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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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setzte mich auf. »In der Tasche meiner Jeans sind ein paar Papiere.«
    Er griff nach der Jeans und zog mehrere zerrissene, mehrmals zusammengefaltete Buchseiten heraus. Ich hatte sie aus einem zerfetzten Buch gerissen, nachdem Erra meine Wohnung verwüstet hatte.
    Curran faltete die Blätter auseinander.
    Das erste Blatt zeigte das Bild eines großen Mannes im Umhang, der die Straße zu einer Stadt entlangging. Rauchfäden, die als kurze Striche dargestellt waren, gingen wie ein übler Pesthauch von ihm aus. Vor ihm rannten Tiere durch die Felder – Schafe, Ochsen, Pferde, Hunde. Das Vieh floh in einer schrecklichen Stampede. Die Bildunterschrift lautete »Erra, der Seuchenbringer«.
    Curran sah sich die Zeichnung eine Weile an, während sich von seinen Fingern aus nasse Flecken im Papier ausbreiteten. Dann ließ er es auf den Boden des Badezimmers fallen.
    Zweites Blatt. Dieselbe Gestalt im Umhang, wie sie durch die Straßen der Stadt lief. Überall sanken die Menschen zu Boden, die Gesichter von Geschwüren entstellt. Curran ließ auch dieses Blatt fallen.
    Dieselbe Gestalt mit sieben anderen, die vor ihr im Nebel kauerten.
    Auf dem vierten Bild wieder Erra, als Mann dargestellt, lachend, die Arme ausgebreitet, während hinter ihm ein Tempel brannte.
    »Erra«, sagte ich. »Als Mann gezeichnet, aber in Wirklichkeit eine Frau. Über sechstausend Jahre alt. Rolands ältere Schwester.«
    Curran sah mich an.
    Ich schluckte. Fünfundzwanzig Jahre Konditionierung zu durchbrechen war schwieriger, als ich gedacht hatte.
    Ich zeigte auf das Blatt. »Was siehst du?«
    »Einen Feind.«
    Danke, dass Sie es mir noch schwerer machen, Eure Majestät.
    Ich musste es aussprechen. Er hatte seine Karten auf den Tisch gelegt, und er hatte das Recht zu erfahren, worauf er sich einließ. Aus einer Lüge kann man kein Glück destillieren. So funktioniert es nicht im Leben.
    Ich entkrampfte meine Kiefermuskeln. »Ich sehe meine Tante.«
    Er brauchte einen Moment. Dann flammte das Verstehen in seinen grauen Augen auf. Ja, er hatte es kapiert.
    »Sie wird nicht aufhören, bevor sie oder ich tot sind«, sagte ich. »Ich kann mich nirgendwo vor ihr verstecken, und selbst wenn es ein sicheres Versteck gäbe – ich laufe nicht weg. Du hast gesehen, was sie anrichtet. Wenn ich nicht kämpfe, wird sie jeden töten, mit dem ich in Verbindung stehe. Sie ist meine Verwandte, und ich trage die Verantwortung. Jetzt geht es nur noch um Leben oder Tod.«
    Meine Kehle war so trocken, dass meine Zunge zu einem verdorrten Blatt wurde.
    »Wenn ich verliere, sterbe ich. Wenn ich siege, wird Roland wissen wollen, wer seine Schwester auf dem Gewissen hat. Das geht in jedem Fall nicht gut für mich aus. Mit mir zusammen zu sein hat Konsequenzen. Das ist eine davon. Durch meine Anwesenheit gefährde ich dich und deine Leute. Ich weiß, dass ich gesagt habe, ich würde mich nach Wärme und einer Familie sehnen, aber die Wahrheit sieht so aus, dass ich aus gutem Grund allein bin. Sobald wir zusammenleben, droht dir und allen, die du kennst, große Gefahr.«
    Ich wünschte, sein Gesicht würde mir einen Hinweis geben, was er empfand oder dachte.
    »Ich werde nie sittsam an deiner Seite sitzen. Ich werde dir offen sagen, was ich denke, und das wird dir nicht immer gefallen. Ich werde nicht deine Prinzessin sein, die in der Gemütlichkeit und Sicherheit des Turmes lebt, den du gebaut hast. Das ist einfach nicht mein Ding. Und selbst wenn es das wäre, könnte mir keine Armee dieser Welt Sicherheit geben. Wenn ich jemals Kinder bekommen sollte, werden sie in ständiger Gefahr leben. Das würdest du bekommen, wenn du mich zu deiner Partnerin machst.«
    Er sagte nichts. Ich redete ohne Punkt und Komma. Es ging um wichtige Dinge, und ich zerquatschte alles.
    Meine Finger waren kalt geworden. So viel warmes Wasser, und ich fror. Meine Stimme klang matt. »Ohne dich zu sein macht mich sehr unglücklich. Ich habe nicht genug Willenskraft, um dich zu verlassen. Ich habe es versucht. Wenn du es also beenden möchtest, musst du das einsetzen, was dich zum Herrn der Bestien gemacht hat, und mich verlassen. Sag mir nicht, was ich deiner Meinung nach vielleicht hören will, solange du es nicht wirklich so meinst. Ich werde dir nichts übelnehmen. Steig aus dieser Wanne, sag Derek, dass er mir ein Zimmer geben soll, und ich werde das Thema nie wieder ansprechen.«
    Ich sah Curran an. Er trug immer noch sein Herr-der-Bestien-Gesicht: neutral und etwa so ausdruckslos wie eine

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