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Stadt der Liebe

Stadt der Liebe

Titel: Stadt der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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weggelassen …
    Im Juli war es gewesen. Vor all den Ewigkeiten eines ganzen Jahres. In diesem langen, glücklichen, aufregenden und sonderbaren Jahr hatte Jeanette erfahren, was es heißt, mit einem Poeten, ob berühmt oder nicht, zusammenzuleben.
    Spaß, o ja. Aber auch Ärger. Unendlichen Ärger. Und Entsagung. Und Sorgen ohne Ende. Die Sorgen, die sich die Mutter um das Kind, die Amme um den Säugling macht.
    »Jetzt hör mal, Alain! Wir aus der Bretagne sind zwar die besten Ammen Frankreichs, aber so kann ich …«
    »Ich denke, die kommen aus der Normandie?«
    »Wer kommt aus der Normandie?«
    »Die besten Ammen Frankreichs.«
    »Dann, zum Teufel, such dir dort eine! Eines steht jedenfalls fest: Wenn du so weitermachst, jede Nacht schreibst und tagsüber stehenläßt, was ich dir koche, oder einfach durch die Gegend läufst, rüber in den Wald, runter zum Fluß oder wo immer du so rumtrabst wie ein blinder Esel …«
    »Bin ich nun mal, ein blinder Esel. Das Bild ist sehr treffend.«
    »… rumtrabst«, fuhr sie unerbittlich fort, »ohne zu wissen, wo du bist, ob überhaupt auf der Welt oder irgendwo in den Wolken, dann schließ ich nachts die Kerzen weg und dich am Tag im Haus ein. Ist dir das klar?«
    »Irgendwo in den Wolken«, hatte er nur gemurmelt und sie zärtlich angesehen … Das war es nun mal und vielleicht auch der Ausgleich für all die Mühe, die sie mit ihm hatte: Niemand konnte so zärtlich blicken, so zärtlich sein, kein Mann konnte eine Frau so beglücken wie Alain Chartier, der Dichter.
    Jeanette dachte das auch heute, am Jahrestag ihrer Liebe. Vor einem Jahr hatte er sich in ihrem Garten niedergelassen, dieser sonderbare Vogel. Das wollte gefeiert werden. Dazu hatte sie auch noch frei. Maître Dumont, der Patron, das ›Rüsselschwein‹, wie Chartier ihn wegen seines unheilbaren Drangs, den Arbeiterinnen unter die Röcke zu greifen, nannte, war wieder mal an der Galle erkrankt. Um so besser. Jeanette hatte sich ein Huhn besorgt und eine Flasche Wein. Das Huhn war längst fertig, der Wein kühlte seit Stunden entpfropft im Wassereimer am Brunnen – aber von Alain war weit und breit nichts zu sehen.
    Alain? Liebes-Verrückter, kranker, ewig zerstreuter Alain – wo steckst du?!
    Ja, wo wohl? Weit und breit war von ihm nichts zu sehen …
    Zunächst bestand Jeanette nur aus Sorge. Dann spürte sie den Zorn, und der war wie eine Kröte, die ihr aus dem Magen in die Kehle hochkroch und ihr die Luft nahm.
    Der Teufel soll dich holen, Chartier!
    Nein, das nicht. Aber wieso, warum eigentlich machte sie sich noch Sorgen um diesen hustenden Dichter? Aus Gewohnheit. Wieso denn sonst? Es war doch immer das gleiche … Oder weil sie zu Hause in Saint Laurent sich auch immer Sorgen machen mußte. Weil sie als die Älteste der sieben Gören, die der Stadtschreiber von Saint Laurent in die Welt gesetzt hatte, schon in ihrer Jugend für alles verantwortlich gemacht wurde, was geschah. Für die Streiche, für die Frechheiten, den Hunger, die aufgeschlagenen Knie und die Dummheit der anderen. – Ja, die Dummheit! …
    Wutentbrannt warf Jeanette ein Tuch über das Huhn. Was half das schon? Sie hatte es längst vom Feuer genommen. Es war kalt.
    Sie rannte hinaus in den Garten, rannte durch das kleine Spalier von Rosensträuchern, die schon Tante Marie gepflanzt hatte, der das Haus einst gehört hatte, rannte bis zur Gartenmauer und erstieg den großen Stein, auf dem schon die Tante und nun auch Chartier zu sitzen pflegte, um das Gesicht in der Sonne zu baden.
    Sie wandte den Kopf nach rechts und sah die Straße entlang, die in sanften Schwüngen am Friedhof vorbei hinüber nach Neuilly führte.
    Nichts.
    Nun sah Jeanette über all die Felder auf denen goldgelb der Raps stand.
    Wieder nichts.
    Doch links …?!
    Links führte der Weg ziemlich gerade einen kleinen Hügel hinauf, um dann vom Bois de Boulogne verschluckt zu werden. Und auf der Hügelkuppe erschien ein schwarzer Strich. Ein schwarzer Strich, der sich bewegte.
    Ein Bauer? Nein, das war kein Bauer. Dazu war der Strich viel zu schmal. Und außerdem, er tänzelte. Bauern tänzeln nicht … Jetzt, bei der Heiligen Jungfrau, jetzt sprang der Strich auch noch hin und her.
    Das war Alain! Ein Alain in bester Laune.
    Jeanettes Wut wuchs ins Unermeßliche. Niemals war sie so zornig auf ihren Dichter gewesen wie in dieser Minute.
    Sie sprang von ihrem Stein herab, schürzte den Rock und lief hinüber zur Gartenpforte.
    Und da war er schon, keuchend, aber

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