ST - New Frontier 5: Ort der Stille
feuerroter Haut. Xyon erkannte sofort, dass er es mit einem Thallonianer zu tun hatte.
»Man hat Sie aufgefordert, zu gehen«, sagte der Thallonianer. »Ich schlage vor, dass Sie es möglichst schnell tun.«
»Wer sind Sie?«
»Jemand, der hier willkommen ist. Im Gegensatz zu Ihnen. Also sollten Sie jetzt gehen.«
»Und Sie sind ebenfalls nicht bereit, die Warnung vor einer Gefahr ernst zu nehmen?«
»Ich versichere Ihnen, junger Mann, dass Sie nichts wissen, was mir nicht längst bekannt ist«, entgegnete der Thallonianer voller Verachtung. »Und jetzt verschwinden Sie!«
»Vielleicht sollten Sie mich mit Riella darüber reden lassen«, sagte Xyon. »Schließlich ist sie diejenige, der eine Gefahr droht, roter Mann. Nicht Ihnen. Ich könnte …«
Xyon hatte nie zuvor erlebt, dass sich jemand so schnell wie der Thallonianer bewegte. Bevor er wusste, wie ihm geschah, lag er am Boden und spürte einen heftigen Schmerz in der Brust, wo der Schlag des Thallonianers ihn getroffen hatte. Xyon schnappte nach Luft, aber er widerstand dem Drang, sich die schmerzende Brust zu reiben, um sich keine weitere Blöße zu geben.
Der Thallonianer hingegen schien sich überhaupt nicht bewegt zu haben. Offensichtlich war er ein ausgebildeter Kämpfer. Xyon ärgerte sich, dass er so unvorsichtig gewesen war. Wenn der Mann ein Messer in der Hand versteckt hätte, wäre Xyon jetzt tot, statt einfach nur gedemütigt und mit schmerzenden Rippen auf dem Boden zu hocken.
Anscheinend waren dem Thallonianer diese Dinge ebenfalls bewusst, denn er sagte: »Danken Sie dem Schicksal, dass Ihnen nichts Schlimmeres widerfahren ist, junger Mann. Sie sollten Ihr Glück nicht überstrapazieren. Haben Sie mich verstanden?« Ohne auf eine Antwort zu warten, schloss er die Tür, und diesmal versuchte Xyon nicht, es zu verhindern.
»Idioten!«, brummte er. Dann stand er auf, klopfte sich den Staub von der Kleidung und sah sich noch einmal genau das Haus an, um nach einer Möglichkeit zu suchen, sich hineinzuschleichen.
In diesem Moment nahm sein feines Gehör wahr, wie hinter dem Haus etwas auf dem Boden aufschlug. Das Geräusch verriet ihm, dass es schwer genug war, um ein humanoider Körper zu sein. Es war sogar mit hoher Wahrscheinlichkeit ein humanoider Körper. War es möglich, dass der Thallonianer und die Frau Riellas Leiche aus einem Fenster geworfen hatten? Gaben sie sich der Illusion hin, dass niemand etwas bemerken würde? Waren Sie wirklich so dumm?
Dann hörte er ein leises Stöhnen. Vielleicht war es gar keine Leiche, sondern ein lebender Körper – oder ein noch lebender Körper. Damit ließe sich dem Thallonianer und der »Mutter« bestenfalls ein »versuchter Mord« vorwerfen. Was die Sache nicht unbedingt besser machte.
Es folgten ein Ächzen und scharrende Geräusche, die ihm verrieten, dass der Körper sogar noch äußerst lebendig sein musste. Die betreffende Person schien auf die Beine zu kommen und von hier weg zu wollen.
Xyon wagte sich auf die Rückseite des Hauses. Er bewegte sich mit großer Vorsicht, obwohl er verständlicherweise sehr neugierig war, was er dort vorfinden würde. Er hatte jedoch bereits einen leisen Verdacht. Und als er sich dem Ursprung der Geräusche näherte, wurde sein Verdacht bestätigt.
Von einem Fenster auf der hinteren Seite des Hauses hing eine Art Seil, das offenbar aus behelfsmäßig zusammengeknoteten Bettlaken bestand. Es reichte nicht ganz bis zum Boden, doch die verbleibende Strecke von vielleicht zwei Metern konnte überwunden werden, indem man sich einfach fallen ließ. Dem Geräusch und der aufgewühlten Erde zufolge war die Landung nicht sehr elegant gewesen. Erdklumpen lagen überall verstreut und er konnte sehen, dass der Körper deutliche Abdrücke im Boden hinterlassen hatte.
Er nahm die Person flüchtig wahr, als sie vom Haus fortlief. Es war eine Frau. Sie humpelte leicht, und er hoffte, dass sie sich nicht allzu schwer verletzt hatte. In der Umgebung standen die Gebäude verhältnismäßig nahe beieinander, sodass sie bald in einer Gasse zwischen zwei anderen Häusern verschwunden war. Doch um ihn abzuschütteln, hätte sie sich viel mehr anstrengen müssen. Voller Zuversicht nahm er die Verfolgung auf und hoffte, dass sich seine Zuversicht nicht als Illusion erwies.
Riella war noch nie so schnell gerannt.
Sie hatte zahlreiche Spaziergänge in der Umgebung unternommen, die ihren verhältnismäßig kleinen Lebenskreis darstellte. Sie kannte jeden Weg und jeden Strauch.
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