ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
beschloss, ihn in dieser Angelegenheit nicht zu bedrängen. Nicht bis sie von Angesicht zu Angesicht miteinander reden konnten. Als Len die Eier fertig gebraten hatte, holte er die Teller vom Tisch und verteilte den Inhalt der Pfanne. Dann fügte er den Speck hinzu. Als er das Frühstück an den Tisch brachte, sprach er, bevor Phil etwas sagen konnte.
»Ich werde den Arzt bezahlen«, verkündete er. »Sobald ich das Geld zusammen habe.«
»Ich bin froh, das zu hören«, sagte Phil. »Denn das bedeutet, dass du ihm bereits heute etwas geben kannst.« Er griff in seine Hosentasche und zog die vier Halbdollarmünzen heraus, die er aus der Holzkiste im Schlafzimmer genommen hatte. Er ließ sie für einen Moment in der hohlen Hand klimpern und warf sie dann auf den Tisch. Eine der Münzen rollte ein Stück über die hölzerne Fläche, bevor sie ins Trudeln geriet und auf der Seite landete.
»Phil, ich weiß das Angebot zu schätzen«, sagte Len. »Aber ich kann es nicht annehmen.«
»Du kannst es sehr wohl annehmen«, erwiderte Phil. »Du
wirst
es annehmen.« Obwohl er und Lynn nichts über Len McCoy gewusst hatten, als er vor fast zwei Wochen an ihrem Haus vorbeigehumpelt war, hatte Lynn den Arzt geholt, und sie boten dem Fremden nun eine Unterkunft. Soweit es Phil betraf, machte sie das für ihn verantwortlich. Er hatte es Lynn noch nicht gesagt, aber er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie dasselbe dachte.
»Hör zu«, sagte Len, in dessen Stimme nun Verärgerung mitschwang. »Das sind meine Schulden, nicht deine …«
»Len, Len«, beruhigte Phil ihn und hob beschwichtigend die Hände. »Ich wollte dich damit nicht beleidigen.«
»Womit wolltest du ihn nicht beleidigen?«, fragte Lynn. Phil drehte sich auf seinem Stuhl um und sah sie in der Tür stehen. Sie hatte sich ebenfalls noch nicht für die Kirche angezogen, und Phil vermutete, dass sie nach dem Frühstück im Stall arbeiten wollte.
»Ich wollte Len zwei Dollar geben, damit er Doc Lyles den Großteil seiner Schulden zahlen kann«, erklärte Phil. Lynns Mund verzog sich zu einem Lächeln. Es geschah ganz langsam, so als könnte sie es nicht zurückhalten, obwohl sie es versuchte. Phil sah diesen Gesichtsausdruck nicht zum ersten Mal bei ihr und wusste, dass seine Geste Len gegenüber sie freute.
»Ich verstehe nicht, wie das irgendjemand als Beleidigung auffassen kann«, meinte sie und trat an den Tisch. »Ist das für mich?«, fragte sie und deutete auf das Frühstück gegenüber von Phils.
»Ja«, sagte Len. Lynn setzte sich und machte sich ohne ein weiteres Wort über das Essen her. Len sah aus, als wüsste er nicht recht, wie er reagieren sollte. Phil wusste, dass Lynn schon viele Männer auf diese Weise zum Schweigen gebracht hatte. Len trat wieder zum hinteren Fenster und starrte hinaus.
Für eine Weile sagte niemand etwas, doch dann fragte Lynn: »Willst du nicht frühstücken, Leonard?«
»Ich habe bereits eine Kleinigkeit gegessen, danke«, erwiderte er, ohne sich umzudrehen. Dann schien er sich zu sammeln und kam zurück an den Tisch. »Es ist nicht so, dass ich undankbar wäre«, erklärte er. »Ganz im Gegenteil: Ich bin
äußerst
dankbar. Aber ihr zwei habt mich bereits aufgenommen, mir medizinische Behandlung besorgt, mir Nahrung gegeben … Ich will nicht auch noch euer Geld nehmen.«
»Dann ist es ja gut, dass es hier nicht darum geht, was du willst«, sagte Lynn. »Es geht darum, was für uns und Doktor Lyles und die ganze Stadt richtig ist.«
»Wie meinst du das?«, wollte Len wissen. Er wirkte von Lynns Behauptung so wenig überzeugt, wie Phil sich fühlte.
»Der Doktor ist ein guter Mann«, sagte Lynn. »Ein guter Christ. Er nimmt für seine Dienste kein Geld von Leuten, die es sich nicht leisten können. Aber wenn ihn nie jemand bezahlt, wird er vielleicht nicht in Hayden bleiben können. Und die Stadt braucht einen Arzt.« Phil konnte sich nicht vorstellen, dass Doktor Lyles wegziehen würde. Er lebte bereits seit vielen Jahren in Hayden und hatte einige Kinder entbunden, die mittlerweile erwachsen waren. Aber Lynns Argument klang gut.
»Nun …«, sagte Len.
»Bitte nimm das Geld«, bat Lynn. Sie legte die Gabel auf den Tellerrand, streckte eine Hand aus und schob die vier Münzen in Lens Richtung. Phil war gar nicht bewusst gewesen, dass sie sie auf dem Tisch entdeckt hatte. »Wenn es dir so wichtig ist«, fügte sie hinzu, »kannst du das Geld einfach auf dem Hof abarbeiten.«
»Ihr habt mich bereits elf Tage
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