunft.«
Einmal angefangen, tat sie auch gleich ihre ganze Meinung kund: »Ich kann auch nicht einsehen, warum der arme Marius nicht bei einer anderen sein Glück finden könnte oder warum Roman versagt bleiben soll, seine reiche Gräfin zu heiraten.«
Die anderen St. Legers sahen sich bestürzt an, und Madeline glaubte jetzt, zu wissen, wie sich jemand fühlte, der vor die Inquisition geschleppt worden war. Nur Roman lachte triumphierend.
»Ah, endlich jemand in dieser zurückgebliebenen Familie, der die Dinge ähnlich sieht wie ich. Mr. Fitzleger hat einen Fehler gemacht. Ich hättet die meine werden sollen, teure Cousine.«
Roman erhob sein Glas in ihre Richtung, und Anatoles Augen blitzten auf. Im nächsten Moment verdrehte sich die Hand des Mannes, und der Wein spritzte in sein Gesicht. Er sprang auf und starrte Anatole wutentbrannt an. »Verdammt sollen Ihr und Eure vermaledeiten Tricks sein. Ich würde Euch sofort zu einem Duell fordern, wenn Euch diese teuflischen Fähigkeiten nicht einen gewissen Vorteil gewährten.«
»Ich bin gern bereit, für eine gewisse Zeit auf sie zu verzichten.«
»Dann werden wir diese Angelegenheit wie Männer behandeln, wenn Ihr dafür nicht zu feige seid!« Der Burgherr erbleichte und fuhr so rasch hoch, dass sein Stuhl umkippte, dann stürmten die beiden Kampfhähne aufeinander zu.
»Reicht Euch dies als Antwort?«, rief Anatole und schlug dem Vetter die Faust ins Gesicht.
Roman prallte gegen den Tisch, und Gläser und Geschirr flogen durch die Gegend. Madeline war entsetzt und bekam nur am Rande ihres Bewusstseins mit, wie Yves sie in Sicherheit zu bringen versuchte.
Der Geschlagene hatte die Chance genutzt und eines der Tranchiermesser von der Tafel an sich gebracht. Die Braut schrie auf, als er sich damit auf ihren Mann stürzte. Anatole bekam das Handgelenk des Mannes zu fassen, und die Klinge verfehlte seinen Hals. Die beiden rangen miteinander und krachten gegen den Kamin. Schüreisen fielen klirrend zu Boden.
Ein paar Sekunden später hatten die anderen St. Legers sich gefasst und bemühten sich nun, die beiden Männer auseinander zu bringen. Dennoch bedurfte es der vereinten Bemühungen von Hadrian, Zane und Caleb, Anatole zurückzureißen und fest zu halten, während Marius und Frederick Roman das Messer entwanden. »Um der liebe Gottes Willen, Gentlemen!«, rief der Reverend. »Hört sofort damit auf, oder habt Ihr vergessen, dass eine Lady anwesend ist.«
Madeline fürchtete schon, dass Fitzlegers Worte nichts bewirken würden. Anatoles Zopf hatte sich während des Kampfs gelöst, und das lange schwarze Haar hing ihm ins Gesicht, während er darum rang, sich aus dem Griff der Männer zu befreien.
Doch dann blickte er kurz in ihre Richtung. Ein Schaudern ging durch ihn, und er entspannte sich.
Romans Messer fiel klappernd auf den Boden. Die beiden ließen ihn los, und er machte sich sofort daran, sein Haar zu richten.
Ein unangenehmes Schweigen senkte sich über den Raum, und Madelines Herz klopfte laut. Sie zitterte am ganzen Körper und verstand überhaupt nicht, was soeben hier geschehen war.
Doch dann bemerkte sie etwas, das durchaus einen Sinn ergab.
»Anatole, Euer Arm!«
Er blickte unbewegt auf seinen blutenden Ärmel. Hadrian starrte entsetzt auf die Wunde. Die anderen St. Legers zeigten sich ebenfalls zutiefst schockiert. »Ach herrje«, rief Roman in gespieltem Entsetzen. »Jetzt habe ich es doch tatsächlich getan, das Blut eines anderen St. Legers vergossen. Damit bin ich wohl dem Untergang geweiht, was?«
»Haltet endlich den Mund!«, fuhr der Captain ihn an. Madeline erwachte aus ihrer Erstarrung, sammelte ein paar Servietten vom Tisch auf und rief, dass man ihr heißes Wasser bringen solle.
Dann wollte sie Anatole aus seinem Rock helfen, doch der wandte sich unwirsch ab. »Lasst nur, das ist nichts«, murmelte er. »Ich möchte mir die Wunde wenigstens ansehen«, beharrte sie.
»Nein, es ist genug.« Damit kehrte er ihr den Rücken zu.
»Bitte, Anatole, ich möchte doch nur -«
»Schluss. Diese Gesellschaft hat gerade ihr Ende gefunden.
Ihr dürft Euch zurückziehen,
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