Staatsanwalt sucht Polizist
ist.“
Nachdenklich schaute ich zu Klaus. Er tat mir leid. Er ist in einer Zeit aufgewachsen, als Homosexualität ein absolutes Tabuthema war und sogar noch unter Strafe stand. Er musste sich gefühlt haben, wie ein Gefangener in seinem eigenen Körper.
„Dann versuchst du halt, ihn ausfindig zu machen“, schlug Christine vor.
„Genau“, sagte Gabi und reichte mir ihr Weinglas.
Ich schenkte ihr ein und füllte dann mein Glas, als alle anderen verneinten. Der Wein war vorzüglich, vollmundig und würzig im Abgang. Klingt super, oder? Ehrlich gesagt, hatte ich gar keine Ahnung von Wein, und schon gar nicht von irgendwelchen Abgängen. Aber in bestimmten Kreisen kam man gut an mit solchen Äußerungen.
„Du in deiner Position kannst doch sicherlich deine Beziehungen spielen lassen und behaupten, du suchst einen alten Freund … wegen eines Klassentreffens zum Beispiel“, empfahl Lissy. Die Frauen hatten offenbar mehr Erfahrung darin, verlorengegangene Menschen wieder zu finden. Selbst Gegenstände spürten sie auf, obwohl man sie wer-weiß-wo verbuddelt hatte. Das weiß ich noch von meiner Ex-Freundin.
„Ich helfe dir dabei“, bot Jürgen an.
Klaus schaute auf. „Wirklich? Das würdest du tun?“
„Klaus, Schätzchen! Wie lange kennen wir uns schon?“
„Fast vierzig Jahre. Oh, du bist so gut zu mir, Jürgen. Womit habe ich das nur verdient?“ Das war das Stichwort für Klaus, um wieder ein paar Tränen zu lockern.
Gott, ich hasste solche Szenen.
„Möchtet ihr, dass ich weiter erzähle, oder wollt ihr ein offenes Ende?“, fragte ich daher in die Runde. Ha, die Aufmerksamkeit lag wieder bei mir.
Klaus tupfte sich die Wangen trocken und lauschte meinen Worten mit zusammengefallenen Schultern.
„Also gut…wo waren wir stehen geblieben“, überlegte ich. „Ah, ja … Es war ungefähr drei oder vier Abende später. Wir saßen in seinem Zimmer und haben Musik gehört. Das Licht war leicht gedämpft und irgendwie waren wir total romantisiert.“
„Das Wort gibt es nicht“, schrie Patrizia dazwischen.
„Doch“, antwortete ich. „Warum denn nicht?“
„Es gibt Romantik … oder romantisch … aber romantisiert? Also nee. Wirklich nich‘!“
„Ach du und dein Faible für Grammatik. So warst du schon früher, als wir noch Kinder waren. Immer hast du alle Hausaufgaben korrigieren wollen. Du warst echt ’ne lästige Ziege“, schimpfte Klaus und starrte Patrizia wütend an.
„Bitte?“ Empört verschränkte Patrizia die Arme und blitzte ihren Cousin an. „Dein Deutsch war damals miserabel, Klaus. Sei froh, dass ich deine Schulaufgaben berichtigt habe. Siehst ja, was aus dir geworden ist!“
„Pah! Haste nich‘! Und wenn schon, wer von uns schreibt denn hier täglich und in höchster Qualität, Frau Ergotherapeutin … dir habe ich mein Richteramt bestimmt nicht zu verdanken“, blaffte Klaus zurück.
„Physio …, Kläuschen, Physiotherapeutin … aber das Merken fiel dir ja schon immer ein wenig schwer. Wie gut, dass die juristischen Examina vor vierzig Jahren noch wischi-waschi waren.“
„Was soll das denn jetzt wieder heißen?“, mischte sich Jürgen ein. „Wir mussten genauso für unsere Prüfungen lernen, wie die Studenten heute.“
„Das ist nich‘ wahr! Heutzutage müssen die armen Jurastudenten vierzig zusätzliche Jahre der Rechtssprechung drauf haben. Da hattet ihr das wohl etwas leichter … ick wette mit euch, ihr würdet die heutigen Prüfungen nich‘ mehr schaffen“, konterte Patrizia.
Guter Gott! Ein Tornado! Wie ist der denn in Jürgens Wohnzimmer geprescht? Alte Familienfehden wurden auf den Tisch gepackt. Mir wurde ganz schlecht.
Abwehrend hob ich die Hände. „Okay, okay … ich schlage vor, wir gucken in einen Duden und sehen nach, ob es das Wort wirklich gibt. Jürgen, hast du einen da?“
Jürgen erhob sich und lief zum Schreibtisch. Er blätterte in seinem dicken, gelben Buch und nickte bestätigend. „Das Wort gibt es tatsächlich.“ Er kam zurück und setzte sich in seinen Fernsehsessel.
„Gut, dann ist das geklärt. Euer Problem gehen wir gleich an, falls noch Bedarf bestehen sollte. Und jetzt würde ich gerne das Ende meiner Geschichte loswerden, denn es ist schon spät und ich muss noch nach Hause fahren.“
Alle nickten und schauten mich erwartungsvoll an.
„Also, die Atmosphäre war romantisiert“, sagte ich mit einem Augenzwinkern in Patrizias Richtung. „Und da zeigte ich ihm das Spiel Bist du schüchtern?“
„Was soll das
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