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Stachel der Erinnerung

Stachel der Erinnerung

Titel: Stachel der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Henz
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über den Platz. Skalden gaben ihre Weisen zum Besten und die Stimmung stieg, je weiter die Nacht fortschritt.
    Nick hockte am Tisch des Jarls und behielt Tessa im Auge. Zuerst hatte sie neben Meldis gesessen, aber mittlerweile hatte sie einen Platz abseits gefunden und zerbröselte ein Stück Fladenbrot. Hin und wieder sah sie sich vorsichtig um, schließlich stand sie auf und verließ den Festplatz.
    Er erhob sich mit einer gemurmelten Entschuldigung und folgte ihr. Tessa verschwand in der Dunkelheit zwischen den Häusern und er beschleunigte seine Schritte, um sie nicht zu verlieren. Als sie dabei war, eine Tür zu öffnen, packte er sie am Handgelenk.
    Sie zuckte zusammen, stieß aber erleichtert den Atem aus, als sie ihn erkannte. „Ach, du bist es. Komm, schnell.“ Sie zog ihn ins Innere und schloss die Tür. Es stank so fürchterlich nach Dung und Vieh, dass Nick die Luft wegblieb. Er räusperte sich.
    Tessa stand neben ihm, er konnte sie jedoch nicht sehen, denn außer einer winzigen Luke unter dem Dach, durch die schwaches Mondlicht fiel, gab es keine Lichtquelle.
    „Was machst du hier?“, fragte er, als er sich halbwegs an den Gestank gewöhnt hatte.
    „Warum bist du mir nachgegangen?“, fragte sie zurück und brachte ihn damit auf den Punkt.
    „Wir müssen reden. Hier gehen Sachen vor, die ich nicht verstehe.“
    Er hörte sie kichern und runzelte die Stirn. Tessa Wernhardt hatte bisher nicht den Eindruck erweckt, als pflege sie zu kichern. „Tatsächlich? Und das bekümmert dich? Warum willst du irgendwas verstehen? Hier sind doch alle längst tot, hast du das vergessen?“
    Sein Blutdruck stieg. „Reicht es, wenn ich sage, dass ich mich geirrt habe, also nicht wirklich geirrt, sondern …“
    „Geirrt, einigen wir uns einfach auf geirrt.“ Sie kicherte wieder, wie er befremdet feststellte.
    „Okay, ich habe mich geirrt.“ Das Wort hallte in der Finsternis. „Ich habe gerade mit dem Tanstrømjarl gesprochen. Er hat mir Meldis als Ehefrau versprochen, wenn ich den Mund halte.“
    „Weißt du, wer Meldis ist?“, erkundigte sie sich mit spürbarer Neugier.
    Irritiert runzelte er die Stirn. Tessa konnte nichts von Astrid wissen. Was um Himmels willen meinte sie? Er schwieg, was sich als die richtige Entscheidung erwies, denn Tessa redete ganz von selbst weiter.
    „Meldis ist das Mädchen, das du vorhin geküsst hast.“
    Er atmete erleichtert auf. Sie wusste nichts von Astrid.
    „Natürlich würde ich gerne wissen, warum dich so plötzlich die Leidenschaft gepackt hat, aber das wirst du mir vermutlich nicht erzählen wollen. Aber ich darf doch jetzt davon ausgehen, dass du mir helfen wirst, den Tod des Mädchens zu verhindern? Dann stecke ich meine Nase auch nicht in deine Angelegenheiten.“ Diesmal verzichtete sie darauf zu kichern, aber er hörte den Spott in ihrer Stimme. „Solche Gemütsanwandlungen scheinen dich ja häufiger zu überkommen und Meldis muss wahrscheinlich froh sein, dass sie nur mit einem Kuss davongekommen ist.“
    Den Bruchteil einer Sekunde war er versucht, ihr doch von Astrid zu erzählen, um ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen. Aber dann biss er sich auf die Lippen.
    „Worüber soll Serre schweigen?“, fragte er stattdessen und kehrte damit zum Ausgangspunkt zurück. „Es sieht doch ganz danach aus, als hätte er etwas in der Hand, mit dem er den Jarl erpressen könnte.“
    „Erpressen?“, wiederholte sie und schwieg dann eine Weile, ehe sie nachdenklich fortfuhr. „Keine Ahnung. Ich habe nur miterlebt, wie der Vater von Meldis ihr am letzten Tag des Festes den Befehl des Jarls überbracht hat. Sie soll Serre heiraten. Mehr weiß ich nicht.“
    „Das heißt, du hast dieses Fest hier schon einmal miterlebt?“
    Tessa nickte. „Ja. Alle feiern und sind ganz, ganz dicke Freunde. Und nachdem das Fest zu Ende ist, entführt der Landaujarl die Frau des Tanstrømjarls. Seine Männer setzen die Boote hier in Brand, damit man sie nicht verfolgen kann.“
    Nick pfiff durch die Zähne. „Und weiter?“
    „Sie verbringen den folgenden Tag mit Racheschwüren, Pläne schmieden und Schwertgeklirre. Heraus kommt allerdings nichts. Sie beschließen, einen Boten zum König zu schicken und ein Boot zu bauen, um im nächsten Frühjahr zum Landaujarl zu segeln. Die Entscheidung wurde zwar nicht von allen gebilligt, aber letztendlich blieb den Männern nichts anderes übrig, als den Entschluss des Jarls zu akzeptieren. Es war in erster Linie seine Sache.“
    Halt dich vom

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