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ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten

Titel: ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David R. George III
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war es ihr gelungen, Kraft aus ihrem Glauben zu schöpfen. Sie vermisste Phil, aber in den vergangenen zwei Jahren hatte sie sich daran gewöhnt, ohne ihn zu leben. Nun musste er wenigstens nicht mehr Tag für Tag seinen Körper und seinen Geist für den Kampf stählen oder sich voller Angst vor Verletzung und Tod in ein Gefecht stürzen. Stattdessen, so glaubte Lynn, lebte er nun in Gottes Reich. Er war nicht mehr bei ihr, aber dafür erfuhr er jetzt nur noch Frieden und Freude. Sie behauptete, mit dieser Vorstellung leben zu können.
    »‚Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal‘«, fuhr der Pastor fort. »‚Fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.‘«
    In den Tagen unmittelbar nach der Nachricht von Phils Tod, waren Lynn und McCoy nicht zur Arbeit in der Mühle gegangen. Er war fast die ganze Zeit über bei ihr geblieben. Manchmal hatte sie sich allerdings zurückgezogen, um allein zu sein. Sie verkroch sich in ihrem Schlafzimmer oder spazierte allein über die Felder zwischen den Baumwollpflanzen entlang, die sich zum Himmel reckten. Was immer sie von ihm brauchte, ob es nun Trost oder Ruhe war, versuchte er, ihr zu geben.
    Vor zwei Jahren, als er seinen Freund nach Greenville gefahren und dann mit ihm vor der Rekrutierungsstation der Armee gewartet hatte, musste er Phil versprechen, sich um Lynn zu kümmern, falls es zum Schlimmsten kommen sollte. Es wäre jedoch gar nicht nötig gewesen, McCoy darum zu bitten. Obwohl ihn Phils rassistische Einstellung – und in einem geringeren Ausmaß auch Lynns – beunruhigte, waren ihm die beiden immer noch sehr wichtig. Er kannte den Grund für ihre Überzeugungen und hatte sich daher darum bemüht, einen positiven Einfluss auf seine Freunde auszuüben, um ihnen zu helfen, ihre Vorurteile loszuwerden. Doch er hätte Lynn auf keinen Fall im Stich gelassen, als sie ihn am meisten brauchte.
    »‚Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang‘«, sagte Gallagher, »‚und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.‘«
    Die Anwesenden reagierten mit einem kollektiven »Amen«, woraufhin Gregg Anderson in seiner Uniform aus dem Ersten Weltkrieg ans Kopfende des Sargs trat. Audie Glaston, der ebenfalls seine Uniform trug, stellte sich ihm gegenüber an die andere Seite. Gemeinsam nahmen sie die amerikanische Flagge hoch, die über dem Sarg ausgebreitet war. Die Flagge war vor ein paar Tagen an Lynn geschickt worden, zusammen mit Phils Bibel, seinem Ehering und dem Identifikationsanhänger der Armee – der Volksmund nannte ihn Hundemarke –, den er im Kampf getragen hatte. Phils Überreste waren nicht in die Vereinigten Staaten überführt worden, und das würde auch nicht mehr geschehen. Er war in der Nähe der Stelle beerdigt worden, an der er gefallen war.
    Als Gregg und Audie die Flagge in Hüfthöhe parallel zum Boden hielten, trat Danny Johnson zwischen sie, hob seine Trompete und spielte eine langsame, bewegende Melodie. Lynn fing an zu weinen, und McCoy sah, dass auch viele andere Anwesende ihre Tränen nicht zurückhalten konnten. Nachdem Danny das Lied beendet hatte, falteten Gregg und Audie die Flagge zwei Mal der Länge nach. Dann legte Audie das gestreifte Ende zu einem Dreieck zusammen und wiederholte den Vorgang so lange, bis nur noch der blaue Bereich mit den weißen Sternen sichtbar war. Dann faltete Gregg sein Ende der Flagge zusammen und steckte es in Audies Dreieck. Langsam schritt Gregg auf Lynn zu und überreichte ihr die gefaltete Flagge. »Im Namen einer dankbaren Nation«, sagte er. Lynn dankte ihm und nahm sie entgegen.
    »Wir werden die Erinnerung an unseren Bruder nun der Erde übergeben«, verkündete der Pastor. Zusammen mit den anderen Trägern hob McCoy den Sarg an und trug ihn zu dem offenen Grab. Es handelte sich um eine einfache Holzkiste, in der sich Phils Hundemarke sowie seine Bibel befanden. Langsam ließen die sechs Männer den Sarg in die Erde hinab und traten dann zurück.
    Gallagher nickte Lynn zu. Sie drehte sich zu McCoy um und reichte ihm die gefaltete Flagge. Dann beugte sie sich vor, nahm eine Handvoll Erde und warf sie ins Grab. Sie traf den Sargdeckel mit einem kurzen, harten Laut, der wie ein plötzlicher Regenschauer klang. »Wir vertrauen die Seele unseres verstorbenen Bruders dem allmächtigen Gott an und übergeben seinen Körper der Erde. Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub.«
    Darauf läuft letztendlich alles hinaus
, dachte McCoy.
Staub zu

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