ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
fertigzustellen.
Als sein eigener Name an der Reihe war, übersprang er ihn.
SIEBZEHN
1932
Lynn Dickinson ging zum Anfang der letzten unbepflanzten Furche. Der Stoffsack über ihrer Schulter war so viel leichter, nun da sie den Großteil des Inhalts verbraucht hatte. Sie konnte nicht glauben, dass sie heute endlich damit fertig werden würde, die Samen auszusäen – spät, aber nicht
zu
spät. In diesem Jahr hatte das Aussäen länger als üblich gedauert, obwohl sie und Phil bereits im Februar anfingen, das Land vorzubereiten. Doch als sich Mamas Gesundheit verschlechtert hatte –
äußerst
schlecht –, war Lynn keine andere Wahl geblieben, als nach Pepper’s Crossing raufzufahren, um sich um sie zu kümmern. Sie und Phil hatten sich wegen der Aussaat gesorgt und darüber nachgedacht, erst danach zu fahren, aber Lynn hatte befürchtet, dass Mama den Sommer nicht mehr erleben würde. Wie sich herausstellte, erlebte sie nicht einmal mehr den Frühling.
Nun, nur ein paar Monate nach diesem letzten Besuch in Pepper’s Crossing, sah Lynn das Bild ihrer sterbenden Mutter immer noch vor sich. Sie schüttelte den Kopf, als könnte sie es auf diese Weise abschütteln und für immer loswerden. Doch das Bild wollte nicht verschwinden, also versuchte sie einfach, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Sie griff in den Sack und nahm eine Handvoll der verbliebenen Baumwollsamen heraus. Die flaumigen Kerne fühlten sich gleichzeitig weich und stachelig an. Sie beugte sich vor, um die Samen in der schmalen Furche zu verteilen, doch plötzlich ließen Tränen ihre Sicht verschwimmen. Das geschah in letzter Zeit öfter, wenn sie an ihre Eltern dachte.
Das reicht
, schalt sie sich selbst und stellte sich wieder aufrecht hin. Sie versuchte sich daran zu erinnern, dass es eigentlich keinen Grund zum Weinen gab. Mama war schon sehr lange krank gewesen und hatte große Schmerzen gehabt. Tatsächlich war sie schon bereit gewesen, ihrem Schöpfer entgegenzutreten, seit ihr Mann – Lynns geliebter Pa – vor fünfzehn Jahren im Saluda River ertrunken war. Damals war Mama stark geblieben und hatte ihre Teenagertochter allein großgezogen, aber sie hatte nie aufgehört, ihren Mann zu vermissen.
Lynn hatte ebenfalls nie aufgehört, ihn zu vermissen. Wie sie so allein auf dem südlichen Feld stand, musste sie plötzlich an ihre Kindheit denken, an die Tage, die ihre kleine Familie im Farmhaus von Pepper’s Crossing verbracht hatte. Sie rief sich ins Gedächtnis, dass ihre Eltern endlich wieder vereint waren, seit Gott Mama zu sich geholt hatte. Sie lebten jetzt wieder glücklich zusammen, nur eben nicht auf der Erde. »Du weinst nur um dich selbst, Mädchen«, sagte sie.
Lynn warf die Baumwollsamen zurück in den Sack und wischte sich die Tränen weg. Dann rückte sie ihren großen Strohhut auf ihrem Kopf zurecht und starrte die letzte Furche entlang. Sie erstreckte sich in Richtung der östlichen Seite des Tals. Die Sonne hatte den Morgennebel bereits aufgelöst, und die Temperatur war merklich angestiegen. Schwere Feuchtigkeit hing in der Luft, und lückenhafte Wolken versprachen für den Nachmittag Gewitterschauer.
Dieser Gedanke brachte wieder Bewegung in Lynn. Sie wollte mit der Aussaat fertig werden, bevor der Regen anfing. Sie griff erneut in den Sack und zog wieder eine Handvoll Baumwollsamen heraus. Dann ging sie an der Furche entlang und ließ sie in die Erde fallen. Als sie endlich das Ende der Reihe erreicht hatte, stapfte sie zur Scheune hinüber, wo sie Piedmont anschirrte und sie dann zurück zum südlichen Feld brachte. Dort führte Lynn das Maultier zwischen den frisch bepflanzten Furchen entlang. Das flache Brett, das das Tier hinter sich herzog, sorgte dafür, dass die Samen mit einer dünnen Schicht Erde bedeckt wurden. Nachdem sie die Hälfte des Feldes auf diese Weise bearbeitet hatten, zogen in der Ferne dunklere Wolken auf und brachten Blitz und Donner mit sich.
Lynn brauchte bis zum späten Nachmittag, bis sie endlich fertig war, doch sie schaffte es, Piedmont zurück in die Scheune zu bringen, bevor die ersten Regentropfen fielen. Während sie mit einer Heugabel Heu in den Stall des Maultiers beförderte, kam der Donner immer näher, und bald darauf goss es in Strömen. Der sintflutartige Regen trommelte laut auf das Dach der Scheune. Lynn nutzte die Zeit, um die anderen Tiere zu füttern – Pferde, Ziegen, Milchkühe und Hühner –, und striegelte dann Piedmont.
Danach stand sie am großen
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