Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
Grimasse. Er hob die Äxte und griff an.
Saiman wich ihm aus, aber die Schneide der linken Axt erwischte ihn am Oberschenkel. Blut lief über die schneeweiße Haut. Saimans monströses Gesicht blickte entsetzt. Sein Gegner hielt inne, um die Ovationen entgegenzunehmen.
Saiman starrte das Blut an. Seine Lippen bebten. Ein wildes Leuchten zeigte sich in seinen tief liegenden Augen.
Es war der Schmerz, das wurde mir klar. Der Schmerz war der Schlüsselreiz, den er brauchte. Saiman fürchtete sich vor Schmerzen, und wenn sie ihn dennoch ereilten, würde er alles unternehmen, um zu verhindern, dass sich diese Erfahrung wiederholte.
Mit einem markerschütternden Schrei schwang Saiman seine Keule. Der Reaper sprang beiseite, und die Keule traf den Boden und wirbelte Sandfontänen auf. Ohne innezuhalten, riss Saiman die Keule wieder hoch und griff erneut an. Der Reaper wich mit einem Sprung zurück. Die Stahldornen sausten knapp an seinem Gesicht vorbei. Der Reaper wich nach links aus, dann nach rechts, doch Saiman schlug mit der Keule nach ihm, als wäre sie federleicht. Nun trat der Reaper die Flucht an.
Saiman brüllte und jagte dem Reaper kreuz und quer durch die Grube hinterher, sein Gesicht bot einen Furcht einflößenden Anblick, sein Geist war der Wut hingegeben. Ich war mir nicht mehr sicher, dass er wusste, wo er war und was er tat, aber er wusste auf jeden Fall, dass er den fliehenden Reaper töten musste.
»Vereis ihn«, murmelte Jim. »Du musst ihn vereisen.«
Unsere Blicke trafen sich, und Jim schüttelte den Kopf. Wie die nordischen Krieger in den alten Sagen war Saiman nun zum Berserker geworden und hatte sich schon viel zu sehr seiner Wut ergeben, um sich noch daran zu erinnern, dass er auch über Magie gebot.
Der Reaper blieb stehen. Als die Keule um Haaresbreite an seiner Brust vorbeizischte, wirbelte er herum, schlug mit der rechten Axt nach dem Keulengriff und versuchte Saiman so aus dem Gleichgewicht zu bringen. Das war ein kluger Schachzug. Saimans Schwung, durch den Schlag des Reapers noch befördert, sollte die Keule weiter nach vorn schleudern, und dem Reaper würde sich so die Gelegenheit eröffnen, Saiman am rechten Arm und an der Seite zu treffen.
Doch als die Axt die Keule berührte, schloss sich eine Eisschicht um die blaue Schneide, schoss den Axtstiel hinauf und legte sich um die Faust des Reapers. Der Reaper schrie. Verzweifelt hackte er in die Richtung von Saimans Ellenbogen, doch der ließ die Keule los und schleuderte den Reaper gegen den Maschendrahtzaun. Der Rücken des Reapers knallte direkt vor ihm in den Draht. Ihm blieb keine Zeit, davon abzuprallen. Saiman war sofort über ihm, sein Gesicht vollkommen verzerrt. Er schloss beide Hände zu einer riesenhaften Faust zusammen und schlug damit wie mit einem Vorschlaghammer auf den Schädel des Reapers ein.
Der Reaper wich im letzten Moment aus, und der Schlag traf ihn an der rechten Schulter. Knochen krachten. Der Reaper heulte auf. Saiman griff nach den Schultern seines Gegners. Mit seinen Riesenpranken packte er ihn, riss ihn hoch, als wäre er ein kleines Kind, und rammte dem Reaper dann seine Stirn ins Gesicht. Blut spritzte. Saiman warf den Reaper erneut gegen den Zaun und hämmerte wie ein Besessener mit den Fäusten auf ihn ein.
Der Maschendrahtzaun bebte und ächzte. Bei jedem Hieb drang der Draht in den muskelbepackten Rücken des Reapers und hinterließ blutige, rautenförmige Kerben. Der Reaper war offenkundig nicht mehr bei Bewusstsein. Sein Kopf hing schlaff herab. Saiman schlug wieder und wieder zu, und der Draht schnitt tiefer und tiefer.
»Er wird ihn durch den Maschendrahtzaun dreschen, als würde er ihn durch ein Sieb passieren«, knurrte Jim.
Das Publikum war angesichts der Heftigkeit dieses Angriffs sprachlos verstummt. Nun hallte nur noch Saimans schwerer Atem und sein wütendes Grunzen durch die Grube.
Ich wandte mich an den Mann der Red Guard, der mir am nächsten stand. »Der Reaper ist tot; ihr müsst ihn von ihm wegreißen.«
Der Mann sah mich an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank. »Sind Sie wahnsinnig? Da geht doch jetzt keiner rein. Wenn man da reingehen würde, würde er doch über einen herfallen.«
Hinter uns sammelten sich die Wachen. »Oh, Gott«, murmelte einer von ihnen. Es gab nichts, was man hätte unternehmen können. Wir standen nur da und sahen mit an, wie Saiman seine Wut und Angst an dem längst zu Hackfleisch verarbeiteten Reaper abreagierte.
Vier Minuten später
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