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Stachel der Erinnerung

Stachel der Erinnerung

Titel: Stachel der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Henz
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Dummkopf.“
    Vom anderen Ende der Tafel meldete sich ein weiterer bärtiger Mann zu Wort. „Ich kann sie aus deiner Erinnerung entfernen, Freund, dann wirst du sie nicht vermissen.“
    „Ein guter Vorschlag, Forseti“, lobte Odin und blickte Nick beifallheischend an. „Das ist doch in der Tat die beste Lösung.“
    „Ich will Tessa“, wiederholte Nick stur.
    Odin lehnte sich in seinem Thron zurück und blies die Backen auf. „Im Grunde sind wir nicht verpflichtet, dir überhaupt eine Belohnung zu geben, Sterblicher. Nur, um das einmal klarzustellen.“
    „Ich weiß eure Großmütigkeit zu schätzen“, antwortete Nick glatt. „Und ich vertraue auf eure Weisheit und auf eure Macht.“
    Odins Finger trommelten wieder auf die Eichenplatte. „Vorschläge? Thor, Forseti, Tyr, was können wir tun, um diesem Sterblichen seine unverschämte Forderung zu erfüllen?“
    Geraune setzte ein und steigerte sich unaufhaltsam zu lauten Streitgesprächen. Nick beobachtete das Ganze und fühlte sich mehr und mehr an eine Stammtischrunde erinnert, die die letzten Bundesligaergebnisse diskutierte.
    „Genug!“ Odins Faust krachte auf den Tisch. „Wer hat eine brauchbare Lösung? Wenn der Mann herumerzählt, dass wir uns zanken wie ein Haufen Waschweiber, werden keine Opern mehr für uns komponiert.“
    Seine Worte lösten leises Murren aus, das schließlich verebbte. Der Mann neben Odin blickte Nick an und sagte. „Ich habe einen Vorschlag, aber ich weiß nicht, ob ihm die Bedingungen gefallen werden.“
    „Lass hören, Thor“, sagte Odin und klopfte ihm auffordernd auf die Schulter.
    Nick straffte sich. „Wenn Tessa ihr Leben zurückbekommt, dann bin ich mit allem einverstanden.“
    Der Mann neigte den Kopf. „Ich kann das Rad der Zeit ein Stück zurückdrehen. Exakt zu jener Stelle, an der das Schiff, in dem Kaldak gefangen gehalten wurde, vom Eis freigegeben wird. Dann lässt einer von uns das Schiff verschwinden. Und alles, was im Zuge der Entdeckung des Bootes geschehen ist, findet einfach nicht statt.“
    „Und Kaldak?“, fragte Odin stirnrunzelnd.
    „Der bleibt, wo er jetzt ist. Sein Bann ist unlösbar und wird das Zurückdrehen des Rades überdauern. Er wird die Frau niemals in die Unterwelt entführen können, ebenso wenig, wie er ihre Existenz auslöschen kann.“
    Odin blickte zu Nick. „Einverstanden?“
    „Wo ist der Haken?“, fragte Nick.
    „Es ist kein Haken. Es ist die logische Schlussfolgerung. Nichts von dem, was passiert ist, wird passieren.“
    Odin sah ihn verständnislos an, aber Nick begriff die Fallstricke hinter seinen Worten. „Tessa wird niemals nach Bjørendahl kommen. Wir werden uns niemals begegnen. Wir werden uns niemals verlieben. Wir wissen nicht einmal voneinander.“
    Thor zuckte mit den Schultern. „Du wolltest ihr Leben. Das bekommst du auf diese Weise. Mehr kann ich nicht tun. Nimm es oder lass es.“
    Nick schwieg. Es war nicht das, was er wirklich wollte. Er wollte nicht nur ihr Leben, er wollte, dass sie ihr Leben mit ihm verbrachte. „Es muss doch eine andere Lösung geben“, sagte er laut. „Eine, die mich einschließt.“
    Thor hob in einer resignierenden Geste die Hände. „Mir ist keine bekannt. Aber vielleicht weiß einer der anderen hier etwas.“
    Nick ließ seine Blicke über die an der Tafel versammelten Götter wandern. Bedauerndes Kopfschütteln und Seufzen, wo er hinsah.
    „Ich sag dir doch, nimm die andere“, ließ sich Odin mit leicht gereizter Stimme vernehmen. „Warum müsst ihr Sterblichen um eure paar Lebenstage immer so ein Aufhebens machen? Ich hätte ja Verständnis, wenn du eine Ewigkeit mit der Frau verbringen müsstest – aber die paar Augenblicke …“
    „Die paar Augenblicke sind alles, was wir haben“, entgegnete Nick scharf und wandte sich dann an Thor. „Ich bin einverstanden. Unter einer Bedingung.“
    Odin beugte sich vor und kniff sein Auge zusammen. „Strapaziere dein Glück nicht allzu sehr, Sterblicher.“
    Nick achtete nicht auf ihn. „Macht ihre Seele heil. Sie soll nicht länger zerrissen werden von ihren Wünschen. Mehr will ich nicht.“
    „Ach wie nett – mehr willst du also nicht …“
    Die Frau neben Odin legte ihm die Hand auf den Arm und beugte sich zu Nick. „Ich erfüllte dir deinen Wunsch.“
    „Freya …“
    „Er hat es sich verdient, Odin. Es ist ein selbstloser Wunsch, der von großer Herzensgüte zeugt. Selten genug, dass einer, der die Möglichkeit dazu hat, nicht etwas für sich selbst

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