St. Leger 03 - Die Nacht der Feuerfrau
begrüßen, und ich ziehe dich zu mir aufs Pferd.«
»Ja, sicher, richtig, aber das hier ist nicht Vulkan.«
»Du bist ja eine ganz Blitzgescheite.« Kate sah ihn unsicher an. Machte er sich etwa über sie lustig? Das würde er doch nie wagen! »Wo hast du dieses wilde Ross denn her?« »Habe ihn heute Morgen gekauft. Bei meinem Vetter Caleb. Gefällt er dir nicht?«
»Doch, er ist großartig. Aber hättest du dir das nicht besser überlegen sollen?« »Warum?«
Warum? Die junge Frau starrte ihn an, weil sie nicht glauben konnte, dass sie ihm das erklären musste. Val war sich seiner Verletzung doch in jedem Moment bewusst gewesen.
»Du glaubst wohl, ich käme mit so einem Tier nicht zurecht, was. Meinst gar, so ein unbezähmbares Ross sei nur etwas für meinen Bruder, oder?« »Naja, ich-«
»Dann will ich dir mal was verraten: Früher verstand ich mich sogar sehr gut aufs Reiten, war im Sattel besser als Lance. Vielleicht möchtest du eine kleine Vorführung?«
»Nein, Val, bitte nicht. Du musst dich nicht vor mir beweisen - »Der Rest ihrer Worte ging in Hufedonnern unter. Der Arzt hatte dem Pferd die Sporen in die Flanken getreten.
Kate konnte sich nur noch verzweifelt an Val festhalten, denn schon ging es in wilder Jagd hinauf zum Schieferhaus. Der Hengst entpuppte sich immer mehr als ausgezeichnetes Tier. Unter anderen Umständen hätte ein solcher Ritt sie begeistert. Aber jetzt fürchtete sie um Vals kaputtes Knie.
Ihre Furcht wuchs zur Panik, als das Ross nicht das offene Tor, sondern die Gartenmauer ansteuerte. Da würden sie nie hinüberkommen. Dafür waren Vals Knie zu schwach, der Hengst zu bockig und sie selbst ein zu großes zusätzliches Gewicht.
»Val, neiiiin!«, kreischte sie, aber er beugte sich mit der Miene eines Besessenen vor, und die Steinmauer raste auf sie zu.
Kate schlang die Arme um seinen Hals und schloss die Augen. Als das Pferd in die Luft sprang, machte ihr Magen einen Satz. Für einen Moment fühlte sie sich schwerelos, und dann ging es auch §chon wieder nach unten. Die Hufe landeten hart auf dem Boden, und Kate durchfuhr es von Kopf bis Fuß. Für einen Moment befürchtete sie, dass sie alle drei stürzen, übereinander rollen und sich Knochen und Genick brechen würden. Aber irgendwie gelang es dem Arzt, sowohl das Pferd sicher aufkommen zu lassen als auch Kate festzuhalten. Die junge Frau öffnete die Augen und entdeckte, dass sie sich mitten auf dem Hof des Cottages befanden. Nur ihr rasend schlagendes Herz erinnerte noch an den mörderischen Ritt.
»Wie hat dir das gefallen?«, flüsterte Val ihr ins Ohr. »Möchtest du noch eine Runde?« »Nein!«, krächzte die junge Frau. Sie löste die Arme von seinem Hals und richtete sich halbwegs auf, um ihn wütend anzustarren.
»Verdammt noch mal, Val! Was, zum Donnerwetter, ist bloß in dich gefahren? Wie konntest du nur - wir wären beinahe - du hättest -«
Kate ging auf, dass sie Val noch nie wegen so etwas Vorwürfe gemacht hatte. Üblicherweise tadelte er ihren Übermut. Deswegen fiel es ihr auch jetzt so schwer, die richtigen Worte zu finden. In ihrem Verdruss schlug sie ihm mit der Faust auf die Brust.
»Verdammt, setz mich ab! Lass mich einfach nur hinunter!«
Der Arzt zog belustigt die Brauen hoch, zuckte dann die Schultern und hob Kate schließlich aus seinem Sattel. Die junge Frau atemte erleichtert aus, als sie wieder festen Grund unter den Füßen hatte. Sie fühlte sich verletzt und durcheinander - nicht so sehr von dem Ritt als vielmehr von Vals unerklärlichem Verhalten. Kate schlang die Arme um sich, um ihr Zittern zu überspielen. Der Arzt sprang aus dem Sattel und trat zu ihr, hob mit zwei Fingern ihren Kopf an, und sie musste ihn ansehen. Doch als er dann sprach, hörte sie wieder seine freundliche Stimme. Und auch seine Augen strahlten warm wie früher.
»Verzeih mir, Kate. Ich wollte dir keinen Schrecken einjagen, obwohl ich gestehen muss, dass ich eine gewisse ausgleichende Gerechtigkeit darin erkenne. Wie oft hast du mich früher zu Tode erschreckt, mein wildes Mädchen?« »Ja, aber -« Sie verstumme, als sie etwas Neues bemerkte. Und das, als habe jemand einen Eimer Wasser über ihr ausgekippt. »D-dein Bein ...« brachte sie hervor. »Ja, stell dir vor, ich habe zwei davon. Die beiden bilden ein hübsches Paar, was?«
Die junge Frau presste eine Hand an den Mund und konnte kaum glauben, was sie eben gesehen hatte. »Lauf bitte noch einmal auf mich zu«, forderte sie ihn auf. Val gehorchte
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