Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
wusste nicht, was ich sagen sollte.
Jennifer sah mich von der Seite an. »Hatte Erra Schmerzen, als du ihn verbrannt hast?«
»Ja.«
»Es hat nicht genügt.« Jennifer betrachtete die Leichen, die nebeneinander auf dem Schnee lagen.
»Nein. Ich wollte sie töten, aber die Frau hat mich zurückgehalten.«
Wir beide sahen die alte Frau an. Sie hockte auf dem verschneiten Boden, den Speer im Schoß. Vier Werwölfe bewachten sie.
»Naomi war zwölf«, sagte Jennifer.
Ein Jahr jünger als Julie.
Das Alpha-Weibchen blickte mich wieder an. Ihre Augen waren feucht. »Ich hasse dich dafür, dass du sie getötet hast.«
Willkommen im Club.
Eine Karawane aus Jeeps des Rudels traf auf dem Parkplatz ein.
»Es schmerzt, und man möchte jemandem Schmerzen zufügen, egal wem«, sagte ich. »Weil man sich besser fühlt, wenn man jemandem wehtun kann.«
»Ja.«
»Aber so ist es nicht. Ich habe Dutzende Formorier getötet, nachdem Bran gestorben war. Es hat nicht geholfen.«
»Ich bin nicht du«, sagte sie.
»Wir alle sind menschlich«, erklärte ich ihr.
Ein Arm legte sich um mich. Mein Herz wollte mir aus der Brust springen. Curran zog mich an sich und küsste meine Stirn.
»Ich werde dir ein Glöckchen umhängen«, sagte ich, »damit ich beim nächsten Mal vorgewarnt bin.«
Er musterte mein Gesicht. »Alles in Ordnung mit dir?«
»Ich habe Brenna und Jennifers kleine Schwester getötet. Und den Dingo. Davon abgesehen geht es mir großartig. Alles wunderbar.«
»Klar.« Er sah Jennifer an.
Sie saß wie erstarrt da.
»Die Wagen sind da. Ladet eure Leute ein. Daniel wartet in der Festung auf dich.« Er wandte sich mir zu. »Kannst du gehen, oder soll ich dich tragen?«
Ich würde mich auf gar keinen Fall von ihm irgendwohin tragen lassen. Ich erhob mich ächzend. Meine Beine waren etwas wacklig, aber sie hielten mich aufrecht. Wir gingen Seite an Seite zum Rudel-Jeep. Er öffnete die Beifahrertür, und ich stieg ein. Er gab noch ein paar letzte Anweisungen, dann fuhren wir los.
*
Die Festung bestand aus lauter Treppen. Und noch mehr Treppen. Steig einfach weiter. Einen Fuß vor den anderen. Brennas Biss in meinem Schenkel brannte. Meine Lungen waren auf die Größe von Golfbällen zusammengeschrumpft.
Ich wollte nicht auf den verdammten Treppenstufen zusammenbrechen. Je höher wir hinaufstiegen, desto mehr Leute blieben stehen und blickten uns nach, und ich wollte nicht in Ohnmacht fallen, während die Hälfte der Bewohner der verdammten Festung mich beobachtete.
»Nur noch ein Stockwerk«, murmelte Curran.
Ich biss die Zähne zusammen.
Stufe, Stufe, Stufe. Der Absatz vor seinem privaten Korridor. Geschafft.
Die Zugangstür zu Currans privaten Gemächern schwang auf. Derek hielt sie von innen auf.
Curran drehte sich zu der kleinen Gruppe von Gestaltwandlern um, die uns gefolgt war. »Geht jetzt.«
Ich blinzelte, und im nächsten Moment war die Treppe menschenleer. Unsere Eskorte hatte sich mit Rekordgeschwindigkeit verflüchtigt.
Curran hob mich auf.
»Was tust du da?«
»Niemand wird dich sehen. Dein Ruf bleibt intakt. Hier sind nur du und ich.«
Ich blickte zu Derek.
»Er hat nichts gesehen«, sagte Curran und trug mich durch die Tür.
»Ich habe nichts gesehen«, bestätigte Derek und verriegelte die Tür.
Ich legte die Arme um Currans Hals und ließ mich von ihm am Trainingsraum und Flittchenzimmer vorbei zu einer weiteren Treppe tragen, die zu seinen Räumen führte.
»Wohin?«, fragte er.
Auf der linken Seite war ein Wohnzimmer mit großer grauer Couchgarnitur. Geradeaus befand sich die Tür zum Schlafzimmer. Rechts gab es eine weitere Tür.
»Bad«, sagte ich.
Er trug mich durch die rechte Tür. Eine riesige Badewanne nahm den größten Teil des Raumes ein.
Warmes Wasser. Der Himmel!
»Würde es dich stören, wenn ich ein Bad nehme?«
Er ließ mich behutsam zu Boden sinken. »Brauchst du noch irgendetwas?«
Ich schüttelte den Kopf und zog mich aus. Er wartete ab, bis ich mich unversehrt in der Wanne niedergelassen hatte, dann ging er.
Ich ließ das Wasser kochend heiß einlaufen. Selbst als es mir bis zum Schlüsselbein stand, war noch ein guter halber Meter Platz in der Wanne.
Einige Zeit später kam Curran herein und brachte mir ein Glas Wasser mit Eis. Er setzte sich neben die Badewanne und legte mir eine Hand auf die Stirn.
»Du hast Fieber.«
Ich schüttelte den Kopf. »Brenna hat mich gebissen.«
Gifts Gift war offenbar sehr giftig. Das Lyc-V-Virus schien sich massenhaft
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