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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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anonymer Anrufer hat uns einen Tipp gegeben«, murmelte sie, den Blick auf den Mast gerichtet. »Dass hier etwas vor sich gehen soll …«
    Mit einem lauten Knacken zerbrach der Telefonmast. Die dunkelhaarige Frau schnappte keuchend nach Luft. Die Assistenten zogen sich hektisch zurück und schwenkten ihre Räuchergefäße. Der Mast rotierte auf der Stelle, Flaum umwirbelte die Spitze, dann wankte er und stürzte um. Er krachte gegen die unsichtbare Wand der ersten beiden Wehrkreise, schoss darüber hinweg und landete auf dem Boden, wobei er die fleischfarbene Scheiße über den Asphalt verspritzte. Die Spitze des Mastes stieß in die dritte Glyphenreihe. Mit lautem Knall hallte Magie durch meinen Schädel. Mit einer üblen Verpuffung explodierte eine Wolke aus Flaum am Wehrkreis und rieselte dann harmlos zu Boden. Das Zeug sammelte sich am Kreidekreis, während der Mast zur Ruhe kam.
    Patrice stieß den angehaltenen Atem aus.
    »Ich habe den dritten Kreis vier Meter hoch gemacht«, erklärte ich ihr. »Da kommt es nicht raus, selbst wenn es wollte.«
    »Das dürfte genügen.« Patrice krempelte die Ärmel hoch. »Haben Sie irgendwas in diese Kreise gelegt, das mich verletzen könnte, wenn ich sie überschreite?«
    »Nein. Es ist ein simpler Eindämmungszauber. Spazieren Sie einfach hinein.«
    »Gut.« Sie lief die Böschung hinunter zu den Glyphen und winkte den Assistenten zu, die an der Außenseite des Kreises mit irgendwelchen Geräten hantierten. »Geben Sie sich keine Mühe. Es ist viel zu aggressiv. Wir nehmen eine lebende Probe. So geht es schneller.«
    Sie warf ihr blondes Haar zurück und trat in den Kreis. Die Kreideglyphen entzündeten sich mit einem hellblauen Leuchten. Der Wehrkreis schirmte ihre Magie ab, sodass ich nichts mehr davon spüren konnte, aber was auch immer Patrice einsetzte, musste von großem Kaliber sein. Der Flaum erzitterte. Dünne Tentakel streckten sich Patrice entgegen.
    Ich fragte mich, wer Biohazard angerufen haben könnte. Vielleicht ein guter Samariter, der zufällig vorbeigekommen war?
    Genauso wahrscheinlich war, dass mir plötzlich Flügel wuchsen und ich fliegen konnte.
    Maggie wandte sich mir zu. »Wieso kann sie reingehen, das Zeug aber nicht rauskommen?«
    »Das liegt an der Art, wie ich den Wehrkreis gemacht habe. Dadurch kann man Dinge ein- oder aussperren. Im Prinzip ist es eine Barriere, die man auf unterschiedliche Weise aufbauen kann. Diese hier hat eine hohe magische Schwelle. Die Seuche, die Joshua getötet hat, ist sehr mächtig. Sie ist stark mit Magie gesättigt, sodass sie die Schwelle nicht überschreiten kann. Patrice ist ein Mensch, womit sie per definitionem einen geringeren Magieanteil besitzt. Also kann sie nach Belieben hinein- und hinausgehen.«
    »Könnten wir dann nicht einfach abwarten, bis die magische Welle abklingt und die Seuche abstirbt?«
    »Niemand weiß, was mit der Seuche geschieht, wenn die Magie abklingt. Sie könnte absterben, aber sie könnte auch mutieren und sich in eine Epidemie verwandeln. Aber machen Sie sich keine Sorgen. Patrice wird sie ausrotten.«
    Patrice hob im Kreis die Hände. »Ich bin es, Patrice, die dir befiehlt. Ich bin es, die Gehorsam von dir verlangt. Zeige dich mir!«
    Ein dunkler Schatten wälzte sich über den fleischigen Flaum und legte sich wie gesprenkelte Patina über den Mast und die Überreste der Leiche. Patrice trat wieder aus dem Kreis. Die Assistenten umschwirrten sie mit Rauch und Blüten.
    »Syphilis«, hörte ich sie sagen. »Jede Menge köstlicher magischer Syphilis. Sie lebt und ist hungrig. Hier kommen wir nur mit Napalm weiter.«
    Maggie warf einen Blick auf das Whiskyglas in meiner Hand. Ich setzte es an die Lippen und nahm einen Schluck, um sie glücklich zu machen. Feuer brannte durch meine Kehle. Ein paar Sekunden später konnte ich meine Fingerspitzen wieder spüren. Ich war ins Leben zurückgekehrt!
    »Wurden Sie alle überprüft?«, fragte ich.
    Sie nickte. »Keiner von uns ist infiziert. Ein paar von den Jungs haben Knochenbrüche, aber das ist alles. Sie haben alle nach Hause geschickt.«
    Ich dankte dem Universum für diese kleine Gefälligkeit.
    Maggie erschauderte. »Ich verstehe es nicht. Warum wir? Wir haben doch nie jemandem etwas getan!«
    Sie suchte an der falschen Stelle nach Trost. Ich fühlte mich erschöpft und wie betäubt, und der Stein in meiner Brust schmerzte.
    Maggie schüttelte den Kopf und zog die Schultern hoch.
    »Manchmal gibt es keinen Grund«, sagte ich.

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