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Stadt Aus Blut

Stadt Aus Blut

Titel: Stadt Aus Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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einen weiteren halben Liter gönnen sollte. Andererseits habe ich die letzten Tage ziemlich geprasst und ich will es nicht übertreiben. Meine Rippen werden schon irgendwann verheilen. Also hänge ich rum und schaue mir ein paar Filme an. Horrorfilme. Nicht, weil ich so auf sie abfahre, aber man kann immer was daraus lernen. Persönlich würde ich mir ja eher so etwas wie Der Schatz der Sierra Madre oder Miller’s Crossing reinziehen. Stattdessen schaue ich Das Schreckenskabinett des Dr. Phibes bis zur Hälfte. Dann wird es mir langweilig, und ich lege Martin ein. Den habe ich schon ein paarmal gesehen, weil er der Wirklichkeit ziemlich nahe kommt. Durch Horrorfilme verschaffen sich die Leute ein Bild von Vampyren und dem ganzen übernatürlichen Zeug, also halte ich mich gerne auf dem Laufenden. Ich gucke mir fast jeden Film im Kino an, der rauskommt, einschließlich der Splatter-Sachen. Und die älteren Filme habe ich auf DVD.
    Vor ein paar Jahren ging ein kleiner Van Helsing aus Jersey mit Kruzifix und Weihwasser auf mich los. Ein Unabhängiger hatte seine Schwester kaltgemacht, und der Kleine hatte alles vom Badezimmer aus mit angesehen. Seitdem hatte er nur ein Ziel: die Untoten zu vernichten. Keine Ahnung, warum er sich gerade mich ausgesucht hat. Vielleicht trieb er sich nur im East Village herum, weil es dort so viele Freaks gibt, die wie Vampire aussehen. Auf jeden Fall ist er mir ein paar Tage lang gefolgt und kam zu dem Schluss, dass ich eine Ausgeburt der Hölle sei. Eines Nachts griff er mich vor dem Doc Holliday’s an. Er war mit einem Kruzifix und einer Sprühflasche voll Weihwasser bewaffnet. Ich ließ mich von ihm ein paar Blocks lang verfolgen, weil auf der A immer so viele Leute herumlaufen. Dann nahm ich ihm das Kreuz ab und bat ihn höflich, die Wasserspritzerei bleiben zu lassen. Er flippte aus, nannte mich einen Diener Satans und so einen Scheiß. Ich stellte mich dumm, trank das Weihwasser und küsste das Kruzifix. Das beruhigte ihn. Letzten Endes heulte er sich an meiner Schulter aus. Ich gab ihm den guten Rat, einen Doktor aufzusuchen, und ließ ihn gehen. Dann folgte ich ihm zu seiner Bude, wartete, bis er eingeschlafen war, trat die Tür ein und ließ ihn in der Badewanne ausbluten, sodass es wie ein Selbstmord aussah. Solche Typen sind brandgefährlich, und man kann sie nicht einfach frei rumlaufen lassen.
    Schuld daran sind die Filme. Es war offensichtlich, woher er seine Ideen und die seltsamen Texte hatte. Hätte er Dracula nicht gesehen, hätte er einfach nur seine Schwester betrauert und wäre nie auf die Idee gekommen, Jagd auf uns zu machen. Evie schaut sich auch ganz gerne Horrorfilme an. Nicht als Lehrmaterial, sie liebt das Zeugs einfach. Aber das ist okay, solange ich ab und zu einen Howard-Hawks- oder Billy-Wilder-Film dazwischenschmuggeln kann.
    Um drei Uhr klingelt das Telefon. Es ist die Frau, von der mir Predo erzählt hat.
     
    Man sagt, das King Cole an der St. Regis wäre eine der schönsten Bars in ganz New York. Das stimmt. Das alte Eichenholz, die erstklassigen Nutten und das original Max-Parrish-Wandgemälde machen die Anstrengung, zum zweiten Mal innerhalb von zwei Tagen nach Uptown fahren zu müssen, fast wert. Zumindest ist es Nacht, und ich kann meinen Burnus zu Hause lassen. Die Hostess an der Tür fragt mich, ob ich einen Tisch will, und ich sage ihr, ich würde mich mit jemandem treffen. Sie lächelt und macht mir den Weg frei, sodass ich mich umsehen kann. Ich entdecke sie sofort. Sie sitzt in einer Ecke an einem dieser kleinen Cocktailtischchen, die einzige Person im Raum ohne Begleitung. Als ich auf sie zuschlendere, steht sie auf.
    – Mr. Pitt?
    – Joe. Einfach Joe.
    – Joseph. Wie schön, Sie zu treffen.
    – Ja.
    Sie errötet ganz leicht.
    – Verzeihung, Sie wissen ja immer noch nicht, wer ich bin.
    – Nein.
    Sie setzt sich wieder und lacht herzlich, aber etwas peinlich berührt.
    – Tut mir leid. Ich bin Marilee Ann Horde.
    Ich beiße die Zähne zusammen. Marilee Ann Horde. Vielen beschissenen Dank, Mr. Dexter Arschloch Predo. Sie sieht, dass ich dumm herumstehe.
    – Wollen Sie sich nicht setzen und einen Drink nehmen?
    Ich setze mich.
    – Eine Frage, Joseph.
    – Ja?
    – Was ist mit Ihrem Gesicht passiert?
     
    Unser Telefongespräch war recht kurz. Sie wollte ihr Problem lieber unter vier Augen bereden. Sicher, sagte ich, aber wenn, dann heute Abend. Sie schlug sechs Uhr vor, aber mir war halb neun lieber. Im Cole? War mir recht.
    Auf dem

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