Stachelzart
Henri. „Wir sehen uns, wenn du das nächste Mal auf deiner Vogelstation bist“, meinte Sam. Vera reichte er die Hand. „Frau Schneider, ich wünsche Ihnen alles Gute!“ Vera ergriff seine Hand widerwillig, die beiden waren sich immer noch nicht sehr sympathisch und erklärte Sam ein letztes Mal, dass er sich den Verkauf seines Grundstückes noch einmal überlegen solle und sie nicht wisse, ob überhaupt noch ein so hoher Preis angebracht wäre, nachdem das Grundstück ja nun einer Naturkatastrophe zum Opfer gefallen wäre.
Sam verdrehte die Augen und ich schob die immer noch redende Vera in Richtung Hubschrauber. „Sie haben ja meine Visitenkarte, wenn Sie es sich anders überlegen sollten“, rief Vera noch, dann nahm sie endlich im Inneren des Hubschraubers Platz. Auch Kay und Henri stiegen ein. Kay setzte sich freiwillig neben Vera. Unsere beiden Retter kontrollierten, ob wir alle angeschnallt waren, dann nahmen sie vorne Platz und der Hubschrauber startete. Der Geräuschpegel im Inneren der Kabine war so laut, dass wir die Kommunikation aufgaben und schweigend aus dem Fenster sahen. Ich winkte dem immer kleiner werdenden Sam zu und er winkte zurück.
Von oben konnte man das ganze Ausmaß des Erdrutsches betrachten. Dort, wo die Erdmassen gen Tal gerutscht waren, sah es ziemlich schlimm aus. Kaum ein Baum hatte der Erdlawine standhalten können. Etliche abgebrochene Baumstümpfe ragten aus dem Boden. Wir flogen über den Weg, der ins Tal führte und sahen, dass einige Tonnen Erde die Zufahrt zu Sams Hütte blockierten. Ob der Weg wirklich in ein oder zwei Tagen freigeräumt werden konnte, wagte ich zu bezweifeln. Das sah nach einer Menge Arbeit aus. Aber nun wusste die Bergwacht wenigstens, dass Sam noch dort war und konnte ihn zur Not auch mit dem Hubschrauber bergen. Der Erdrutsch schien sich tatsächlich auf die Hangseite, auf der Sams Grundstück lag, beschränkt zu haben. Wir flogen eine Rechtskurve und dort war nichts von der Katastrophe zu sehen. Da nur sehr selten Menschen diese Gegend besuchten, war der Erdrutsch der Bergwacht scheinbar erst aufgefallen, als Henris Student sie informiert hatte. Der Hubschrauber drehte wieder nach links und ich konnte Veras Auto erkennen. Ich versuchte auf mich aufmerksam zu machen und deutete nach unten. Der Hubschrauber landete einige hundert Meter von Veras Auto entfernt auf einer kleinen Lichtung gleich neben dem Weg. Dort parkten ein weiteres Auto sowie ein Abschleppwagen mit einem schwarzen Audi auf der Ladefläche. Kay gestikulierte wild. Scheinbar handelte es sich bei dem Audi um seinen Wagen. Wir stiegen aus dem Hubschrauber und duckten uns unter den immer noch drehenden Rotoren durch.
Henri eilte zu dem parkenden Auto. Ein junger Mann stieg aus und Henri und er begrüßten sich. Scheinbar war das der Student, der Hilfe geholt hatte.
Aus dem Abschleppwagen kletterte ein grauhaariger Mann in einem Blaumann. Er ging zu den Hubschrauberpiloten, die nun neben dem Hubschrauber standen und sprach mit ihnen. Die beiden nickten und kamen dann zu uns herüber.
„Wir müssen weiter. Herr Meyer kümmert sich um sie und ihre Autos. Alles Gute!“, verabschiedeten sie sich und stiegen wieder in den Hubschrauber.
Nachdem Henri uns Jan, seinen Studenten und Retter vorgestellt hatte, erklärte Herr Meyer, dass Kays Audi nicht mehr fahrtüchtig sei. Der Audi hatte weiter oberhalb des Hanges geparkt und einige kleinere Gesteinsbrocken waren bei dem Erdrutsch auf ihn gefallen. Die Windschutzscheibe hatte einen Riss und mehrere Beulen waren erkennbar. Kay nahm die Nachricht relativ gelassen auf. Das Auto sei ein Leihwagen gewesen und nicht sein eigenes, erklärte er.
Veras Wagen schien mehr Glück gehabt zu haben. Herr Meyer hatte ihn bereits angesehen und von außen keine Schäden entdecken können. Herr Meyer ließ sich Veras Autoschlüssel geben, um den Wagen von innen zu checken und den Motor zu starten.
Henri tippte mir auf die Schulter. „Mein Handy funktioniert wieder. Gibst du mir deine Nummer? Jan und ich wollen gleich nach Wien zurückfahren. Ich würde dich gerne noch einmal wiedersehen! Vielleicht komme ich mal nach Berlin, dann kannst du mir die Stadt zeigen!“
Das Handy! Natürlich! dachte ich. Meins müsste doch auch wieder funktionieren.
Ich kramte mein iPhone aus meiner Jackentasche und schaltete es ein. Der Empfang war nicht berauschend, aber es waren immerhin zwei Balken erkennbar.
„ Juhuu, meins geht auch wieder!“, rief ich. Wir waren
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