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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Oberfläche war ungewöhnlich – glatt poliert und hell, wie Treibholz. Kleine, anscheinend mit einem glühenden Draht eingebrannte schwarze Zeichen überzogen das Holz. Vögel, Löwen, Wellenlinien, geometrische Figuren … und Hieroglyphen, die man seitlich in den Schaft geritzt hatte. Jede Zeichengruppe war durch eine waagerechte Linie voneinander getrennt. Vor den Linien waren kleine senkrechte Striche angebracht, an einigen Stellen nur wenige, an anderen so viele, dass sie ganz um den Schaft herumreichten.
    Die Brandzeichen endeten etwa einen halben Meter vor der Speerspitze. Interessant.
    »Sieh dir diese Stelle an.« Naeemah zeigte auf die letzte Hieroglyphengruppe. Ihr Gesicht nahm einen majestätischen Ausdruck an. Sie wirkte uralt und unnahbar, wie eine mysteriöse Statue aus einer längst vergessenen Epoche. »Das ist mein Name. Daneben steht der Name meines Vaters, gefolgt vom Namen seiner Mutter. Dann kommt der Name ihres älteren Bruders, dann ihrer beider Vater und ihres Großvaters.«
    »Und das hier?« Ich glitt mit den Fingern über die kurzen Striche.
    »Das sind die Assassinen, die wir erlegt haben«, erklärte Naeemah voller Verachtung. »Wir töten nicht gegen Bezahlung. Das könnte jeder Schakal. Wir jagen die Mörder. Das ist unsere Aufgabe.«
    Ich sah mir den letzten Namen an. Mindestens drei Dutzend Zeichen.
    »Wie alt bist du?«
    »Meine Söhne hatten Kinder, bevor du geboren wurdest. Keine weiteren Fragen. Entscheide dich.«
    Ich ging zur Tür und blickte nach draußen. Die blonde Gestaltwandlerin wartete immer noch an exakt derselben Stelle, an die Curran sie kommandiert hatte.
    »Hast du einen Schlüssel für den Loup-Käfig?«
    »Ja, Partnerin.« Sie zog den Schlüssel aus der Tasche und reichte ihn mir.
    »Danke. Und nenn mich bitte nicht ›Partnerin‹.«
    »Ja, Alpha.«
    Okay …
    Naeemah lachte glucksend in ihrem Käfig.
    Ich seufzte und verschloss die Tür. Dann kehrte ich zu ihr zurück und gab ihr den Speer. »Es kommt einem nicht besonders komisch vor, wenn man persönlich betroffen ist.«
    Naeemah trat zwei Schritte aus dem Käfig und setzte sich auf den Boden.
    Ich tat es ihr gleich. »Ich habe dich rausgelassen, und jetzt wirst du mir ein paar Fragen beantworten. Wer hat dich beauftragt?«
    »Hugh d’Ambray.«
    Das war ja wohl der Hammer!
    Aber auf eine verrückte Art ergab es einen Sinn. Hugh hatte gesehen, wie ich das Schwert zerbrochen hatte. Entweder hatte er aktiv Informationen über mich gesammelt oder geplant, es zu tun. Also hatte er mir einen Bodyguard zugeteilt, damit mir in der Zwischenzeit nichts zustieß. In Anbetracht meiner Geschichte lief er Gefahr, irgendwann vor Roland zu stehen und zu erklären, dass er seine verlorene Tochter wiedergefunden hatte, allerdings kurz bevor sie zu Tode gekommen war, sodass er nicht mehr genug Beweise hatte sammeln können, um ihre Identität zu bestätigen. Roland wäre begeistert!
    Sie hatte Hughs Namen voller Abscheu ausgesprochen. Ich fragte mich, warum. »In welcher Beziehung stehst du zu Hugh?«
    »Vor einigen Jahren, als meine Kinder noch jung waren, tötete er einen Mann, den einer meiner Söhne beschützte, und nahm dann meinen Sohn gefangen. Hugh war bereit, meinen Sohn am Leben zu lassen, wenn ich ihm dafür einen Gefallen seiner Wahl erwies.«
    Also keine innige Liebe. Gut für mich, schlecht für Hugh. »Wo ist Hugh jetzt?«
    Naeemahs Lächeln nahm raubtierhafte Züge an. »Ich weiß es nicht. Ich bin nicht sein Kindermädchen.«
    Ich probierte es mit einem anderen Angriffswinkel. »Wie lauten die exakten Bedingungen deiner Vereinbarung mit Hugh?«
    Wieder gluckste Naeemah. »Er befahl mir, auf dich aufzupassen und dich vor jenen zu schützen, die eine Gefahr für dich darstellen. Ich sollte mich nicht einmischen und mich auch nicht zu erkennen geben, solange dir keine unmittelbare Lebensgefahr droht.«
    Es wurde immer seltsamer. »Für wie lange?«
    »Das hat er nicht spezifiziert.«
    Ich hatte das Gefühl, soeben ein Schlupfloch gefunden zu haben, das groß genug war, um mit einer Kutsche durchfahren zu können. »Ist Hugh von jenen ausgeschlossen, die eine Gefahr für mich darstellen?«
    Naeemahs Lächeln wurde noch breiter. »Das hat er nicht spezifiziert.«
    »Hugh ist nicht so gerissen, wie er denkt.«
    »Das ist wohl wahr.«
    »Was wäre, wenn ich dir sagte, dass Hugh für mich die zweitgrößte Gefahr darstellt, gleich nach Erra?«
    »Ich würde sagen, dass ich das bereits weiß.«
    »Wie?«
    Naeemah

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