Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stachelzart

Stachelzart

Titel: Stachelzart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Wollesen
Vom Netzwerk:
abends immer bei Kerzenschein da saßen. Und da saß ich nun wieder bei Kerzenlicht mit einem attraktiven Mann zusammen. Vielleicht lag es an meiner Stimmung, vielleicht aber auch am Alkohol, dass ich Henri auf einmal tief  in die Augen blickte (Nanu, wo waren denn seine Augen? Sehr verschwommen der gute Henri!) und ihn trotzig aufforderte: „Güssmich!“
    „Wie bitte?“
    „Du sollsmichgüssn!“
    Henri runzelte die Stirn. „Du bist ja total betrunken. Verträgst wohl nicht viel, oder?“
    „Hörauf tsu reden! Güssn!“
    Mann, war Henri schwer von Begriff!
    Ich spitzte die Lippen, doch er machte keinerlei Anstalten mich zu küssen. Ich seufzte. Alles musste man selber machen. Ich wollte jetzt und sofort einen Kuss.
    Und nicht mehr von Kay – ätsch – sondern von Henri.
    „Anna, was machst du denn?“ Henri verfolgte verdutzt, wie ich vom Sofa aufstand und auf den Sessel, in dem er saß, zu schwankte.
    Nanu? Seit wann war mein Fußboden denn so wackelig?
    Ich zeigte mit dem Finger auf Henri und nuschelte: „Ichgüssdichjetz!“
    Dann warf ich mich ihm an den Hals (war auch besser, denn stehen ging nicht so gut) und presste meine Lippen auf seine.
    „Schade!“, murmelte ich danach. „Kribbelt nich. Unbeidir?“
    „Ich glaube, du gehst jetzt lieber ins Bett“, bestimmte Henri und schob mich sanft in Richtung Schlafzimmer.
    „Vielleicht besser“, nuschelte ich. Irgendwie fühlte ich mich gerade auch nicht so gut.

Dreizehntes Kapitel
     
    Mittwoch, 16. Oktober
     

     
     
    Ah, aua, Kopfschmerzen!
    Megamäßige Kopfschmerzen!
    Ganz vorsichtig öffnete ich die Augen. Aiii, Licht! Viel zu viel Licht! Geblendet schloss ich die Augen wieder. Was war denn bloß los mit meinem Hirn?
    Ich presste die Fingerspitzen gegen die Schläfen und versuchte so die Kopfschmerzen kurzzeitig zu betäuben. Ganz langsam fiel mir alles wieder ein: Henri – Alkohol – Henri?
    Oh nein, ich hatte versucht Henri zu küssen!
    War etwa noch mehr passiert? Mit geschlossenen Augen streckte ich die Hand aus und tastete ganz vorsichtig das Bett ab.
    Puh, leer. Kein Henri in meinem Bett – Gott sei Dank!
    Wie hatte es nur so weit kommen können? Hoffentlich war Henri immer noch mein Freund. So ganz genau konnte ich mich nicht daran erinnern, was mit uns beiden passiert war. War es bei dem einen Kuss geblieben?
    Ganz vorsichtig setzte ich mich auf.
    Keine gute Idee.
    Sofort meldete mein Kreislauf 'Alarmstufe Rot' und ich ließ mich zurück ins Kissen sinken. Zu allem Überfluss klingelte es nun auch noch an der Haustüre.
    Dingdong .
    Ich konnte unmöglich öffnen. Sollte derjenige eben später wiederkommen. Bestimmt war es sowieso nur der Paketbote, der ein Paket für meine Nachbarn bei mir deponieren wollte. Ich hatte nämlich nichts bestellt.
    Nackte Füße tappten über die Holzdielen und ich hörte, wie jemand zur Haustüre ging und sie öffnete.
    Henri!
    Er war also noch da.
    Lautes Murmeln kam aus dem Hausflur. Ich spitzte die Ohren, konnte aber nichts verstehen. Ein erstaunter Ausruf und dann Henris Stimme, die etwas erwiderte. Wer war denn das vor meiner Haustüre? Hörte sich irgendwie nicht nach dem Postboten an. War das vielleicht Mimi? Oder etwa Vera? Aber was wollte Vera denn bei mir?
    Stöhnend schwang ich die Beine nun doch aus dem Bett und hangelte mich vorsichtig an der Wand entlang in Richtung Haustüre. Falls dort draußen wirklich Vera stand, musste ich Henri zur Hilfe eilen. In meinem Schlaf-T-Shirt mit verwuschelten Haaren und verwischtem Make-up machte ich sicher im Moment nicht viel her, aber das war mir gerade herzlich egal. Meine Kopfschmerzen waren so schlimm, dass mir mein Aussehen gerade völlig egal war.
     
    Der Anblick, der sich mir im Hausflur bot, war mir dann aber doch nicht egal.
    Oh Gott, das durfte doch nicht wahr sein!
    Im Türrahmen stand Henri in Boxershorts und T-Shirt mit seiner typisch verwuschelten Frisur. Und vor ihm stand, oh mein Gott, vor ihm stand Kay.
    Ich musste unbewusst einen Laut des Entsetzens ausgestoßen haben, denn die beiden Männer drehten sich fast zeitgleich zu mir herum.
    „Na, wen haben wir denn da?“ Kay musterte mich abfällig. „Anna, die Wanderhure. Ich habe es ja nicht glauben wollen, aber nun ist mir alles klar. Wahrscheinlich hast du uns beiden etwas vorgespielt.“ Er tippte Henri auf die Brust. „Du kannst sie haben. Ich stehe nicht auf Flittchen!“
    Ich schnappte empört nach Luft. Das war ja wohl das Unverschämteste, was jemals jemand zu mir gesagt

Weitere Kostenlose Bücher