Stachel der Erinnerung
nicht standhalten. »Tatsache ist jedoch, wir passen
einfach nicht zueinander. Ich würde unglücklich sein und Matthew auch. Ich bin
nicht daran interessiert, Matthew zu heiraten, und ich glaube auch nicht, daß
er mich heiraten möchte. Ich möchte, daß du es ihm ausredest..«
»Aber das
ist doch lächerlich.«
Sie sah ihn
stirnrunzelnd an. Es war, als hätte er sie nicht verstanden, als hätte er die
bitteren Worte nicht gehört, die sein Sohn ihm an den Kopf geworfen hatte.
»Warum sollte das lächerlich sein?«
Papa Reggie
setzte sich auf und lehnte sich gegen das Kopfteil seines Himmelbettes. »Weil
... weil du und Matthew perfekt zusammenpassen würdet. Du müßtest euch nur
einmal sehen, wenn ihr zusammen seid. Jeder Dummkopf merkt, daß ihr beide euch
wundervoll ergänzt.«
Jessie
zwang sich zu einem Lächeln. »Ich möchte nicht heiraten, wenigstens jetzt noch
nicht. Ich bin glücklich hier mit dir, Papa Reggie. Ich interessiere mich nicht
für Matthew, und ich werde mich auch in Zukunft nicht für ihn interessieren.
Und ich bin ganz sicher, daß er sich auf keinen Fall für mich interessiert.«
Ein kleines
Geräusch erregte ihre Aufmerksamkeit. Es kam von der Tür zum Wohnzimmer des
Marquis. Als Jessie herumfuhr, stand Matthew an der Tür und betrachtete sie
mit gefurchter Stirn. »Seid Ihr Euch da so sicher, Mistress Fox?«
Ihr Herz
begann zu rasen. »Wie ... wie lange steht Ihr schon da?«
»Lange
genug, um zu erfahren, wie schlecht wir beide zueinanderpassen. Danke, daß Ihr
mich auf diese Tatsache aufmerksam gemacht habt.«
Papa Reggie
blickte von Jessica zu Matthew, der zutiefst gekränkt aussah. Der Marquis
schwieg und seufzte dann nach einer Weile erschöpft auf.
»Na ja, ich
nehme an, Jessica hat recht. Ihr beide würdet niemals miteinander auskommen.
Ich war nur ein dummer alter Mann, als ich das geglaubt habe.«
Matthew zog
bei den Worten seines Vaters die Augenbrauen hoch. Er hätte nicht geglaubt, daß
er so leicht aufgeben würde. Aber er verkniff sich einen Kommentar.
»Doch
leider wird das eure Probleme nicht lösen.«
»Welche
Probleme?« fragte Jessica.
»Meine
Liebe, ich weiß, daß du glücklich bist hier in Belmore, und ich bin natürlich
mehr als glücklich, dich hierzuhaben bei mir. Doch leider werde ich nicht ewig
leben. Meine Zeit wird knapp, und ich ...«
»Sag so
etwas nicht.« Inständig umklammerte sie seine Hand. Sie liebte Papa Reggie, und
sie konnte den Gedanken nicht ertragen, daß er sie im Stich ließ. »Ich werde
nicht zulassen, daß irgend etwas passiert.«
Er
tätschelte ihre Hand. »Meine Liebe, ich bin ein kranker, alter Mann. Du dagegen
bist eine lebhafte, gesunde junge Frau. Was du brauchst, sind ein Ehemann und
eine eigene Familie.«
Jessie
antwortete nicht. Es war ein Traum, der so süß war, daß sie einen dicken Kloß
in ihrer Kehle spürte. Sie liebte Kinder. Nichts auf der Welt würde sie
glücklicher machen, als ein eigenes Kind zu haben.
»Und
deshalb«, sprach der Marquis ungerührt weiter, »weil Matthew als dein Ehemann
nicht in Frage kommt, werden wir einen anderen Mann für dich finden müssen.«
»Was?«
Jessie sprang auf.
»So schwer
wird das nicht sein, das versichere ich dir. Eine Frau von deiner Schönheit ...
im Handumdrehen wird die Hälfte der jungen Kerle in London zu deinen Füßen liegen.«
»London!«
sagte Matthew und trat einen Schritt weiter in das Zimmer. »Das kann doch nicht
dein Ernst sein, Vater.«
»Natürlich
ist das mein Ernst. Ich werde Jessica mit einer ansehnlichen Mitgift
ausstatten. Und wenn sie erst einmal in die Gesellschaft eingeführt ist, wird
sie sich den Mann aussuchen können.«
»Ich ...
ich kann ganz unmöglich nach London gehen, Papa Reggie.«
»Oh? Und
warum nicht?«
»Die ...
die Kinder natürlich. Wer würde sie unterrichten? Sie brauchen mich. Ich muß
...«
»Die Kinder
werden kein Problem sein. Wir stellen einfach einen Lehrer ein, der sich in
deiner Abwesenheit um sie kümmert.«
»Aber ...
aber ich kann unmöglich nach London gehen.« Sie biß sich auf die Unterlippe,
ihre Hände zitterten.
»Jessica,
das ist absurd.«
Jessie hob
das Kinn, sie kämpfte mit einem Anflug von Panik. »Das ist nicht absurd. Was
ist, wenn jemand die Wahrheit herausfindet? Was ist, wenn sie entdecken, wer
ich wirklich bin?« Sie drängte die Tränen zurück, die plötzlich in ihren Augen
brannten. »Ich werde das nicht zulassen. Wenn jemand die Wahrheit über mich
herausfindet, dann ist der Ruf von
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