ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
gehabt und damit niemandem geschadet.
Lynn drehte den Kopf und sah ihn an. »Du hättest gar nichts sagen müssen«, meinte sie.
»Ach nein?«, schoss Phil zurück. »Als Becky Jensen gefragt hat, woher wir Len kennen, hätte ich sie also einfach ignorieren sollen, als ob sie nichts gesagt hätte?«
»Nun, nein«, räumte Lynn ein. »Aber …«
»Hätte ich ihr die Wahrheit sagen sollen?«, wollte Phil wissen. »Hätte ich sagen sollen, dass es sich bei Len um einen Landstreicher handelt, der in der Nähe aus einem Zug gesprungen ist und den wir nun bei uns wohnen lassen? Was, glaubst du, würde sie davon wohl halten?« Lynn ließ die verschränkten Arme sinken, und ihre Hände bewegten sich unruhig in ihrem Schoß. Als sie nicht antwortete, sagte Phil: »Ich frage dich das allen Ernstes. Was würde Becky Jensen deiner Meinung nach davon halten?«
»Nun ja, vielleicht hätte sie kein Problem damit«, brachte Lynn heraus, doch Phil wusste, dass sie das selbst nicht glaubte.
»Vielleicht hätte sie kein Problem damit?«, wiederholte Phil. »Sie spricht immer noch nicht mit Mister Henderson von der Bank, und er lebt schon seit zehn Jahren in der Stadt.«
Lynn brummte zustimmend. »Du hast recht«, gab sie zu. Dann hielt sie ihm jedoch das neunte Gebot vor. »Aber du sollst nicht falsches Zeugnis ablegen wider deinen Nächsten.«
»Ich weiß, ich weiß«, sagte Phil. »Aber ich habe nicht behauptet, Len sei mein Cousin, um damit jemandem zu schaden oder weil ich mir einen persönlichen Vorteil davon versprochen habe. Ich weiß nicht, wie lange Len in Hayden bleiben wird, aber es sieht so aus, als hätte er vorerst nicht vor, weiterzuziehen. Ich habe gesagt, dass er mein Cousin ist, um ihm das Leben hier zu erleichtern und auch den Leuten in der Stadt den Umgang mit ihm einfacher zu machen. Ist das wirklich so falsch?«
»Nein, ich schätze nicht«, gab Lynn zähneknirschend zu.
»Außerdem«, fügte er hinzu, »hast du gerade auch gelogen.«
»Was?«, entfuhr es ihr und sie schlug ihm leicht gegen den Arm. »Das habe ich nicht.«
»Doch das hast du«, widersprach Phil. »Ich habe dich gefragt, was los ist, und du hast gesagt, es sei nichts. Aber eigentlich warst du wütend.«
»Ich wollte an einem Sonntagabend einfach nicht streiten.«
»Ich weiß«, sagte Phil. »Das ist schon in Ordnung. Ich meine ja nur, dass wir manchmal bestimmte Dinge sagen, um uns und anderen das Leben ein bisschen zu erleichtern. Ich denke wirklich nicht, dass man damit gegen das neunte Gebot verstößt.«
»Vielleicht nicht«, stimmte Lynn zaghaft zu.
»Wenn außerdem alle Menschen Brüder sind«, fuhr er fort und berief sich damit auf eine Botschaft, die Pastor Gallagher oft predigte, »dann müssen Len und ich doch auch irgendwie verwandt sein.«
»Oh«, machte Lynn und schubste ihn spielerisch. Er rollte sich schnell auf ihre Seite des Bettes und drückte ihr einen Kuss auf die Schulter. »Du solltest besser damit aufhören«, warnte sie und schlug ihm leicht auf den Rücken. »Wenn wir alle zu Gottes Familie gehören, müssen du und ich Bruder und Schwester sein«, scherzte sie.
Phil küsste seinen Weg an ihrem Hals hinauf und hielt nach jedem Kuss inne, um zu widersprechen. »Das … glaube … ich … nicht.« Sein Mund fand den ihren, und er küsste sie auf eine Weise, die wohl niemand als brüderlich bezeichnen würde.
»Damit hast du vermutlich recht«, sagte Lynn, als sich ihre Lippen wieder trennten. Phil sah in ihre wunderschönen blauen Augen. Sie waren ihm damals als Erstes an ihr aufgefallen und hatten ihn sofort in ihren Bann gezogen. »Lösch das Licht«, sagte sie.
Phil tat es.
Das Modell A – so hatte Phil es genannt – raste die Tindal’s Lane sogar noch schneller entlang als gestern, als McCoy zusammen mit Lynn und Phil auf dem Weg in die Stadt gewesen war. McCoy klammerte sich mit der einen Hand an der Oberseite der Tür und mit der anderen an der Kante des Sitzes fest, während der Laster über die Unebenheiten der Straße ruckelte. Sein Haar wurde von der kühlen Abendbrise, die durch die offenen Fenster hereinwehte, um seinen Kopf gewirbelt. Der rechte Vorderreifen versank in einem besonders tiefen Schlagloch, und für eine Sekunde dachte McCoy, sein Kopf würde gegen das Dach knallen.
»Tut mir leid«, rief Phil über den Wind, der durch die Kabine fegte. Seine Füße tanzten über die Pedale, und er bewegte die Metallstange, die aus dem Boden des Fahrzeugs ragte. Das Auto verlangsamte mit einem
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