Stadt der Blumen strava3
würde es ihm zustehen, alle Mahlzeiten in Santa-Maria-im-Weingarten einzunehmen und jede Nacht hier zu verbringen.
»Du musst aber auch aufhören zu fluchen, Glücksspiele zu machen und dich in schlechter Gesellschaft aufzuhalten«, sagte Bruder Tullio ernst.
»Und du darfst den Hund nicht behalten«, sagte Bruder Ambrogio. »Mönche dürfen keine Haustiere halten.«
Sandro machte ein sehr unglückliches Gesicht.
»Ärgert ihn doch nicht«, sagte Sulien. »Fratello – das klingt doch schon wie ein Mönch. Er wird unser Bruder Hund sein und bei Tullio in der Küche leben. Wir brauchen jemand, der die Ratten in Schach hält. So, bist du nun bereit dein Gelübde abzulegen?«
Sandro sah sich um; wenn doch nur Bruder Tino und Bruder Benvenuto da wären und ihm durch die Zeremonie helfen könnten! Aber er hatte irgendwie mitbekommen, dass sie nachts nicht in Giglia sein konnten; das hatte was mit ihren Schatten und ihrem Leben in der anderen Welt zu tun. Und schließlich reichte das aufmunternde Lächeln von Sulien und den anderen, um ihm das Gefühl zu geben, dass er hierher gehörte. Endlich bekam er eine Familie – nicht solche Brüder, wie er sie sich immer vorgestellt hatte, und weder Vater noch Mutter. Aber es reichte. »Ich bin so weit«, sagte er.
Es war viel schlimmer, als sie alle vermutet hatten. Nicholas hatte zunächst nicht darüber reden wollen, aber Georgia wollte natürlich alles über seine Unterredung mit Lucien wissen, da sie einen Tag in Giglia verpasst hatte. »Stellt euch vor, er hat mir erzählt, dass mein Vater ihn zum Duell herausgefordert hat«, berichtete Nicholas. Das stimmte tatsächlich, auch wenn er es erst später mitbekommen hatte. Wenn möglich wollte er den anderen seinen Plan, dem Lucien hoffentlich zustimmen würde, noch vorenthalten. Aber diese Nachricht war schon beunruhigend genug. »Zum Duell?«, fragte Georgia. »Aber er kann Herzog Niccolò doch niemals schlagen!«
»Großherzog Niccolò«, verbesserte sie Nicholas. »Stimmt, und Gaetano kann ihm dabei nicht helfen. Der braucht noch Wochen, bis er wieder so gekräftigt ist, dass
er ein Schwert halten kann. Aber Sky kann als einer seiner Sekundanten fungieren. Er darf zwei mitbringen.«
»Wie kannst du das nur so ruhig erzählen?«, fragte Georgia aufgebracht. »Selbst wenn Lucien Niccolò in einem fairen Kampf besiegen könnte – was ich bezweifle
–, wie sollen wir sicher sein, dass der Großherzog fair kämpft?«
»Warum hat er Lucien überhaupt gefordert?«, fragte Sky. »Man sollte doch meinen, dass er ihm dankbar ist für die Beschaffung der Arznei.«
»Er hat erzählt, es handle sich um eine Beleidigung seiner Ehre«, sagte Nicholas.
»Aber er hat nicht erwähnt, was für eine.«
»Vielleicht hat Arianna Niccolò abgewiesen«, meinte Alice. Alle drehten sich entsetzt nach ihr um; was sie da sagte, klang irgendwie logisch. Wenn Niccolò eifersüchtig war, dann war die Herausforderung zu einem Duell genau das, was er tun würde.
Georgia spürte einen Stich – würde Lucien auch gegen Niccolò kämpfen, wenn der Großherzog um ihre Hand angehalten hätte? Doch dann wurde ihr die Absurdität dieser Vorstellung bewusst und sie lachte etwas hysterisch auf. »Er kommt dabei um, ganz bestimmt«, sagte sie. »Und diesmal gibt es für ihn kein zweites Leben.« Nicholas schmerzte es zutiefst, sie so aufgelöst zu sehen; aber vielleicht konnte er sie ja trösten. »Da sei mal nicht so sicher«, sagte er.
Niccolò nahm den Palast am anderen Flussufer am nächsten Tag in Besitz. Doch die Giglianer hielten an seinem Namen fest; obwohl Generationen von Chimici-Großherzögen und -Prinzen dort leben sollten und nicht einer von Matteos Familie jemals wieder einen Fuß hineinsetzte, hieß er bei der Bevölkerung weiterhin der Nucci-Palast.
Niccolò hatte gute Gründe, dort einzuziehen; seine Söhne erholten sich und er wollte sie wieder bei sich haben. Der Palazzo Ducale war in seinen Augen befleckt: Er würde ihn immer mit den vor den Stufen angeschwemmten Resten des Hochzeitsbanketts in Verbindung bringen, mit der öffentlichen Erniedrigung durch seinen Bruder und mit seinem abgewiesenen Antrag.
Der Nucci-Palast, von der Flut unzerstört, repräsentierte einen Neubeginn, und der Großherzog war erfahren mit Neubeginnen. Er schritt durch die erlesenen Empfangsräume und bewunderte den Geschmack und den Reichtum, der hinter dem Zierrat und der Möblierung steckte. Er ließ alle Nucci-Porträts abnehmen und stattdessen
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