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Stadt der Lügen

Stadt der Lügen

Titel: Stadt der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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mit einem Flugticket für Newark im Flieger nach Jakarta saß. Artie ging auf ihn zu, um ihn zu begrüßen, und erschauerte plötzlich unter dem kalten Hauch einer eher irrationalen Vorahnung. »Meine Güte, Jack, wo brennt’s denn?«, fragte er. »Wollen Sie sich umbringen?«
    Jack war vor lauter Nervosität völlig außer Atem. In seinem Blick lag etwas Unstetes, als versuche er, Arties Augen auszuweichen.
    Artie war immer stolz darauf gewesen, keiner noch so unangenehmen Situation aus dem Weg zu gehen. Allmählich wurde ihm klar, dass er Jack die Informationen wohl aus der Nase ziehen musste. »Was ist passiert, Jack? Sie sehen beschissen aus. Ist jemand gestorben?«
    Der Arzt schüttelte den Kopf.
    »Ist jemand krank?«
    Dieses Mal machte der Arzt eine Bewegung, die zwischen Nicken und Kopfschütteln lag. Es sah aus, als wollte er seinen steifen Nacken lockern.
    »Lieber Himmel, Jack, nun reden Sie doch endlich. Was ist los?«
    »Ist Molly zu Hause?«
    »Sie hat einen Termin beim Frisör. Ist Molly krank? Gibt es etwas, was ich vielleicht besser wissen sollte?«
    »Nein, Molly ist nicht krank.«
    »Also was zum …? Jack, wenn Sie mir jetzt nicht sofort sagen, was hier los ist, dann …«
    »Es geht um Sie, Artie.«
    »Um mich? Mir fehlt nichts. Mir geht es sogar richtig gut. Wie meinen Sie das – es geht um mich?«
    »Diese Vorsorgeuntersuchung vor ein paar Wochen …«
    »Hat keine Ergebnisse gebracht. Alles war in Ordnung. Was reden Sie da?«
    »Es war nicht alles in Ordnung, Artie. Man hat da etwas gefunden.«
    Artie starrte in die graublauen Augen des Arztes hinauf. Jack blickte ihn jetzt direkt an. Artie spürte, wie kalte Todesfinger aus der lauen Morgenluft wuchsen und nach ihm griffen. »Was haben sie gefunden?«, hörte er jemanden fragen, und stellte fest, dass er es selbst gewesen sein musste.
    »Eine außergewöhnliche Blutbeschaffenheit. Es handelt sich um eine Art Leukämie, allerdings eine sehr seltene. Sie ist nicht heilbar, weder mit Chemotherapie noch irgendwie sonst.«
    »Herr im Himmel.« Artie hauchte die Worte nur. Er sank auf seinen Autositz und lehnte sich an die offene Tür.
    »Artie, hören Sie zu. Es ist nicht so, wie es sich anhört. Die im Labor glauben, dass sie einen Fehler gemacht haben.«
    Artie blickte zu ihm auf und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Natürlich wusste jeder Mensch, dass er eines Tages mit seinem Ende konfrontiert werden würde, aber jedermann hoffte, dass es bis dahin noch lange, lange dauerte. »Wie meinen Sie das, Jack? Sterbe ich, oder sterbe ich nicht? Sie haben eben gesagt, dass es keine Therapie dagegen gibt. Für mich hört sich das eher nach Sterben an.«
    »Sie glauben, dass sie einen Fehler gemacht haben. Inzwischen sind sie der Meinung, dass Sie die Veranlagung vermutlich doch nicht haben. Deshalb bin ich gekommen.«
    »Einen Moment, das müssen Sie mir erklären. Erst sagen Sie mir, dass ich sterben muss und dann doch wieder nicht. Also was zum Teufel …?«
    »Irgendwie ist ein Test, der gar nichts mit Ihnen zu tun hatte, bei der Aufnahme Ihrer Daten in den Computer geraten. Ein simpler Irrtum. Der Anruf kam vor einer halben Stunde, als ich auf dem Weg in die Praxis war. Ich habe versucht, bei Ihnen anzurufen, aber niemand ging ans Telefon. Ich dachte, Sie stünden vielleicht unter der Dusche. Also entschloss ich mich, selbst herzukommen und nachzusehen, ob Sie da sind. Artie, Sie müssen sofort mit mir ins Krankenhaus fahren.«
    »Ins Krankenhaus? Wenn ich doch nicht krank bin, warum sollte ich ins Krankenhaus gehen?«
    »Um ganz sicher zu gehen. Artie, wir wissen zwar jetzt, dass ein Fehler passiert ist, aber wir müssen auf jeden Fall alles noch einmal prüfen. Die Chance, dass Sie die Blutkrankheit haben, liegt bei eins zu zig Trillionen. Es ist so gut wie unmöglich, dass sich nach einer Fehldiagnose herausstellt, dass Sie die Krankheit tatsächlich haben. Trotzdem müssen wir sichergehen. Das verstehen Sie doch, oder?«
    »Schon, aber …« Artie sah auf die Uhr. »Ich treffe mich gleich mit …«
    »Ganz egal, er kann warten. Das hier ist wichtiger, Artie. Kommen Sie, ich fahre.«
    Zehn Minuten später fuhren sie den langen, wie eine Sprungschanze wirkenden Doheny Drive südlich des Sunset Boulevards hinunter. Nachdem sich Arties erste Verwirrung gelegt hatte, begannen allmählich gewisse, unausweichliche Fragen aufzutauchen. »Wusste Molly davon? Wusste sie, dass ich sterben würde?«
    Dr. Leonard rutschte unbehaglich hinter dem Lenkrad

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