Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
Möglichkeit, das mit Sicherheit festzustellen, gnädiger Herr, bestünde darin, eine Blutprobe von ihm zu scannen. Blut kann die Magie nicht verbergen, wenn es vom Körper getrennt ist. Zeit ist dabei der entscheidende Faktor. Je frischer das Blut ist, desto besser. Ich schlage vor, wir nehmen einen tragbaren Scanner mit.«
»Wenn er der ist, für den wir ihn halten«, wandte der Alphawolf leise ein, »werden wir gewaltsam vorgehen müssen.«
»Und ich bezweifle stark, dass er freiwillig eine Blutprobe abgeben wird«, sagte Mahon.
»Wir dürfen ihn nicht dazu zwingen«, erwiderte der Alphawolf.
Jemandem unter Zwang eine Blutprobe für einen Scan abzunehmen war verboten. Es war ein strafbarer Eingriff in die Privatsphäre, und die Justiz kannte in dem Punkt keine Gnade. Wenn sich Crest als Mensch erwies, konnte er anschließend einen solchen Stunk machen, dass das Rudel noch jahrelang darunter zu leiden hatte.
»Und dann wüsste er auch, wer ihr alle seid«, bemerkte ich.
Sie ließen es sich durch den Kopf gehen.
»Egal«, sagte Curran schließlich. »Wir klären das jetzt.«
»Kein so schönes Gefühl, hm?«, sagte Jennifer zu mir, als wir dem schwarzen Lieferwagen entstiegen, der uns zu Crests Wohnung gebracht hatte.
»Nein.«
»Das geht vorbei«, sagte sie, doch wir wussten beide, dass das nicht stimmte.
Der Trupp der Gestaltwandler sicherte die Eingangstreppe vor der Lobby. Ein Portier hatte Dienst, ein dünner, rothaariger Mann, der sich erhob, als wir näher kamen. Curran nickte ihm zu, als würden sie sich schon seit Jahren kennen, und der Mann sank wieder auf seinen Sitz.
Wir sechs nahmen die Treppe im Laufschritt, Curran vorneweg, gefolgt von Jim, Jennifer, Doolittle und mir. Tante Bs ältester Sohn bildete die Nachhut. Er hatte eine Flinte dabei.
Dann standen wir vor Crests Wohnungstür. Hinter uns versperrte Tante Bs Sohn die Treppe. Ich fragte mich, ob die Flinte für mich bestimmt war, falls ich es mir doch noch anders überlegen sollte.
Mein Magen krampfte sich zusammen. Es war falsch, das zu tun. Ich hätte alleine kommen sollen. Ich hätte mich nicht von ihnen mitschleppen lassen dürfen. Nie wieder lasse ich mich in so eine Situation bringen .
Curran klopfte an die Tür. Crests Stimme erklang. »Ja?«
Curran sah mich an.
»Ich bin’s, Kate«, sagte ich. »Ich bin nicht allein, und ich muss mit dir sprechen.«
Einen Moment lang herrschte Stille, dann wurde die Tür geöffnet. Crest sah ein klein wenig zerzaust aus. Er sah sich die Gruppe an, die mit steinerner Miene auf seiner Türschwelle stand, und trat dann beiseite. »Kommt rein.«
Und das taten wir. Die Gestaltwandler verteilten sich im Raum, und Crest musste feststellen, dass er umzingelt war. Sie hielten Abstand, immer trennten sie ein paar Meter von dem Menschen in ihrer Mitte. Gerade genug Raum, um Schwung für einen Sprung zu finden, ohne einander in die Quere zu kommen.
»Würdest du mir bitte erklären, was das hier soll?«, sagte Crest. Sein Blick huschte immer wieder zu Curran hinüber.
»Diese Leute sind Gestaltwandler«, sagte ich. »Mehrere Rudelmitglieder von ihnen sind ums Leben gekommen. Ich bin an den Ermittlungen beteiligt, und der Täter hat ein ungutes Interesse an mir entwickelt. Er hat in meinem Vorgarten einen verwesenden Menschenkopf hinterlassen, mit einem Liebesbrief daran.«
Crest blickte ausdruckslos. »Aha«, sagte er. »Und du glaubst, ich wäre derjenige.«
Doolittle trat vor. »Wenn Sie so freundlich wären, freiwillig eine Blutprobe abzugeben, ließe sich die ganze Angelegenheit in Minutenschnelle klären.«
Crest sah zu dem jungen Mann mit der Flinte hinüber. Doch von dem ging hier noch die geringste Gefahr aus. »Und wenn ich das nicht tue?«
»Sie sollten es tun«, erwiderte Curran in nüchternem Ton.
Crest sah mich an. »Kate! Du glaubst, ich bin dieser Killer?«
»Nein. Aber ich muss es mit Sicherheit ausschließen können.«
Der Gefühlswiderstreit war seinem Gesicht anzusehen. Er glaubte, ich hätte ihn verraten. Ich glaubte umgekehrt das Gleiche.
»Du hast gesagt, dass du daran Anteil nehmen willst, was ich tue«, sagte ich. »Jetzt kannst du daran Anteil nehmen. Gib uns bitte eine Blutprobe.« Ich will nicht mit ansehen müssen, wie sie dir wehtun .
Crest biss die Zähne zusammen. Die Gestaltwandler waren angespannt. Crest blickte mir starr ins Gesicht, krempelte die Hemdsärmel hoch und streckte seinen Arm vor. »Dann bringen wir es hinter uns.«
Doolittle band ihm mit
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