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Stadt der Fremden

Titel: Stadt der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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anschließend geschah.
    Birnbaum bewegte sich. Hinter ihm schritt Hasser heran. Er ging schnell. Selbst surl  |  tesh-echer schaute immer noch auf Valdik. Keiner der Polizisten sah Hasser herankommen, keiner von ihnen war da, um einzugreifen. Sie waren geschäftige Trottel, die auf die älteste Finte hereinfielen. Ich setzte mich in Bewegung.
    Eine der Augenknospen von surl  |  tesh-echer bekam flüchtig etwas zu sehen, und die ganze Koralle wölbte sich nach hinten und blickte starr. Ich sah Spanischer Tänzer und hörte ihn rufen; sein Präsentflügel bewegte sich in fremdartiger Not. Hasser zielte mit einem bio-fabrizierten Ding. Eine Keramikschale: ein Pistolengriff, der auch ihn gepackt hielt. Er feuerte. Niemand war da, um ihn aufzuhalten.
    Er feuerte, und das Gewehr-Tier öffnete seinen Rachen und heulte. Die Explosion schleuderte surl  |  tesh-echer über die Lügenstätte hinweg und verspritzte schlammfarbenes Gastgeberblut
    surl  |  tesh-echer wurde in der Luft zerfetzt. Hasser hörte nicht auf zu feuern. Die Schüsse rissen surl  |  tesh-echer s Präsentflügel von seinem Körper. Seine Beine krabbelten sterbend davon; sie wirkten so insektenähnlich, dass es schreckenerregend war. Überall strömte surl  |  tesh-echer s Blut hervor.
    Dann wurde Hasser selbst von der Kugel eines Polizisten getroffen, als er gerade außerhalb meiner Sicht war. Als das Geschrei wieder anfing, war ich neben ihm. Ich zitterte. Ich rang nach Luft, als wäre ich außerhalb des Äoli. Hassers Augenlicht war gebrochen. Ich vernahm das Klappern eines Schildes: surl  |  tesh-echer s Körperteile versuchten sich noch nach seinem Tode zu ordnen.
    Spanischer Tänzer zeichnete Formen mit seinen Flügeln nach. Ihre Farben erglühten. Nie zuvor hatte ich ariekenische Trauer gesehen. Ich schaute auf Birnbaum, der auf mich herabblickte. Ich achtete nicht auf den Tumult und all das Wehgeschrei im Raum, sondern betrachtete Birnbaum, CalVin und Scile. Ich erinnere mich, dass ich stöhnte, jedes Mal wenn ich ausatmete. Sie blickten ausdruckslos auf Hassers Körper. Sie mussten mich gesehen haben.
    Und so kam es, dass der virtuoseste Lügner der Ariekei ermordet wurde.
    Die Tage danach verliefen genau in der Weise, wie man es sich vorstellen würde. Chaos, Furcht, Aufregung. Seit Hunderten von Tausenden von Stunden, seit Lebzeiten, war keinem Gastgeber von einem Botschaftsstädter etwas zuleide getan worden. Plötzlich spürten wir, dass wir nur unter stillschweigender Duldung hier lebten. Das Botschaftspersonal verhängte eine Ausgangssperre und verlieh der Polizei und dem Sicherheitspersonal besondere Befugnisse. Im Außen hatte ich Zeit in Städten und Kolonien unter verschiedenen Formen von Diktatur verbracht, und ich wusste, dass die augenblickliche Situation eine kuriose Annäherung an die Lage unter einem Kriegsrecht darstellte. In Botschaftsstadt hatte es so etwas noch nie gegeben.
    Da war so viel Traurigkeit in mir. Doch nur, wenn ich allein war, weinte ich. Es tat mir so leid um Hasser, diesen dummen, heimlichen Fanatiker, und um Valdik, der – wie ich immer noch glaube – niemals wusste, dass er ein Ablenkungsmanöver gewesen war. Seine Loyalität gegenüber Scile war so groß, dass er nach jener Nacht noch auf dem Weg zu seiner Hinrichtung leugnete, dass irgendjemand anders bei seinem Plan die Hand im Spiel gehabt hatte.
    Es tat mir so leid um surl  |  tesh-echer . Ich wusste nie, welche Gefühle angemessen waren bei einem ariekenischen Verlust, und so begnügte ich mich mit der Traurigkeit.
    Einen Tag lang schaltete ich mein Kommunikationsgerät ab und meldete mich nicht, wenn jemand an meine Tür kam. Am zweiten Tag ließ ich mein Kommunikationsgerät immer noch ausgeschaltet, reagierte jedoch, als es an der Tür klopfte. Es war ein Autom mit einer surrenden menschenähnlichen Kontur, den ich niemals zuvor gesehen hatte. Ich blinzelte und fragte mich, wer dieses Ding geschickt hatte, doch dann sah ich sein Gesicht. Die Bildschirmanzeige war primitiver als jede andere, die sie zuvor gezeigt hatte – aber es war wirklich Ehrsul.
    »Avice«, sagte sie, »darf ich hereinkommen?«
    »Ehrsul, warum hast du dich …?« Ich schüttelte den Kopf und trat zurück, damit sie eintreten konnte.
    »Dem normalen Modell fehlen diese hier.« Sie schwang die Arme des Dings wie schwere Seile.
    »Wofür brauchst du sie?«, fragte ich.
    Und Pharotekton möge sie segnen – sie umarmte mich, als ob ich jemanden verloren hätte. Sie

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