ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
schwarzen Glanz
vertauschen,
Denn süßer ist sich im Verlust berauschen
Und mit dem Tode Brüderschaft zu trinken,
Als dass der Spott der siegsbewussten Stunden
Verhöhnt die späte Frucht, der Liebe Pfand:
»Seht ihn, der Liebe und Vernunft gekannt,
Doch Lieb und Kummer sind dahingeschwunden!«
– Alfred, Lord Tennyson
In Memoriam A.H.H
., I
ACHTUNDZWANZIG
1934
Auf seinem Weg zurück zum Laster blieb Phil stehen und starrte über die Motorhaube auf die sonnenüberfluteten Felder hinaus. Der Anblick ließ ihn in der Hitze des Nachmittags den Kopf schütteln, wie er es in diesem Sommer schon oft getan hatte. Selbst nachdem er monatelang auf diese kahle Öde geschaut hatte, fiel es ihm immer noch schwer, zu akzeptieren, was er sah. Zu dieser Zeit des Jahres, im September, wäre die Baumwolle normalerweise bereit zur Ernte gewesen. Die geraden Reihen hüfthoher grüner Pflanzen, zwischen denen ebenso gerade Erdwälle verliefen, hätten von vielen kleinen weißen Baumwollblüten unterbrochen werden müssen, die aus den Samen schossen.
Stattdessen sah Phil nur eine plane, triste Erdfläche.
Unsere Lage könnte schlimmer sein
, sagte er sich, als er in das Fahrerhaus des Modell A kletterte. Er wiederholte diesen Satz, diesen Gedanken, bereits seit Februar, als er und Lynn das Feld
nicht
auf die Aussaat vorbereitet hatten. Er wusste auch, dass es stimmte, doch das machte die Umstände für ihn nicht leichter.
Phil startete den Laster und fuhr auf der Tindal’s Lane Richtung Stadt. Letztes Jahr um diese Zeit wäre er an einem solchen Freitagnachmittag entweder auf dem Feld bei der Baumwollernte oder in der Mühle gewesen. Doch das Leben hatte sich in den letzten paar Jahren verändert, besonders in diesem Jahr. Der Börsenkrach von 1929 war in den Vereinigten Staaten der Beginn eines neuen Zeitalters gewesen, auch wenn die schlimmsten Auswirkungen der Wirtschaftskrise eine Weile gebraucht hatten, um die ländlichen Gegenden South Carolinas zu erreichen. Doch nun waren sie auch dort angekommen.
Es könnte schlimmer sein
, dachte Phil wieder. In Kansas und Oklahoma, in Colorado, New Mexico und Texas und in so vielen anderen Staaten war es nicht nur unmöglich geworden, Landwirtschaft zu betreiben, man konnte dort nicht einmal mehr leben. Phil las die Zeitung aus Greenville, die einmal die Woche nach Hayden geliefert wurde, und wusste von den Staubstürmen und Dürren, die das Herz des Landes seit 1931 plagten. Ackerland, das zu oft umgepflügt worden war, Weideland, das zu viele Viehherden ernährt hatte, dazu noch wenig Regen und hohe Temperaturen. All das hatte dazu geführt, dass nun Sandstürme über ehemals fruchtbaren Boden zogen.
Es wäre schon schlimm genug, wenn die Ernte eingeht
, überlegte Phil,
aber zu ersticken, während man atmet
… »Dust Bowl« – die Staubschüssel – wurde diese Gegend genannt. Und das aus gutem Grund: Vor zwei Jahren hatte es dort mehr als ein Dutzend Stürme gegeben, im vergangenen Jahr sogar mehr als
drei
Dutzend. In diesem Jahr folgte dann die schlimmste Dürre, die Amerika je erlebt hatte. Die Winde der Great Plains, die sich auf den weiten offenen Flächen ungehindert fortbewegen konnten, rissen die trockene Erde mit sich, die nicht länger von Feldpflanzen oder anderer Vegetation festgehalten wurde. Gewaltige Staubwolken verdunkelten meilenweit den Himmel, der manchmal erst nach Tagen wieder zum Vorschein kam. Phil hatte in der Zeitung Bilder von Staubbergen gesehen, die wie Schneeverwehungen in der Landschaft lagen. Die Nachrichtenberichte besagten, dass kein Haus genug Schutz gegen den Staub bot und selbst nasse Laken vor den Fenstern oder Tücher, die man in die Türritzen stopfte, nichts nützten. Die Menschen konnten nichts essen, ohne knirschenden Sand und den Geschmack von Erde im Mund zu haben, und manchmal atmeten sie durch feuchte Tücher, um ihre Münder und Lungen staubfrei zu halten. Außerdem starben ständig Leute an vom Staub hervorgerufenen Lungenentzündungen, besonders die sehr alten und die sehr jungen.
Zehntausende waren bereits geflohen, und weitere würden noch folgen. Die meisten von ihnen zogen Richtung Westen und nahmen so viele ihrer Besitztümer mit, wie sie tragen konnten. Sie suchten nicht mehr als einen klaren Himmel, Löhne, die zum Überleben reichten, und eine Möglichkeit, ihre Familien mit Nahrung zu versorgen. Doch es gab einfach nicht genug Arbeitsplätze.
»Das hätte auch mir passieren können, hätte der gnädige Gott es
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