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Stadt aus Trug und Schatten

Stadt aus Trug und Schatten

Titel: Stadt aus Trug und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Gläser
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hüstelte empört, weil ich schon wieder etwas falsch machte.
    Ich war schlecht, anders konnte man es nicht sagen. Nichts, aber auch gar nichts wollte mir gelingen. Weder Tritte noch Sprungkombinationen. Und der hölzerne Langstab, der beinahe zwei Meter maß, behinderte mich mehr, als dass er mir geholfen hätte.
    »Bei dir sieht das alles aus wie Schwanensee, Flora. Willst du deine Gegner in die Flucht tanzen? Sollen sie sich vor Lachen ergeben?« Madame Mafalda rümpfte die erbsengroße Nase, während ich den Kopf hängen ließ.
    »Ich bin wohl ein hoffnungsloser Fall«, murmelte ich und wollte meinen Stab weglegen.
    »Halt! Das kommt gar nicht infrage«, protestierte die Schwester des Großmeisters und ich hielt in meiner Bewegung inne. Madame Mafalda fuchtelte mit ihrem Fächer aus Straußenfedern. »Aufgeben, das wäre ja noch schöner. Nein, nein, nein, Katharina wird dir helfen. Katharina?«
    Es wäre wohl niemand weniger dazu geeignet gewesen, mir etwas beizubringen, als Katharina. Mit gelangweilter Miene trat sie mir gegenüber.
    »Natürlich, wie Sie wünschen«, sagte sie zu Madame Mafalda und nur das gehässige Blitzen in ihren Augen verriet, was sie vorhatte. Ich bemerkte es zwar, doch ich hatte trotzdem keine Chance. Ohne mich zu warnen, ließ Katharina ihren Langstab auf mich niederschnellen. Sie hatte nicht einmal ausgeholt.
    Es gelang mir nur noch, mich zur Seite zu werfen, sodass der hölzerne Stab nicht meinen Kopf, sondern meine Schulter traf, was, unter uns gesagt, schon schlimm genug war. Es hätte mich nicht gewundert, wenn sowohl meine Knochen als auch Katharinas Langstab bei diesem Schlag zersplittert wären. Ich meinte tatsächlich ein Knirschen zu hören, als die Wucht des Aufpralls mich einen Sekundenbruchteil später in die Knie gehen ließ. Heißer Schmerz durchzuckte meinen Arm. Ich schrie auf.
    »Ein wenig vorsichtiger«, mahnte Madame Mafalda und Katharina machte ein betroffenes Gesicht.
    »Ich konnte ja nicht ahnen, dass sie so unfähig ist«, sagte sie und schickte sich an, einen neuen Hieb auf meinem Körper zu platzieren, diesmal tatsächlich etwas langsamer.
    Allerdings war ich nun noch weniger in der Lage, mich zu verteidigen. Vor Schmerz waren mir die Tränen in die Augen geschossen. Schniefend saß ich auf dem Marmorboden des Saales und hielt mir die Schulter, meinen Langstab hatte ich längst fallen lassen. Ich kniff die Augen zusammen, wartete auf den nächsten Schlag.
    Und der kam.
    Mein Körper zitterte vor Anspannung, die Härchen auf meinen Armen richteten sich auf. Ich hörte das feine Sirren, mit dem der Stab die Leere über mir durchschnitt, und spürte den Luftzug auf meinen Wangen. Gleich war es so weit. Jetzt!
    Ich zuckte zusammen, als der Hieb mit einem Knall unterbrochen wurde. Holz prallte auf Holz. Jemand wirbelte um mich herum, ein Stück Stoff berührte mein Haar und ein bekannter Duft streifte meine Nase. Finnischer Wald. Ich blinzelte und erkannte Marian, der mich gerettet hatte und Katharinas Langstab mit seinem eigenen zurückdrängte.
    Im Hintergrund seufzte Madame Mafalda auf ihrem Stuhl und schürzte die wulstigen Lippen. »Also gut, Flora. Mach eine Pause. Vielleicht solltest du erst mal zusehen, wie es geht.«
    Auf allen vieren kroch ich zu der Bank, die gleich vor einem der Wandwasserfälle stand, und ließ mich darauf nieder. Mit dem Ärmel wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht, dann betastete ich meine Schulter. Sie tat weh, bewegen konnte ich sie aber noch, sie war wohl nicht gebrochen. Vermutlich würde mir allerdings ein Bluterguss von der Größe eines Fußballs blühen. Was hatte diese Katharina nur gegen mich? Warum hasste sie mich so?
    Auch im Kampf gegen Marian zeigte sie keine Gnade. Die beiden umkreisten einander, schnellten vor, sprangen, wichen aus. Die Luft war erfüllt vom Geräusch der aufeinanderprallenden Langstäbe, Hiebe, die wie Regen auf die beiden Gegner niederprasselten.
    Marian war stark. Und er war schnell, viele seiner Bewegungen vermochte ich nur zu erahnen, denn mit bloßem Auge waren sie nicht erkennbar. Doch Katharina hielt dagegen. Sie war kleiner und wendiger. Und gemeiner, wusste jede Unachtsamkeit für sich zu nutzen, fuhr ein Ablenkungsmanöver nach dem anderen.
    Eine Weile lang waren beide Kontrahenten gleichauf. Doch dann landete Katharina plötzlich einen empfindlichen Tritt in Marians Magengrube und löste damit etwas aus, was mich nach Luft schnappen ließ.
    Von einer Sekunde zur nächsten war Marian

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