Stachel der Erinnerung
sie beide besser
zueinander passen würden. Das hatte sie zumindest gesagt.
Er wollte
Caroline heiraten, und wie es schien, würde sie ihm dabei nicht im Wege stehen.
»Wir haben
mindestens noch eine Reise von weiteren zwei Stunden vor uns, ehe wir uns ein
Nachtquartier suchen«, unterbrach sein Vater das Schweigen. »Was haltet ihr
beiden von einem Spiel Karten?«
Jessie
blickte sehnsüchtig aus dem Fenster, als fürchtete sie, ihr könnte etwas
entgehen, wenn sie ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes richtete. »Ja, gut«,
antwortete sie schließlich zögernd.
»Matthew?«
»Warum
nicht?« Er konnte genausogut Karten spielen. Er fühlte sich verflixt
ungemütlich, einfach nur dazusitzen und jede verführerische Bewegung von
Jessica Fox' Brüsten zu beobachten, auch wenn sie sich unter der dünnen Seide
ihres Reisekleides versteckten. Er konnte nicht vergessen, wie Jessie an dem
Tag auf dem Jahrmarkt ausgesehen hatte, mit dem wilden Blick in ihren blauen
Augen, ihrem gelösten Haar und den wunderschönen nackten Brüsten. Er konnte sich
genau an ihre Form erinnern und an ihre Größe, daran, daß die untere Hälfte
voller war als die obere und an die rosigen Spitzen in ihrer Mitte.
Er
versuchte, die blinde Wut zu ignorieren, die ihn gepackt hatte, als er sah, daß
ein anderer Mann sie wüst berührte. Und er fragte sich, ob sich ihre Brüste
wirklich so sanft und seidig anfühlten, wie sie ausgesehen hatten. Doch er
hatte genügend Erfahrung, um zu wissen, daß es so war.
Seine Hose
wurde unangenehm eng, und er rutschte unruhig auf dem Sitz hin und her. Er war
dankbar für die Tischplatte, die sein Vater über ihren Knien aufgeklappt hatte,
um Pikett zu spielen. Verflixt, das Mädchen war vielleicht nicht das, was er
sich als Partnerin fürs Leben vorstellte, aber als Geliebte wäre sie all das, was
ein Mann sich nur wünschen konnte.
Es war ein
nutzloser Gedanke, wenn man bedachte, was sein Vater für sie fühlte. Doch die
Idee ließ ihn den ganzen Abend in dem Gasthaus nicht los, in dem sie
übernachteten, und auch am nächsten Tag nicht, als sie durch die Außenbezirke
von London fuhren und dann in die Innenstadt.
Die
Gedanken ließen ihn nicht los, während sie vor Entzücken fast übersprudelte.
»Ich
schwöre, Papa Reggie, London ist noch viel schöner als der Jahrmarkt.« Jessie
legte eine Hand auf das Fensterbrett der Kutsche und steckte dann den Kopf aus
dem offenen Fenster. Die Kutsche rumpelte und schwankte über die Pflastersteine
der belebten Straße, auf dem Weg zum Stadthaus von Belmore auf dem Grosvenor
Square. »Was glaubst du, können wir auch ins Theater gehen? Ich habe früher
geträumt davon, einmal ein Theaterstück sehen zu können.«
»Wir werden
überall hingehen, wo du hin möchtest, meine Liebe. Vielleicht möchtest du auch
an einem Abend in die Oper gehen?«
Ihre Augen
glänzten auf diese ganz besondere, wundervolle Art. »Oh, ja! Das wäre wie ein
Märchen!«
»Außerdem
sollten wir einen oder zwei Tage zum Einkaufen reservieren«, meinte sein Vater.
»Es gibt einen Juwelier in Ludgate Hill, den ich sehr schätze. Ich würde dir
dort gerne etwas ...«
»Es gibt
nichts, was ich brauche, Papa Reggie. Du verwöhnst mich wirklich zu sehr.«
Matthews
Vater lächelte nachsichtig. »Eine Frau kann nie genug teure Kleinigkeiten
haben, meine Liebe. Das ist völlig unmöglich, das versichere ich dir.«
Keine neuen
Kleider? dachte Matthew. Keinen Besuch in den eleganten Läden von Charing Cross
bis nach White Chapel für die Tausende von Kleinigkeiten in der Modewelt der
Adelsgesellschaft?
Er war
nicht sicher, ob er das glauben sollte. Eventuell steckte ja doch mehr hinter
Jessica Fox, als er es sich vorstellte. Die Zuneigung, die sie seinem Vater
entgegenbrachte, schien echt zu sein. Und es sah nicht mehr danach aus, als sei
sie hinter dem Belmore-Titel her, wie er es zuvor als sicher angenommen hatte.
Aber immerhin
war die zwölfjährige Jessie Fox die beste Taschendiebin gewesen, die er je
erlebt hatte. Sie hatte eine Begabung dafür, eimerweise Tränen zu vergießen,
daß selbst der hartherzigste Reisende ihr schließlich eine Münze oder zwei
schenkte, damit sie damit Essen für ihre angeblich arme, ster bende Mutter
kaufen konnte. Die lag in Wirklichkeit jedoch nur mit einem Kater im Bett, den
sie von übermäßigem Gingenuß hatte.
Eliza Fox:
eine hübsche, aber gewissenlose kleine Dirne, die mit einem Mann für Sixpence
ins Bett ging, die aber dann demselben Mann die
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