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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Außerdem waren es viel zu viele. Komisch, dass mir das zuvor nie aufgefallen war.
    Das schwarze, stachelige, vor Gel starrende Haar war verschwunden, stattdessen fielen ihm lange, schmutziggraue Strähnen auf die Schultern. Seine Haut war blass und glatt, und ich sah viel zu viel davon, denn Bono war nackt bei mir aufgetaucht, bis auf einen Rock oder Kilt oder was auch immer – ein Kleidungsstück jedenfalls, das kläglich bei seiner verhüllenden Rolle versagte.
    Die Welt verschwamm etwas. Ich rieb mir die Stirn. Nun spürte ich den Wein.
    Bono rutschte von dem Geländer herab, auf dem er gehockt hatte. Er bewegte sich mit großer Geschmeidigkeit über meine Veranda, ging nahtlos in den vierfüßigen Gang über und ließ sich dann neben mir auf den Dielen nieder.
    Es war etwas Fremdartiges daran, wie er sich bewegte, wie er saß, wie er roch, wie er mich ansah, mit einem hasserfüllten Blick, etwas so Unmenschliches, dass mein Hirn innehielt, von dieser Unmenschlichkeit abprallte wie von einer Mauer. Ich sah ihn und wollte schreien.
    Doch ich zwang mich, ganz still dort sitzen zu bleiben. Diese ganze Anstrengung verbrannte einiges an Alkohol, und meine Sicht war schon nicht mehr ganz so getrübt.
    In meinem Vorgarten warteten etliche kleinere Wesen ungeduldig, während das größere das Eichhörnchen fraß.
    »Das ist nicht einfach für dich, nicht wahr?«, sagte der Upir leise. »Es ist nicht einfach für dich, so neben mir zu sitzen. Du willst schreien und weglaufen, so schnell du kannst, ohne dich jemals umzusehen, in dem Wissen, dass du mir nicht entkommen kannst. Dennoch willst du weglaufen, weil es angenehmer ist, mit dem Rücken zu mir zu sterben. Weißt du, warum das so ist? Weil dein Körper weiß, dass du Futter bist, etwas, das genutzt, gefressen, fortgeworfen werden kann.«
    Ich hob die Flasche an die Lippen und trank einen kleinen Schluck. »Wie viele Schundromane musstest du lesen, bis du den Spruch beisammen hattest?«
    Er neigte sich, bis er auf der Seite lag, den Kopf auf den angewinkelten Arm gestützt. »Lach nur, Kate. Es ist das letzte Mal, dass du die Gelegenheit dazu hast.«
    Ich zuckte die Achseln. In meinem Vorgarten schlug der Eichhörnchenjäger nach einem kleinen, abscheulichen Monster, das es gewagt hatte, an dem Hörnchenrest in seiner Pranke zu nagen. Das kleinere Wesen schrie auf und erstarrte, sein kurzer, fast durchscheinender Schwanz erbebte, gepackt von einer unsichtbaren Hand. Es stand steif da, die stämmigen Hinterbeine gespreizt. Das Beben wanderte an seinem Rückgrat hinauf, bis es in seinem Nacken angelangt war. Dann drückte die Phantomhand ein letztes Mal fest zu und ließ wieder los. Das Wesen zuckte und brach zusammen. Zitternd kam es schließlich wieder auf die Beine und taumelte davon, leise wimmernd und mit eingezogenem Schwanz.
    »Kinder sind halt manchmal ungezogen«, sagte Bono. »Dann muss man sie bestrafen. Und falls du dich das fragst: Ich kann so etwas auch mit meinen Frauen tun.«
    Er starrte zu dem großen Wesen hinüber, und dann kam es zu uns. »Bringen wir doch die Vorstellungen hinter uns«, sagte der Upir. »Das ist gegenwärtig mein ältester Sohn. Ich nenne ihn Arag. Arag, das ist dein angehendes Abendessen. Angehendes Abendessen, das ist Arag.«
    Arags Menschenaugen, tief in seinem deformierten Schädel steckend, begannen zu tränen.
    »Was, zum Teufe l … ?«
    »Ein Pavian.« Der Upir schüttelte den Kopf. »Stark, grausam, aggressiv. Leider hat er ein bisschen mehr von mir als von seiner Mutter. Er kann sprechen. Sag etwas zu Kate, Arag.«
    Das Monster sah auf seine Hände hinab. Dann trat es unsicher von einem Fuß auf den anderen und gab schließlich ein gedehntes Kreischen von sich, das sich so ähnlich anhörte, wie wenn Fingernägel über eine Schultafel kratzen. »Bluuuuut!«, kreischte das Ungeheuer.
    »Traurig, nicht wahr?«, sagte Bono und lächelte. »Er lebt so dahin, ein jämmerliches Geschöpf, stößt irgendwelche Laute aus, sehnt sich nach irgendetwas – auch wenn er selbst nicht weiß, nach was – und hasst alles und jeden. Ich habe versucht, ihm die Stimmbänder herauszureißen, aber die Scheißdinger wachsen immer wieder nach.«
    »Bluuuuut«, seufzte Arag.
    Der Upir verscheuchte ihn mit einer Handbewegung.
    Arag kehrte auf seinen Posten im Vorgarten zurück. Der Upir seufzte. »Ich überlege, ob ich ihn töte, wenn wir hier fertig sind. Was meinst du?«
    Ich trank einen großen Schluck Wein.
    »Nicht gerade hilfreich«,

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