ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
ihm nur wenig Zeit blieb, um Phil davon abzuhalten, dem Militär beizutreten.
Als McCoy auf die Church Street abbog, bemerkte er, wie still es in der Stadt war. Er hatte niemanden im Park oder auf den Bürgersteigen gesehen, und die Straße vor ihm war ebenfalls leer. Wahrscheinlich hatten alle die aktuellsten Nachrichten gehört und saßen jetzt vor ihren Radios, um auf mehr Informationen zu warten.
Lynns panischer Anruf hatte McCoy zwar ein wenig erschreckt, aber er konnte nicht behaupten, dass ihn Phils Reaktion überraschte. Viele Stadtbewohner waren mittlerweile davon überzeugt, dass die Vereinigten Staaten in den Krieg eintreten sollten, und Phil gehörte zu denjenigen, die es am lautesten forderten. Obwohl er nie eindeutig die Absicht geäußert hatte, sich bei Kriegseintritt freiwillig den amerikanischen Streitkräften anzuschließen – zumindest nicht in McCoys Anwesenheit –, hatte er keinen Zweifel daran gelassen, dass er seinem Land dienen würde, falls man ihn einberufen sollte.
Den Meldungen im Radio nach zu urteilen, war das Wehrpflichtgesetz bereits vom Kongress angepasst und die Altersgruppe für die Einberufung auf achtzehn bis fünfundvierzig Jahre erweitert worden. In diesem Fall wäre der dreiundvierzigjährige Phil ohnehin zum Militärdienst verpflichtet.
McCoy erreichte die Tindal’s Lane und bog auf die Lehmstraße ab, die man im Gegensatz zu den vier Hauptstraßen im Stadtzentrum noch nicht asphaltiert hatte. Nur ein paar Minuten später erreichte er Lynns und Phils Hof. Zum Glück stand ihr Laster ebenfalls dort, was bedeutete, dass Phil noch da war. McCoy stieg aus dem Auto und lief die Stufen zur Eingangstür hinauf. Er klopfte zwar an, wartete aber nicht, bis ihn jemand hereinbat, sondern öffnete gleich die Tür und trat ins Wohnzimmer. »Lynn?«, rief er. »Phil?« Er hielt inne. Nicht weil er eine Antwort erwartete, sondern weil er glaubte, dass er Lynn und Phil vielleicht streiten hören würde. Doch stattdessen herrschte im ganzen Haus eine unheimliche Stille.
Besorgt ging McCoy in den Flur. Er wartete einen Moment und rief dann wieder die Namen seiner Freunde. Dieses Mal antwortete Phil. »Hier drinnen, Len«, sagte er. McCoy folgte der Stimme bis ins Schlafzimmer. Die Tür stand einen Spaltbreit offen, und McCoy schob sie vorsichtig weiter auf und warf einen Blick in den Raum.
Auf dem Bett lag ein Koffer. Er war offen, aber voller Kleidung. Lynn saß mit gesenktem Kopf am oberen Ende des Betts und Phil kniete vor ihr auf dem Boden. Er hielt eine ihrer Hände in seinen und sah kurz zu McCoy. »Hi, Len«, sagte er ernst.
»Hi«, erwiderte McCoy. »Lynn hat mich angerufen …« Als er ihren Namen aussprach, hob sie den Kopf. Ihr Gesicht war aufgequollen und ihre Augen gerötet. Sie hatte eindeutig geweint.
»Len, ich fahre nach Greenville«, sagte Phil. »Ich werde mich bei der Armee einschreiben.«
»Halt ihn davon ab, Leonard«, flehte Lynn.
McCoy wusste nicht, was er sagen sollte. Er verstand Lynns Sorge um ihren Mann und ihren Wunsch, dass er bei ihr blieb, damit er in Sicherheit war. Aber er konnte auch nachvollziehen, warum Phil dem Militär beitreten wollte, warum er kämpfen wollte, und zwar um seine Frau, seine Heimat, sein Land und seine Freiheit zu beschützen. »Phil«, sagte er, »bist du sicher, dass du das tun willst?«
»Ich muss es tun«, erwiderte Phil. »Sie wollen die Welt an sich reißen. Wir müssen sie aufhalten.«
»Ich weiß«, sagte McCoy. »Und sehr viele Menschen werden zusammenarbeiten, um genau das zu tun. Nicht nur aus den Vereinigten Staaten, Kanada und Mexiko, sondern auch aus Ländern in Mittel- und Südamerika. Es wird auch ohne dich genügend Soldaten geben. Du hast eine Frau, die dich hier braucht.«
»Ich weiß, aber …« Er schaute zu Lynn, die eine Hand ausstreckte und sanft sein Gesicht berührte.
»Er muss gehen«, flüsterte Lynn so leise, dass man die Worte kaum verstehen konnte. Sie lehnte sich vor und küsste ihn. »Ich will nicht, dass er geht, aber ich bin stolz auf ihn.« Sie sah zu McCoy. »Wirst du ihn nach Greenville bringen?«
»Ja, natürlich«, sagte McCoy, der Lynns Opfer zu schätzen wusste und ihre Stärke bewunderte. »Wir können alle zusammen fahren.«
»Nein«, widersprach Lynn. »Ich bleibe hier.«
»Bist du sicher?«, fragte Phil.
»Du solltest jetzt vielleicht besser nicht allein sein«, meinte McCoy. »Lass mich dich wenigstens zu den Gladdys bringen, damit Beth und Dwight dir Gesellschaft leisten
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