Stachel der Erinnerung
sein Knie zwischen ihre Schenkel. Sie verstand, was er wollte und legte ihr Bein über seine Hüfte. Ein Moment später war er mit einem einzigen Stoß in ihr. Sie stöhnte auf. Seine Hand glitt zu ihrer Brust, umfing sie und rieb mit dem Daumen darüber, bis die Spitze hart war wie ein Kieselstein und alle Empfindungen direkt in ihren Unterleib trug. Tessas Bewusstsein verlor sich in einem Rausch aus Samt und Süße, löste sich auf in einem Ozean voller überwältigender Farben. Alle ihre Sinne waren damit beschäftigt, diese Eindrücke zu verarbeiten. Ihre Erregung steigerte sich dermaßen schnell und unaufhaltsam, dass sie kaum Zeit hatte zu begreifen, was geschah. „Halt mich fest“, rief sie voller Panik, weil es ihr schien, dass die Gesetze der Schwerkraft nicht länger existierten und sie Hals über Kopf in ein tiefes schwarzes Loch stürzte. „Halt mich fest, Nick. Lass mich nicht los.“
„Ich lass dich nicht los, Tessa“, flüsterte seine heisere Stimme an ihrem Ohr. „Niemals. Versprochen.“
Ihre Finger gruben sich in seine Schultern und ihr Körper wölbte sich ihm entgegen. Sie fiel nicht. Sie flog. Sie flog mitten ins Licht.
Nick folgte mit dem Zeigefinger der Linie von Tessas Kiefer. Sie schlief tief und fest. An ihn geschmiegt. Er konnte noch immer nicht glauben, was passiert war. Als wäre plötzlich ein Vorhang gefallen, der ihm die Sicht auf die wesentlichen Dinge verstellt hatte. Es hatte nichts mit dem Sex zu tun. Der war zwar großartig gewesen, aber das alleine hätte ihn nicht mit diesem rauschhaften Glücksgefühl erfüllt. Er war verliebt. Verliebt wie ein Teenager, verliebt bis über beide Ohren und jetzt, da er es wusste, wusste er auch, dass er nicht wegen Berit an Tessas Bett geblieben war. Etwas an ihr hatte ihn vom ersten Moment an berührt und ihn zu ihr hingezogen, obwohl er es nicht wahrhaben wollte und alle möglichen Entschuldigungen dafür erfand.
Aber jetzt sah er klar und was er sah, machte ihm zum ersten Mal seit Langem wieder Hoffnung, dass es auch für ihn so etwas wie Glück geben könnte. Er zog Tessa fester an sich und schloss die Augen.
Wie unkompliziert die Dinge plötzlich zu sein schienen. Jahrelang hatte er sich dem wahren Leben verweigert, hatte vergessen, wie schön es sein konnte zu leben. Was es bedeutete, mit einer Frau im Arm einzuschlafen und aufzuwachen.
Er hatte erst tausend Jahre zurückgehen müssen, um sich selbst zu finden und die Schatten hinter sich zu lassen, die ihn erdrückten. Jetzt war er davon überzeugt, dass es eine Lösung aller Probleme geben würde, die ebenso für Meldis’ Sicherheit garantierte wie auch für seine Rückkehr in die Gegenwart. Gemeinsam mit Tessa.
Alles würde gut werden. Voller Zuversicht dachte er an die Zukunft. Hand in Hand könnten sie das Torget Sjøhus führen, jeden Morgen würde er ihren Körper an sich geschmiegt fühlen und ihr schlaftrunkenes Lächeln sehen, wenn sie erwachte. Die Renovierung der Pension, die er schon so lange lustlos vor sich herschob, konnte endlich in Angriff genommen werden.
Tessa würde das Torget Sjøhus wieder in jene behagliche Stätte verwandeln, die es vor Astrids Tod gewesen war. Sie besaß Wärme und Herzlichkeit, sie mochte die Menschen und … sie konnte kochen. Ein nicht zu verachtender Bonus.
Sie bewegte sich im Schlaf und ihre Hand blieb mit der Innenseite nach oben liegen. Die Haut war glatt und unversehrt, aber sie befand sich auch in Alvas Körper.
Obwohl er sich wirklich bemühte, zu verstehen, was sie dazu getrieben hatte, sich die Pulsadern aufzuschneiden, begriff er ihr Problem nicht. Auch nicht, wie man dazu Neurose sagen konnte. Seiner Ansicht nach war sie einfach immer an die falschen Männer geraten. Eine betrübliche, aber weit verbreitete Tatsache.
Wenn sie einem Mann begegnet wäre, der ihre Anschauungen teilte, hätte sie heute vermutlich eine Kiste voll Kinder und ein Haus mit Garten, statt in der Fachwelt als Spezialistin für Begräbnisrituale der Wikinger zu gelten. Er bedauerte sie dafür, dass sie über Jahre hinweg etwas tun musste, das sie nicht tun wollte. Niemand verstand das besser als er selbst.
Seine Schwester Charlotte hatte ihren Job als Dolmetsch bei der UNIDO hingeschmissen, sobald sie gewusst hatte, dass sie schwanger war. Die Zwillinge hatten im Frühjahr den zwölften Geburtstag gefeiert und Charlie hegte keine Absichten, sich wieder in die Berufswelt zu stürzen. Auch seine Mutter hatte nie etwas anderes getan, als für
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