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Stadt der Lügen

Stadt der Lügen

Titel: Stadt der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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in die Arme nahm und ihr zuflüsterte, dass alles in Ordnung war.
    Der ziemlich übergewichtige Regisseur hyperventilierte und sah ganz und gar nicht gut aus. Immerhin schaffte er es noch, eine zwanzigminütige Pause zu verkünden, ehe sein Assistent ihm hinaushalf.
    Der unglückliche Zufall wollte es, dass ausgerechnet an diesem Tag der Produzent anwesend war. Er hatte in seinem Büro gesessen und Budgets überprüft, als der Aufruhr losging. Tom wurde vor ihn gezerrt, in einen Sessel gedrückt und aufgefordert, den Vorfall zu erklären.
    Das Pornogeschäft ist recht weit verzweigt und verteilt sich auf viele kleine Gesellschaften und Produktionsfirmen; letztendlich aber wird es von einer sehr übersichtlichen Gruppe kontrolliert – einer Gruppe, die deutlich kleiner ist als die, die das legitime Filmgeschäft kontrolliert. Seit den dreißiger oder vierziger Jahren haben Männer wie Louis B. Mayer, Harry Cohn oder Jack Warner nicht mehr die Macht, aufzustehen und zu sagen »Du wirst in dieser Stadt nie wieder Arbeit finden« und diese Androhung auch durchzusetzen.
    Im Pornogeschäft hingegen existierte diese Macht noch. Als die furchtbaren Worte wie eine Exkommunikation über Toms Kopf hinweg gesprochen wurden, wusste er, dass das sein Ende war. Seine Karriere war vorzeitig und endgültig vorüber.
    Aber noch viel schlimmer klangen die düsteren Warnungen, was mit ihm geschehen würde, falls er es noch ein einziges Mal wagen sollte, Kontakt mit Amanda aufzunehmen. Man malte ihm keine Details der Strafen aus. Das war auch nicht nötig. Tom wusste, dass die Jungs keinen Spaß machten.
    Wie betäubt fuhr er heim. Er war nicht geschlagen worden; das würde später kommen, falls er sich nicht an das Verbot hielt, Amanda zu sehen. Natürlich fürchtete er sich, aber er wusste, dass er es riskieren musste. Genau genommen musste er noch viel mehr riskieren.
    Tom hatte nur noch ein einziges Ziel im Leben: Er wollte Amanda Higgins heiraten. Sollte das nicht klappen, dann war er – wie ihm inzwischen klar geworden war – bereit zu sterben.
    Tom kaufte eine Perücke und einen falschen Schnurrbart und probierte sie zu Hause vor dem Spiegel aus. Er sah aus wie er selbst mit Perücke und falschem Schnurrbart. Er versuchte es mit einer richtigen Brille statt der Kontaktlinsen. Sie wirkte fehl am Platz.
    Es würde nicht so leicht werden, wie ihre Eltern kennen zu lernen. Ihre Eltern wurden nämlich nicht von Profis bewacht. Inzwischen war Tom dreimal tief in den Rücksitz eines Taxis gedrückt an Amandas Apartment vorbeigefahren. Jedes Mal hatte ein mit immer unterschiedlichen Muskelmännern voll gepacktes Auto vor der Tür gestanden. Sie wurde offensichtlich rund um die Uhr bewacht.
    Mit einem anderen Taxi fuhr er an der Rückseite ihres Wohnhauses vorbei. Das Ergebnis war entmutigend. Ein Profi-Einbrecher hätte vielleicht einen Weg über die hohen Mauern und die verschlossenen Tore gefunden, aber ein Amateur wäre verrückt, es auch nur ansatzweise zu versuchen.
    Sie konnten sie natürlich nicht für immer bewachen, sagte er sich, musste den Gedanken aber sofort relativieren. Sie brauchten es auch nicht. Es war ganz klar, dass sie umziehen würde. Vermutlich suchte sie längst nach einer geeigneten Wohnung. Oder jemand anders kümmerte sich darum. Und nach einem Umzug würde er sie in dieser Stadt niemals mehr wiederfinden.
    Eine schnelle Lösung musste her.
     
     
    Sie begutachtete den Ausweis, der unter ihrer Tür durchgeschoben wurde. Dann spähte sie durch den Spion. Draußen stand jemand in der Uniform der Hausverwaltung mit Schirmmütze und Blouson. Das Gesicht konnte sie nicht erkennen, weil die Treppenhausbeleuchtung offenbar ausgefallen war. Sie musste daran denken, den Hausmeister anzurufen. Inzwischen entriegelte sie die Sicherheitskette, um den Mann einzulassen, der wegen eines Lecks in ihrem Geschirrspüler gekommen war. Tom schloss die Tür hinter sich, ehe Amanda erkannte, um wen es sich handelte.
    »Ich muss mit dir reden.«
    Sie zeigte keine Furcht, sondern sah ihm gerade ins Gesicht. Trotz ihrer Überraschung warnte sie: »Die Wohnung wird überwacht. Du kannst dir sicher denken, was gleich passieren wird.«
    »Kein Mensch weiß, dass ich hier bin.«
    Sie trat einen Schritt zurück. Tom registrierte ihr einfaches Baumwollkleid, ihre nackten Füße und ihr lose auf die Schultern hängendes Haar.
    »Keine Angst. Du glaubst doch nicht, dass ich dir etwas antun will, oder?«
    »Dieser Tage bist du ganz schön

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