Stadt Aus Blut
war hysterisch. Nach der ganzen Aufregung braucht sie etwas Ruhe. Sie wurde von dem Abschaum da entführt. Das ist ein traumatisches Erlebnis.
– Du lügst.
Er wiegt das Mädchen sanft hin und her.
– Doch, Schatz, so war es. Dieser Mann hat sie einfach von der Straße weg entführt. Und dabei hattest du ihn doch beauftragt, sie zu finden.
– Ich?
– Seltsamer Zufall, nicht wahr? Nur, dass es überhaupt kein Zufall war. Stimmt doch, Schatz, oder?
– Dale, worauf willst du hinaus?
– Das war wirklich schlau von dir. Einen Mann zu beauftragen, der deine Tochter erst entführt und dir dann hilft, sie wiederzufinden.
– Nein.
Er zieht eine Show ab, probt seinen Auftritt, damit die Geschichte richtig sitzt, wenn er damit vor die Öffentlichkeit tritt. Mir soll’s recht sein. Alles ist besser als das wütende Ding mit den Reißzähnen in mir drin.
– Doch, genauso ist es gewesen. Wie dumm von mir, dass ich es nicht gleich bemerkt habe. Ich hätte es wissen müssen, als ich mich mit ihm über den Fall unterhalten habe.
– Ich bring dich um.
Irgendetwas geht zu Bruch.
– Gentlemen, würden Sie bitte aufpassen, dass sich meine Frau nichts antut.
Ich höre Schritte und ein kurzes, stummes Handgemenge.
– Aber verletzen Sie sie nicht. Bitte.
– Leck mich, Dale! Du Arschloch!
– Vielleicht könnte ihr einer von Ihnen ein paar Kubikzentimeter aus der Ampulle geben, mit der ich auch meine Tochter versorgt habe? In der Tasche dort finden Sie eine saubere Spritze. Einfach intramuskulär verabreichen. Das sollte genügen.
– Nein! Verpisst euch!
Sie kreischt. Horde flüstert seiner Tochter sanft etwas zu. Und ich winde mich derweil in fürchterlichen Schmerzen. Dann hört Marilee auf zu schreien.
– So ist es besser. Jetzt kommen wir zum amüsanten Teil der Geschichte: Ich hatte dich ja nur im Verdacht, mit deinem Laufburschen ein Verhältnis zu haben. Aber die Leute, die dir auf meinen Befehl hin gefolgt sind, haben dich in Chester Dobbs’ Büro gesehen. Und da begriff ich die tragische Wahrheit. Ich kann nur vermuten, dass du Dobbs gut bezahlt hast, damit er den Fall diesem Mann hier überträgt. Aber was geschah dann? Wollte Dobbs dich erpressen?
Von der Couch her ist ein gedämpftes Stöhnen zu hören.
– Nein, nein. Du brauchst nichts zu sagen. Entspann dich. Gehen wir von Erpressung aus. Warum hättest du ihn sonst umbringen sollen?
Ich höre mir die Lügengeschichte an, mit der Horde uns reinreiten will. Ich versuche, ihm einen Schritt voraus zu bleiben und zu raten, was als Nächstes kommt: Ich und seine Frau stecken unter einer Decke und haben seine Tochter entführt. Marilee hat Dobbs umgebracht. Ich versuche mir vorzustellen, ob das wirklich hieb- und stichfest sein könnte. Verzwickte Angelegenheit. Sehr gut. Aber nicht verzwickt genug, um mich wirklich abzulenken.
Die Schmerzen werden unerträglich.
– Es war wirklich eine glückliche Fügung des Schicksals, dass ich mich an Amandas Versteck im letzten Sommer erinnern konnte. Obwohl es schon ziemlich schlau von deinem Partner war, den Schauplatz eines erst jüngst geschehenen Massakers als Versteck zu wählen. Wer kommt schon auf die Idee, dort nachzugucken. Leider...
Die Schmerzen haben einen neuen Grad erreicht.
– Leider konnten wir dich nicht mehr retten. Aber zum Glück...
Ich hatte noch nie in meinem Leben solche Schmerzen.
– Zum Glück kamen wir rechtzeitig, um Amanda zu retten. Bevor er ihr noch mehr antun konnte, als er bereits getan hatte. War das der Grund?
Diese Schmerzen sind etwas Neues.
– Habt ihr euch deswegen gestritten? Weil du gesehen hast, wie er sie missbraucht hat? Ich vermute, dass zum Schluss doch deine mütterlichen Instinkte die Oberhand bekommen haben und du verzweifelt versucht hast, unsere kleine Tochter zu retten. Wie mutig von dir, sich ihm entgegenzustellen. Wie schrecklich es gewesen sein muss, als er dir die Nadel der Betäubungsspritze in den Arm gerammt hat und du nur hilflos zusehen konntest.
Diese Schmerzen leben.
– So hilflos, während er sich erneut an deiner Tochter verging, direkt vor deinen Augen. Dann musstest du mit ansehen, wie er sich endlich dir zuwandte. So einen schrecklichen Tod hat niemand verdient. Wären wir nur einen Moment früher dazugekommen, hätten wir mehr tun können, als nur deinen Tod zu rächen.
Diese Schmerzen atmen.
– Aber es war schon zu spät. Jetzt ist alles vorbei. Vielleicht findest du Frieden, wenn du weißt, dass deine Tochter in
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