Stachel der Erinnerung
gibt auch noch andere Wege,
wie wir ihm helfen könnten. Die Frage ist, willst du es hierbehalten?«
Jessie sah
ihn an, und alles, was sie fühlte, lag in ihrem Blick. »Dieses Haus hier ist so
groß, und sie ist so klein. Du wirst nicht einmal merken, daß sie hier ist. Sie
kann mit den Kindern in der Schule spielen, und Vi wird mir helfen und sich
auch um sie kümmern. Ich werde dafür sorgen, daß sie dir nicht im Weg ist. Wenn
du erlaubst, daß sie hierbleiben darf, Matthew, dann verspreche ich dir, es
wird dir nicht leid tun.«
Wie könnte
es ihm leid tun? Matthew sah in ihre seelenvollen blauen Augen und wußte, wenn
es Jessie glücklich machte, dann war es genau das, was auch er wollte.
Der Gedanke
störte ihn. Er wollte sich nicht auf eine solche Beziehung zu einer Frau
einlassen. Das hatte er noch nie getan. Er hatte sich geschworen, Abstand zu
halten – und er hatte vorgehabt, diesen Schwur zu halten.
Und dann
war da noch etwas, etwas, das ihn warnte, vorsichtig zu sein. Es war der
Gedanke an den innigsten Wunsch seines Vaters, daß er und Jessie heiraten
sollten. Jessies Liebe zu Belmore – sie wäre beinahe so groß wie seine eigene,
hatte sein Vater behauptet. Sie hatte sich geschworen, eine Lady zu werden,
seit der Zeit, als sie noch ein Kind war. Und jetzt war alles so gekommen, wie
sie es sich gewünscht hatte.
Unbewußt
biß Matthew die Zähne zusammen. Es war alles zu perfekt nach ihren Plänen
gelaufen. Jessie war seine Frau, genau wie sein Vater – und vielleicht auch
Jessie – es gewollt hatten. Daß es seinem Ungestüm zuzuschreiben war, daß es
so weit gekommen war, zählte nicht.
Er machte
sich viel aus Jessie – viel zuviel, als daß es gut für ihn wäre. Jetzt gab er
schon wieder ihrem Wunsch nach und war damit einverstanden, den Balg ihres
nichtsnutzigen Bruders aufzuziehen. Es war gefährlich, das wußte er. Die Leute
würden wahrscheinlich Fragen stellen nach dem Mädchen, sie würden mißtrauisch
werden, da niemand dieses Kind früher erwähnt hatte.
Dennoch,
das Kind war fast noch ein Baby, und außer Danny Fox war sie Jessies einzige
nahe Verwandte.
Matt
räusperte sich. »Das Kind kann bleiben«, erklärte er barsch. »Aber ich will,
daß Fox verschwindet.« Er ging zur Tür und riß sie auf, voller Entschlossenheit,
dafür zu sorgen, daß dieser, nämlich sein Wunsch erfüllt wurde.
Im Salon
hockte der Marquis neben dem Mädchen und sprach leise und begütigend mit ihm.
Matt kam der flüchtige Gedanke, daß sein Vater sich tatsächlich darüber freuen
würde, wenn das Kind hierblieb. Er wandte sich mit eisigem Gesichtsausdruck an
Fox. Doch er ließ sich Zeit zu sprechen, so lange, daß sein Gegenüber unter
seinem Blick unruhig auf dem Sofa hin und her zu rutschen begann.
»Eure
Tochter kann bleiben, unter einer Bedingung.«
»Also,
Augenblick mal ...« Fox sprang auf, sein Verhalten war mit einem Mal äußerst
aggressiv. »Ich habe nie gesagt, daß ich sie hierlassen will. Ich habe nur
gesagt, daß ich die Hoffnung hatte, meine Schwester würde mir helfen.«
Matt
schwieg. Er musterte den anderen Mann nur weiter mit seinem unbeugsamen Blick.
Er hatte gewußt, daß es Geld war, was Fox wollte. Danny kannte seine
weichherzige Schwester nur zu gut. Er wußte, wenn Jessie das Kind erst einmal
gesehen hatte, würde sie es beschützen wollen. »Wieviel?«
Dannys
Augen blitzten triumphierend. »Tausend Pfund.«
»Ich werde
Euch fünfhundert geben, keinen einzigen Penny mehr. Ihr werdet das Geld nehmen
und nie wieder einen Fuß in dieses Haus setzen.«
»Nun ja,
Euer Lordschaft. Ihr wißt verdammt hart zu verhandeln ... Ihr bittet einen
Mann, sein eigen Fleisch und Blut aufzugeben.«
»Ich bitte
Euch nicht, ich befehle es Euch. Entweder nehmt Ihr das
Geld, oder Ihr nehmt das Kind.« Er ignorierte das erstickte Geräusch, das von
Jessie kam. »Auf jeden Fall wird man Euch nie wieder erlauben, dieses Haus zu
betreten. Ihr könnt wählen – also, wie entscheidet Ihr Euch?«
Ein
wölfisches Lächeln umspielte den Mund von Danny. »Na ja, ich wähle das Geld,
Euer Lordschaft. Ein Mann muß das tun, was für sein Kind am besten ist.«
Matt
knurrte verächtlich. »Das dachte ich mir.« Er ging zur Tür. »Laßt das Kind
hier, und kommt mit mir.« An Jessie vorbei ging er zu seinem Arbeitszimmer. Es
dauerte nicht lange, bis er einen Wechsel auf seine Bank ausgeschrieben und ihn
dann Fox überreicht hatte. Ein paar Minuten später fiel die Tür hinter Danny
Fox ins
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