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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Glimmstängel vollführte erneut eine Pirouette. »Die richtige Frage wäre: Wie sehen sie aus, wenn wir sie finden?«
    Auweia. Ich warf ihm das Knäuel zurück. »Das brauche ich nicht, danke. Dieses Wummern hört man ja auch noch als Toter. Was macht hier denn so einen Lärm?«
    Custer langte zu dem Wasserbecken hinüber und klopfte an die Scheibe. Ein Schatten huschte durch die trübe Brühe. Etwas stieß mit dumpfem Knall an die Rückwand des Beckens, und dann tauchte hinter der Glasscheibe ein dunkler Kopf auf. Ein schwarz gesprenkeltes Wesen schob seine Plattnase durch die Algenschicht. Kleine schwarze Augen glotzten an mir vorbei.
    Dann klappte der Kopf auseinander und entblößte ein großes weißes Maul. Die Hautlappen beiderseits des Kopfs erbebten, und ein tiefer Laut erklang. Woumm ! Das Wesen schubberte noch einmal mit der stumpfen Schnauze über die Scheibe und wirbelte dann blitzschnell herum. Ich erhaschte einen Blick auf einen Fuß und auf den langen, muskulösen Schwanz, und dann war er wieder in dem aufgewühlten Wasser verschwunden.
    Ein Japanischer Riesensalamander. Mindestens so groß wie Julie.
    »Whomper«, sagte Custer und winkte mich mit einer wegwerfenden Geste durch.

Kapitel 6
    D er gewundene Weg führte uns tief hinein in das Labyrinth aus verformten Wohnwagen. Im Vorbeigehen spürte ich, dass mich hinter den Fenstern Leute beobachteten. Es kam aber niemand heraus, um Hallo zu sagen, und es wollte auch keiner wissen, was ich hier zu suchen hatte. Ich hatte so das Gefühl, wenn ich irgendwo angeklopft und nach dem Weg gefragt hätte, hätte ich keine Antwort bekommen. Und wenn mich hier jemand aus dem Hinterhalt abknallen wollte, konnte ich eh nicht allzu viel dagegen tun. Julie spürte es auch. Sie blieb ganz still, folgte mir auf dem Fuß und blickte sich immer wieder argwöhnisch um.
    Der Weg führte zu einem Turm aus Trümmern und gabelte sich dort. Dieser Turm, ein Ungetüm aus Müll und Altmetall, ragte über zehn Meter hoch empor. Er verjüngte sich zur Spitze hin, die von einer fast rechteckigen Plattform gebildet wurde. Als ich stehen blieb, um mir das anzusehen, huschten zwei katzengroße Tiere, die mit ihren buschigen Schwänzen an Chinchillas und mit ihren Schnauzen an Spitzmäuse erinnerten, den Trümmerturm hinauf und verschwanden in irgendeinem Versteck.
    Ich ging weiter. Ich musste immer wieder an das Loch im Boden am Versammlungsort der Schwestern denken. Dieses Loch ließ mir keine Ruhe. Jedes unergründlich tiefe Loch im Boden hätte mir keine Ruhe gelassen, zumal so kurz vor einem Flair. Ich fürchtete, dass irgendetwas aus diesem Loch hervorgekommen war – etwas Garstiges, Abscheuliches.
    Die Schwestern der Krähe hatten gegen die erste Grundregel der Hexerei verstoßen: Man pfuscht nicht rum. Entweder man macht es richtig, oder man lässt es bleiben. Ehe man auch nur versuchte zu hexen, wappnete man sich für die möglichen Folgen.
    Hätten sie der Großen Göttin gehuldigt, einer Verkörperung der Natur, einer Art Allzweck-Amalgam aus diversen mildtätigen weiblichen Gottheiten, die bei Kulten hoch im Kurs standen, so hätten sie damit nicht allzu viel Unheil anrichten können. Dazu war diese Göttin, ganz ähnlich wie der Gott der Christen, zu groß und zu gütig. Sie aber hatten der Krähe gehuldigt, was auf etwas Dunkleres und Spezifisches hindeutete. Und je spezifischer der Gott, desto kleiner der Spielraum der Gottesdiener. Das war der gleiche Unterschied wie bei einem Kind. Wenn man dem sagte: »Mach keinen Blödsinn, während ich weg bin«, war das etwas anderes, als wenn man sagte: »Wenn du diese Vase auch nur anrührst, kriegst du drei Tage Stubenarrest.«
    Bis ich herausgefunden hatte, um welche Krähe es ging, musste ich im Blindflug weitermachen. Leider hatten von den Wikingern bis zu den Apachen alle irgendwelche Rabenvögel in ihrer Mythologie. Krähen und Raben erschufen oder verschlangen die Welt, fungierten als Boten der Götter oder als Propheten. Vor Ort hatte nichts auf einen bestimmten Mythos hingedeutet. Nicht einmal bei Bran: kein Akzent, keine eigentümlichen Kleidungsstücke, nichts.
    Was ich brauchte, war ein dicker, fetter Anhaltspunkt. Ein geheimnisvoller Brief, in dem die Hintergründe der ganzen Sache erläutert wurden. Irgendein Gott, der aus dem Nichts auftauchte und mir alles erklärte. Ja, verdammt, ich hätte mich sogar mit einer nervigen alten Dame zufriedengegeben, die besonders geschickt darin war, Geheimnissen auf den Grund

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