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Stachel der Erinnerung

Stachel der Erinnerung

Titel: Stachel der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Henz
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Rätsel lösen. Wenn es auch nur den Hauch einer Chance auf ein Leben mit Astrid gab, dann konnte ihm die Zukunft für alle Ewigkeit gestohlen bleiben. Hier war sie gesund, hier konnten sie miteinander Kinder haben und glücklich sein. Zum ersten Mal seit langer, langer Zeit bekam sein Leben wieder einen Sinn.
    Er blickte sich um und beschloss in die Richtung zu gehen, in der Tessa mit dem Mädchen verschwunden war. Er musste Astrid finden, alles andere würde sich regeln.
    Hinter einem Schutzwall entdeckte er eine riesige Festungsanlage, in der reges Treiben herrschte. Augenscheinlich wurde eine große Feier vorbereitet. Er ging durch die Gassen, überquerte den Festplatz und kam schließlich beim Hauptgebäude an. Immer wieder begrüßten ihn Männer, riefen ihm lachend Scherzworte zu, die er ebenfalls mit Lachen oder mit eindeutigen Gesten beantwortete. Zuerst waren ihm alle fremd, doch je länger er sich in der Menge aufhielt, desto mehr Namen fielen ihm ein. Und mit den Namen auch die Geschichten dahinter. Als ob er mit dem Bewusstsein von diesem Serre Erikson, in dessen Körper er geschlüpft war, zu verschmelzen begann. Das erleichterte die Sache natürlich ganz ungemein.
    Er blieb auf dem erhöhten Platz vor dem Haus stehen und blickte sich um. In einiger Entfernung sah er Astrid mit Alva und einigen anderen in eine fröhliche Unterhaltung vertieft.
    Gespannt konzentrierte er sich darauf, Astrids wirklichen Namen in seinem Bewusstsein auftauchen zu lassen, um sie richtig ansprechen zu können. Die funkelnden Lettern schlossen sich zu einem Wort zusammen und er brauchte ein paar Sekunden, um die Bedeutung zu realisieren.
    Meldis.
    Nick taumelte gegen die Hauswand und versuchte den Schock zu überwinden. Meldis. Das Mädchen, das laut Tessas Angaben ermordet werden sollte. Er hatte nicht nach den Gründen gefragt, nach den Umständen wie es passiert war – weil es ihn nicht gekümmert hatte. Die Wucht der Erkenntnis drohte ihn zu vernichten.
    Aber jetzt war alles anders. Alles. Er würde Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um zu verhindern, dass Meldis, und damit Astrid, getötet wurde. Sie durfte kein zweites Mal einen sinnlosen Tod sterben. Er wollte, dass sie lebte. Und er wollte nicht nur, dass sie lebte. Er wollte, dass sie mit ihm lebte.
    Jemand packte ihn unvermittelt an der Schulter und zog ihn ins Innere des Hauses. Als sich seine Augen an die nur durch das schwache Licht von einigen Öllampen erhellte Dunkelheit gewöhnt hatten, fand sich Nick einem älteren Mann gegenüber. Die Kleidung mit den kostbaren Falbeln und Stickereien verriet, dass er eine hochgestellte Persönlichkeit sein musste.
    „Ich hab dich gesucht Serre“, stieß er hervor, während Nick festzustellen versuchte, wer der Mann war. „Mir ist nicht wohl dabei, dass du nichts willst als das Mädchen.“
    Nick schwieg. Er hatte nicht den blassesten Schimmer, worum es hier ging und flüchtete sich deshalb in eine belanglose Antwort. „Ich will nichts anderes, das weißt du doch.“
    Der Mann zog die buschigen Brauen grimmig zusammen. „Ich weiß, trotzdem, dein Schweigen ist mehr wert. Sei’s drum, wenn du auf deiner Entscheidung beharrst, soll’s gut sein. Ich habe bereits mit Arne gesprochen, das war keine große Sache. Er schätzt dich, er wird dir Meldis mit Freuden geben. Noch dazu, wo du sein Nachbar bist. Im Grund hat er nur auf meinen Befehl gewartet.“
    Nick traute seinen Ohren nicht. Meldis sollte seine Frau werden? Einfach so? Wo war der Haken?
    „Vergiss nicht, damit sind wir quitt, Serre. Ich hab dein Ehrenwort, dass du schweigen wirst, was immer passiert“, wiederholte er eindringlich. „Und halt dich vom Hafen fern, verstanden?“
    „Du kannst dich auf mich verlassen“, versicherte Nick notgedrungen und akzeptierte den Schlag auf die Schulter, mit dem er entlassen wurde. Er blickte dem Mann noch einmal fest in die Augen und unvermittelt tauchte ein Name auf – Ole Tanstrøm, der hiesige Jarl. Allerdings brachte ihn diese Erkenntnis auch nicht weiter, was die anderen Zusammenhänge betraf. Er musste mit Tessa sprechen. Möglicherweise wusste sie, was hier ablief. Schließlich war sie bereits hier gewesen und kannte die Leute.
    Trommelschläge und schrille Pfeifenklänge rissen ihn aus seinen Gedanken. Der Tanstrømjarl hielt Einzug auf dem Platz und geleitete einen Gast auf ein vorbereitetes Podium. Trinksprüche wurden ausgebracht, Bier schäumte in versilberten Trinkhörnern, Gelächter und Gejohle hallte

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