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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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all meine Macht in den einen schwachen Laut.
    » Hesaad .« Mein .
    Die Welt hörte auf sich zu drehen, und ich fand meinen Platz darin wieder. Die vier Worte ragten vor mir auf. Ich musste sie aussprechen. Ich ballte meine Macht und sprach die Worte, unterwarf sie mir, zwang sie, mein zu werden.
    » Amehe. Tervan. Senehe. Ud .«
    Der Strom der Macht verebbte. Ich starrte auf das weiße Blatt Papier. Die Worte waren verschwunden, und an ihrer Stelle breitete sich nun ein tiefroter Fleck auf dem Blatt aus. Ich berührte ihn und spürte das Prickeln der Magie. Es war mein Blut. Meine Nase blutete.
    Ich zog einen Verband aus der Tasche (ich hatte immer Verbandszeug dabei), drückte ihn mir unter die Nase und legte den Kopf in den Nacken. Diesen Verband würde ich später verbrennen. Meine Armbanduhr zeigte 12.17 Uhr. Irgendwie waren in diesen wenigen Augenblicken fast anderthalb Stunden vergangen.
    Die vier Wörter der Macht: Gehorche, Töte, Beschütze und Stirb . Wörter, die so ursprünglich, so gefährlich, so mächtig waren, dass sie der Magie selbst geboten. Niemand wusste, wie viele dieser Wörter es gab, woher sie kamen und warum sie so einen gewaltigen Einfluss auf die Magie hatten. Selbst Menschen, die nie selbst die Magie gebraucht hatten, erkannten ihre Bedeutung und unterlagen ihrer Macht, so als gehörten diese Wörter einem uralten Menschheitsgedächtnis an, das wir alle in uns trugen.
    Doch es genügte nicht, sie nur zu kennen; man musste sie auch besitzen. Und wenn es darum ging, diese Wörter zu erwerben, gab es keine zweiten Chancen. Man errang sie entweder oder kam bei dem Versuch ums Leben – was auch erklärte, warum so wenige Magie-Wirkende sie zu führen wussten. Hatte man sie aber erst einmal erworben, so gehörten sie einem für immer. Sie mussten mit äußerster Präzision eingesetzt werden; und ihr Gebrauch erforderte einen solchen Machtaufwand, dass man anschließend fast völlig erschöpft zurückblieb. Sowohl Greg als auch mein Vater hatten mich gewarnt, dass den Wörtern der Macht Widerstand entgegengesetzt werden konnte, doch bisher hatte ich keine Gelegenheit gehabt, sie gegen einen Widersacher einzusetzen, der das tat. Sie waren das letzte Mittel, wenn alles andere versagt hatte.
    Nun besaß ich sechs dieser Wörter. Vier hatte ich von Greg, und zwei weitere hatte mir mein Vater vor langer Zeit beigebracht: Mein und Gib frei . Ich war damals zwölf Jahre alt gewesen, und es hatte mich fast umgebracht, sie mir anzueignen. Diesmal war es viel zu einfach gewesen.
    Vielleicht wuchs die Macht des Blutes mit den Jahren. Ich wünschte, Greg wäre noch am Leben gewesen und hätte mir das alles erklären können.
    Ich sah zu Boden. Die orangefarbenen Linien von Gregs Wehr leuchteten so schwach, dass ich sie kaum noch erkennen konnte. Sie hatten alles absorbiert, was sie absorbieren konnten.
    Die Wörter hallten in meinem Kopf wider. Gregs letztes Geschenk. Wertvoller als alles, was er mir hätte hinterlassen können.
    Da wurde ich mir bewusst, dass ich beobachtet wurde. Ich blickte hoch und sah einen schlanken schwarzen Mann in der Tür stehen. Er hatte mir zugelächelt, als ich drei Stunden zuvor an seinem Büro vorbeigegangen war.
    »Alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte er.
    »Ich bin über ein remanentes Wehr gestolpert«, murmelte ich, das Verbandstuch immer noch unter der Nase. »So was kommt schon mal vor. Alles okay.«
    Er beäugte mich. »Sicher?«
    »Ja.« Ja, ich gebe es zu, ich bin eine unfähige Vollidiotin. Und jetzt verpfeif dich.
    »Ich habe Ihnen Gregs Akte mitgebracht.« Er machte keine Anstalten, den Raum zu betreten. Nicht dumm. Wenn ich in eine Falle getappt war, konnte es ihm ebenso ergehen. »Tut mir leid, dass es ein bisschen gedauert hat. Einer unserer Ritter hatte sie.«
    Ich ging hinüber und nahm die Akte entgegen. »Danke.«
    »Gern.« Er besah mich noch einen Moment lang und ging dann wieder fort.
    Ich suchte in Gregs Schreibtischschubladen nach einem Spiegel. Jeder Magier, der etwas auf sich hielt, hatte stets einen Spiegel zur Hand. Gregs Spiegel war rechteckig und in einen schlichten Holzrahmen gefasst. Als ich mein Spiegelbild erblickte, hätte ich beinahe den Verbandslappen fallen lassen. Mein Haar glühte. Ein burgunderrotes Leuchten ging davon aus, das sich veränderte, wenn ich mit der Hand hindurchfuhr. Ich schüttelte den Kopf, doch das Leuchten ließ nicht nach. Es anzuknurren half auch nicht, und ich hatte keine Ahnung, wie ich es wieder loswerden

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